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"Kommerzieller Erfolg als Antrieb reicht mir nicht"

Mit "Love On Myself" erscheint endlich die neue Single des deutschen Star-DJs Felix Jaehn. Wir haben mit ihr geplaudert.

Heute Redaktion
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Am vergangenen Wochenende heizte der 24-jährige Norddeutsche mit seinen Songs auf der Hitradio Ö3-Bühne dem Donauinselfest so richtig ein. Kurz vor seinem Auftritt hat sich Felix Jaehn die Zeit genommen, mit "Heute" über seinen neuen Song "Love On Myself", seine unmittelbaren musikalischen Pläne und sein Outing mit all den Konsequenzen für Beruf und Privatleben zu plaudern.

Heute: Am 28. Juni erscheint dein neuer Song "Love On Myself".

Felix Jaehn: "Love On Myself" ist die erste Single von meiner neuen Phase. Ich hab ja 2018 mein Debütalbum rausgebracht, hatte jetzt in der Zwischenzeit ein paar Kollaborationen. Dann haben wir mit dem Club-Track "Love Is In The Air" ein bisschen angeteast, der thematisch die Welt aufgemacht hat. Jetzt werden wir auf jeden Fall man Single für Single releasen. (Ein Album oder eine EP stehen ebenfalls zur Debatte, da wird aber noch mit der Plattenfirma verhandelt, Anm.)Was die Songs jetzt alle gemeinsam haben, ist, dass ich mittlerweile alle Texte mitschreibe und das alle Texte auch über mich gehen, meine Geschichte, meine Emotionen, meine Gedanken. Und es ist quasi ein Konzeptalbum geworden, wo alle Songs ineinander greifen. Mir ist total wichtig gewesen, nach dem ersten Album bin ich ein bisschen auf die Sinnfrage gestossen, hab mir überlegt, Okay, was mach ich eigentlich, was möchte ich machen und wofür möchte ich stehen? Und da war mir relativ schnell klar, dass nur kommerzieller Erfolg alleine mir als Antrieb nicht mehr reicht. Weil ich alles erreicht habe, was man auf dem Papier erreichen kann. Ich möchte mehr und da kam ich auf diesen Punkt, dass ich die inhaltliche Tiefe reingeben möchte. Und damit meine Reichweite und Strahlkraft nutzt, um mit meinen Themen und meiner Geschichte auch viele andere Menschen inspirieren und helfen kann.

Heute: Bevor wir auf den Inhalt eingehen, kurz zur Musik. Was kann man von "Love On Myself" erwarten?

Felix Jaehn: Es ist eine dancige Nummer auf jeden Fall, im Vergleich zu "Cool" oder "Like A Riddle" ist es jetzt wieder schneller geworden. Wir haben wieder House-Beats am Start und ein paar Parts, die ein bisschen an frühe Produktionen erinnern. Viele werden sagen, da ist er wieder der alte Felix. Es ist natürlich trotzdem eine Weiterentwicklung.

Heute: Inhaltlich geht es in "Love On Myself" um Sexualität. Du hast dich 2018 als bisexuell geoutet, mit Calum Scott singt auf dem Track ein offen homosexueller Künstler. War das so die Intention?

Felix Jaehn: Auf jeden Fall. Das übergeordnete Thema ist ja die Selbstliebe, das ist ganz allgemein verfasst. Es gib Selbstliebe ja auf vielen verschiedenen Ebenen und jeder hat da so seine eigenen Themen. Es geht darum, dass man nicht außen nach Akzeptanz und Bestätigung sucht, sondern nach Innen schaut. Eine ganz wichtige Zeile in der ersten Strophe lautet: "When I should have looked in, I guess I was looking in all the wrong places". Das ist die Key Message des Songs. Bei mir persönlich ist das Thema Sexualität eines der Hauptthemen gewesen, die mich eingeschränkt haben in meiner Jugend und auch als ich dann bekanntgeworden bin, als das die Öffentlichkeit noch nicht wusste. Ich hab angefangen, mich zu verstellen. Das ging so weit, dass ich auf der Bühne, wenn ich mich bewegt habe, hab ich Moves rausgenommen oder umchoreografiert, weil ich das Gefühl hatte, dass sie zu feminin wirken könnten. Ein Thema, das auf den ersten Blick banal erschein, hat mein Handeln so vielschichtig beeinflusst. Ich habe gelernt, dass er total wichtig ist, sich erstmal mit sich selber auseinander zu setzen, die Sicherheit zu finden und dann nach Außen zu gehen und sein authentisches Ich total unverstellt nach Außen zu kehren. Das ist eine ganz ganz wichtige Message. Deshalb war mir bei der Feature-Suche auch ein Kriterium besonders wichtig - es soll ein LGBT-Artist sein. Da bin ich sehr froh, dass wir mit Calum Scott jemanden gefunden haben, der unglaublich toll ist, der auch selbst das in seinen vorherigen Singles schon thematisiert hat, der eine fantastische Stimme hat.

Heute: Was hat sich in deinem Leben seit deinem Outing geändert?

Felix Jaehn: Ich bin einfach viel entspannter geworden. Früher ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht daran gedacht habe und an dem ich nicht gegrübelt habe. Bei mir war tatsächlich das Hauptproblem, dass ich keine klare Präferenz habe und ich mich deswegen schlussendlich als Bisexuell geoutet hab. Ich hab immer darauf gewartet, dass eines Tages die Antwort vom Himmel fällt und ich dann weiß - Okay, ich steh nur auf Jungs oder ich steh nur auf Mädels. Das war aber nie der Fall. Vielleicht muss ich einfach das akzeptieren, obwohl man dann irgendwie in gar keine Schublade mehr passt. Aber es ist genau dieses Schubladendenken, das uns in unserer Gesellschaft teilweise gar nicht guttut, weil jeder Mensch natürlich total individuell und facettenreich ist. Wenn wir versuchen, uns alle in irgendwelche Schubladen zu stecken, schränken wir uns alle ein. Deswegen hab ich irgendwann den Entschluss gefasst, wenn ich weiter glücklich sein will, wenn ich weiter in der Öffentlichkeit stehen will und mich dabei wohlfühlen möchte, muss ich einfach zu 100 Prozent authentisch sein und darf keine Geheimnisse haben.

Heute: Hat das Outing auch berufliche Konsequenzen mit sich gebracht?

Felix Jaehn: Inhaltlich jetzt ganz klar durch die Single auf jeden Fall. So ein Song "Love On Myself" wäre vorher undenkbar gewesen. Die Selbstsicherheit zu haben, diese Lyrics zu schreiben und den Song rauszubringen. Ich bin viel sicherer und entspannter geworden, das beeinflusst natürlich auch mein künstlerisches Schaffen.