Österreich

Fall Lucile: Das kaputte Doppelleben des Killers

Schulden, Scheidung, Scheinwelt im Web: Der mutmaßliche Zweifach-Killer (40) gab sich auf Facebook als liebender Familienvater.

Heute Redaktion
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Die Ermittler sind sicher: Der Verdächtige hat die beiden Frauen erschlagen!
Die Ermittler sind sicher: Der Verdächtige hat die beiden Frauen erschlagen!
Bild: Montage "Heute"

1.237 Tage. Drei Jahre und fünf Monate, in denen Fernfahrer Catalin C. (40) seine kleine Tochter drückte. Mit seinen beiden Buben wie ein liebender Familienvater zum Spielplatz ging. In seiner deutschen Heimat Grillpartys für Freunde schmiss. Stets brav bei der Arbeit in einer Speditionsfirma an der deutsch-französischen Grenze erschien. Und eiskalt tötete. Zumindest zwei Mal – dessen sind sich deutsche und österreichische Mordfahnder mittlerweile sicher.

"Er hat die Hände auf den Rücken gelegt"



Nun haben sie ihn, endlich. Luciles Killer sitzt seit vergangenen Freitag nach 1.237 qualvollen Tagen in einem deutschen Gefängnis. Der Verhaftung widersetzte er sich nicht. "Er hat freiwillig die Hände auf den Rücken gelegt", sagte Spediteuer Holger D. am Pfingstmontag zu RTL. Über ein Jahr lang schon war Catalin C. für Holger D. tätig: "Er war hier als sehr beliebter, guter Fahrer. Er hat sich in den 19 Monaten, die er hier gearbeitet hat, definitiv nichts zu Schulden kommen lassen."

Geschieden und pleite

Ein zurückhaltender, höflicher Mensch sei er, so Holger D. immer gewesen. Dass er verhaftet wurde, hätte Catalin C. überrascht und sprachlos gemacht. Vielleicht lebte er selbst in der von ihm konstruierten Traumwelt. Auf Facebook zelebrierte er sein Dasein als treusorgender Vater mit reichlich Bildmaterial.

Die Wahrheit sieht anders aus: Das Konto überzogen, die Ehe in Scherben, Frau und Kinder weg. Sie zogen von ihm fort nach Rumänien, wo er laut lokalen Medienberichten einst ein Geschäft besessen hatte. Nun der Tiefpunkt: Catalin C. sitzt unter Mordverdacht im Knast.

Der Tod der bildhübschen Studentin

Doch was wird dem 40-jährigen Rumänen angelastet? Am 12. Jänner 2013 soll er sich – wie berichtet – am Ufer des Inn im Tiroler Ort Kufstein an der französischen Austauschstudentin Lucile K. (20) vergangen und sie mit dem Eisenrohr eines Wagenhebers erschlagen haben. Der brutale Gewaltexzess an der fleißigen, beliebten, bildhübschen Erasmus-Studentin sorgte für Entsetzen im 19.000-Einwohner-Ort. Für die Ermittler begann eine mühsame Suche nach dem Mörder. Bald war klar, dass es sich um keine Beziehungstat, sondern das verstörende Verbrechen eines kranken Triebtäters handeln muss, der "höchst mobil ist", wie Ermittler stets betonten.

Er schlug wieder zu

Am 6. November 2016 kam die deutsche Joggerin Carolin G. (29), die Catalin C. laut "Bild"-Zeitung in einer Pizzeria kennengelernt hatte – auf ähnliche Weise ums Leben. Die Tiroler Kripo konnte DNA-Fragmente „hochrechnen", rasch war klar, dass es sich um denselben Täter handelte. Unsere Polizei wertete 50.000 Maut-Datensätze aus den Go-Boxen von Lastwagen aus, die am Tat-Wochenende trotz Lkw-Fahrverbots auf Tirols Autobahnen unterwegs waren. Hinweis Nummer 4334 führte schließlich zu Catalin C.

Eine Speichelprobe entlarvte ihn letztlich. Für den Mann, den rumänische Medien als „extrem gefährlichen Psychopathen" sehen, gilt die Unschuldsvermutung.

Pupp: "Früher oder später kriegen wir alle"

"Heute" erreichte am Pfingstmontag auch Walter Pupp, der als Chefermittler im Landeskriminalamt Tirol von Beginn in dem Mordfall nachgeforscht hat: „Wir haben die Eltern des Opfers noch vor der Pressekonferenz telefonisch darüber informiert, dass der mutmaßliche Täter in Haft ist. Der Vater war dankbar über den Anruf und wirkte sehr erleichtert." Und, so Pupp: "Luciles Familie dachte nicht mehr, dass wir den Täter doch noch finden. Aber dank modernster Möglichkeiten kriegen wir sie früher oder später alle. Und Mord verjährt ja nicht."

Entscheid über U-Haft

Noch diese Woche muss ein deutscher Untersuchungsrichter über die Verhängung der U-Haft über den Lkw-Lenker entscheiden – wohl nur ein Formalakt. Laut Walter Pupp ist auch eine Einvernahme des Verdächtigen in Tirol geplant. Und: Der mutmaßliche Zweifach-Killer muss sich zwei Prozessen stellen. Einer wird in Deutschland stattfinden, der andere in Innsbruck. Catalin C. droht eine lebenslange Haftstrafe. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er diese in Rumänien verbüßen wird.