Österreich

"Eigentlich tot": Sechs OPs nach zwei Messerstichen

Nachdem Marko M. (Name geändert) auf einem Parkplatz in Liesing niedergestochen wurde, kämpfte ein Ärzteteam wochenlang um sein Überleben.

Heute Redaktion
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Es war eine Lappalie, die Marko M. (21, Name geändert) am 17. November an einem Parkplatz an der Perfektastraße fast das Leben kostete („Heute" berichtete): Wie Zeugen schilderten, sollen sich zwei Männer durch die Blicke von M. und seinem Cousin provoziert gefühlt haben. "Es hat keine vier Minuten gedauert", erzählt M.s Mutter, dann stach einer zwei Mal auf den 21-Jährigen ein. Marko selbst kann sich an nichts mehr erinnern. Wenige Sekunden nach der Tat brach er zusammen, schon mit einem Fuß im Jenseits.

"Eigentlich schon tot"

Für die Ärzte des Wilhelminenspitals (Wien-Ottakring) begann ein Wettlauf gegen die Zeit. Oberarzt Franz Berger am kann sich gut erinnern: "Er war fast völlig ausgeblutet. Wir haben allein in den ersten 24 Stunden 30 Blutkonserven – das sind ca. 7,5 Liter – gebraucht." Dies war aber nur der Auftakt für den Kampf um das Leben des 21-Jährigen. Mitglieder von Bergers Team wurden beim Beschreiben des Zustands, als der Patient eingeliefert wurde, noch etwas konkreter und ergänzen: "Er war tot eigentlich." Alle nicken.

Nach den ersten zwei Not-Eingriffen musste M. aufgrund der komplizierten Verletzungen in den folgenden Wochen mindestens weitere vier Mal auf den OP-Tisch. Der erste Stich hätte ausgereicht, um den jungen Mann umzubringen. Die Klinge durchbohrte Milz und Niere. Berger wies darauf hin, dass beide Organe "sehr gut durchblutet" sind. Weiters wurden Bauchspeicheldrüse und das Zwerchfell aufgeschlitzt. Jede Operation war ein erneutes Verhindern des denkbar Schlimmsten, bemerkt Dr. Karl Glaser – ein Kollege aus dem Team: "Er war tagelang an der Kippe zum Sterben."

Auch davon hat Marko M. nichts bekommen, er lag wochenlang im künstlichen Koma. Dass er überlebte, war kein medizinisches Wunder, aber eine Meisterleistung der Ärzte. Die Komplexität der Verletzungen erforderte einen reibungslosen Ablauf zwischen den Mitarbeitern unterschiedlichster Abteilungen – vom Notarzt über die Unfall- und Allgemeinchirurgie bis zur Anästhesie. Oberarzt Berger war voll des Lobes: "Ein Zahnrad hat ins andere gegriffen."

Neues Leben

Erst nach ca. sieben Wochen konnte der 21-Jährige von der Intensivstation auf die normale Station verlegt werden. Seit 15. Jänner macht er nun Physiotherapie, arbeitet daran, seinen geschwächten Körper wieder zu kräftigen. Als Koma-Patient reduzierte sich seine Muskelmasse massiv. "Ich glaube, das wird noch ein Jahr dauern. Meine Ausbildung als Tiefbauer werde ich aber nicht mehr beenden können. Vielleicht werd' ich jetzt Pfleger. Die Connections hab ich schon", scherzt der Patient, der, um es milde auszudrücken, eine intensive Zeit im Krankenhaus verbracht hat. Das Team reagierte auf die spontane Idee mit Begeisterung und bestand darauf, dass er seine Ausbildung im Wilhelminenspital beginnt.