Welt

Falscher Starfotograf lockt Frauen in Falle

Heute Redaktion
Teilen
Picture

Der Berner S. S.* verspricht seinen Opfern viel Geld für Aktfotos. Sind sie erst einmal in seiner Wohnung, zeigt er seine wahren Absichten. Nun wurde er erneut bestraft.

Die Masche von S. S.* ist immer die gleiche: Der 52-jährige Berner gibt sich als professioneller Fotograf von "Penthouse" oder "Playboy" aus, verspricht schönen Frauen ein hohes Honorar für freizügige Fotos und lockt sie so in seine Wohnung – und in die Falle.

Während des folgenden Fotoshootings begrapscht er die Frauen und vergreift sich auch mal an ihnen. Das Honorar bleibt er ihnen schuldig. "Ich habe nie einen Rappen gesehen. Aber das ist sekundär. Was mich wirklich interessiert, ist, was mit meinen Aktfotos ist", sagt M. S.*

Die Schweizerin ist eines von vielen Opfern von S. S. Sie ging ihm im vergangenen Mai auf den Leim. Er habe sie auf Facebook kontaktiert und für ein Shooting angefragt. Dieses habe auch stattgefunden, so die 24-Jährige: "Danach bot er mir an, Fotos von mir für den 'Playboy' zu machen. Von 12.000 Franken (knapp 10.000 Euro) war die Rede." Obschon M. S. skeptisch war, gelang es dem Berner, die Frau für das Shooting in seine Wohnung zu locken: "Er fasste mir in den Intimbereich. Ich setzte mich verbal zur Wehr", so das Hobbymodel. S. S. habe das akzeptiert, "das Shooting war damit aber beendet".

"Vertrauenswürdig und nett"

Der 52-Jährige sorgt mit seiner Masche seit Jahren für Schlagzeilen. 2002 verurteilte das Kreisgericht Bern-Laupen den "Sexfotografen" wegen Betrugs, sexueller Belästigung und sexueller Nötigung zu 20 Monaten Gefängnis.

Über 30 Frauen sollen ihm damals zum Opfer gefallen sein – auch eine Minderjährige, wie die "Berner Zeitung" schrieb. Die Strafe wurde zugunsten einer stationären Psychotherapie aufgeschoben. Bis 2005 stand er mindestens zwei weitere Male vor Gericht. Und jetzt schlug der gelernte Koch erneut zu.

"Er ist keinesfalls dumm und wirkt vertrauenswürdig und nett", so M. S. Immer wenn sie Zweifel an ihm oder seinem Angebot gehabt habe, habe er passende Antworten oder Ausreden bereitgehabt. Am Anfang klinge alles sehr professionell. Er verspreche ein großes Fotoshooting mit Stylisten, Visagisten, Schmuckvertretern und vieles mehr. "Dann kommen die Ausflüchte, und am Schluss ist es ein Fotoshooting zu zweit in seiner Wohnung – wegen des 'Homestory-Feelings'". Den Vertrag habe sie einen Tag vor dem Termin erhalten.

Anklageschrift auf Instagram

Weil dieser geschickt formuliert sei, könne sie ihn nicht zur Nachzahlung des versprochenen Honorars zwingen, sagt M. S. Sie sei jedoch froh, dass sie Anzeige erstattet habe: "Als S. S. mitbekam, dass ich gerichtlich gegen ihn vorgehen würde, drohte er mir." Seither habe sie nichts mehr von ihm gehört. Sie habe auch keine Angst vor ihm: "Er ist ein Betrüger und hat ein sexuelles Problem. Aber er ist kein Monster, dass ernsthaften Schaden anrichten kann."

Um vor S. S. Machenschaften zu warnen, hat eines seiner Opfer den Strafbefehl vom Jänner über Facebook und Instagram verbreitet. Darin sind Opferaussagen sowie Strafausmaß aufgeführt: Eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 60 Franken sowie Bußen und Gebühren von 2.300 Franken. Weiter muss der Berner die Verfahrenskosten tragen. Der Schuldspruch erstaunt Opfer und Bekannte von S. S. "Wenn ihn 20 Monate nicht aufgehalten haben, dann werden es einige Tausend Franken auch nicht tun", sagt Opfer M. S. Das Strafmaß sei viel zu tief und für sie unverständlich. "Er wird ewig so weiterfahren."

Wie 60 Tage Freiheitsstrafe

Eine Erklärung liefert die Generalstaatsanwaltschaft Kanton Bern. Der Informationsbeauftragte Christof Scheurer sagt: "Strafen, wie hier die Gefängnisstrafe von 20 Monaten, die sehr lange Zeit zurückliegen, dürfen laut bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei der Strafzumessung nicht mehr berücksichtigt werden." Sie seien gewissermaßen als inexistent zu betrachten.

Im Übrigen gelte es zu beachten, dass gegen S. S. auch eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 60 Franken verhängt wurde. Bei Geldstrafen werde die Anzahl der Tagessätze nach dem Verschulden und die Tagessatzhöhe nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der beschuldigten Person bemessen. Scheurer: "Insgesamt entspricht die hier zur Debatte stehende Sanktion verschuldensmäßig einer Freiheitsstrafe von 60 Tagen."

*Namen der Redaktion bekannt

(cho/20 Minuten)