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"Fire Emblem Engage" im Test – so schön war Taktik nie

Rollenspieler können sich vor großartigen Games gerade nicht retten. Nun kommt mit "Fire Emblem Engage" ein weiterer Superhit auf die Nintendo Switch.

Rene Findenig
Ohne Frage eines der schönsten Strategie-Rollenspiele und Switch-Games überhaupt: "Fire Emblem Engage".
Ohne Frage eines der schönsten Strategie-Rollenspiele und Switch-Games überhaupt: "Fire Emblem Engage".
Nintendo

Mit den Remaster-Versionen "Persona 3 Portable" und "Persona 4 Golden" dürfen sich Besitzer neuer Konsolen-Generationen ab sofort endlich auch über die vielleicht besten JRPGs überhaupt freuen. Und nun kommt auch noch ein weiterer, echter Rollenspiel-Taktik-Hit auf die Nintendo Switch. "Fire Emblem Engage" entspringt einer ebenso legendären Spiele-Reihe wie die "Persona"-Games, und liefert mit dem neuen auch gleich den bisher besten Titel der Serie ab. Warum? Weil uns alte ebenso wie neue Heldinnen und Helden begegnen und das Gameplay den Wurzeln treu bleibt, aber auch viel Neues wagt.

Der Auftakt zu "Fire Emblem Engage" erinnert etwas an "The Legend of Zelda: Breath of the Wild". Am Kontinent Elyos erwacht, so ist es Tradition, erneut der Wyrmgott Alear (wahlweise auch in weiblicher Form) aus dem tausendjährigen Schlaf und soll die zwölf Emblem-Ringe finden, um mit der Macht der legendären Helden – Embleme genannt – den Frieden zu sichern. Das Problem: Nicht nur hat unser Wyrmgott oder unsere Wyrmgöttin alle Erinnerungen verloren, auch erwacht gemeinsam mit uns der Dämonendrache und ewige Gegenspieler Sombron – und hetzt uns seine Schergen an den Hals.

Bekannte Story-Kost, aber hübscher denn je

Das Ziel des Spiels ist denkbar einfach: Die Bürger und Herrscher des Kontinents vereinen, die Schlachten gegen Sombrons Truppen gewinnen, das Schicksal der gesamten Welt bestimmen. Viele Völker des Kontinents schließen sich unserer Mission dabei recht schnell an, bei anderen braucht es allerdings entweder gutes Zureden oder einige Gefallen, bis sie wieder begreifen, dass wir ja eigentlich ihr Gott oder ihre Göttin sind und sie uns beistehen sollten. Weit stärker als bisherige Teile setzt "Fire Emblem Engage" auf sehr ausführliche und bildhübsche Anime-Videosequenzen, ein atemberaubendes Erlebnis.

    Der Auftakt zu "Fire Emblem Engage" erinnert etwas an "The Legend of Zelda: Breath of the Wild". Am Kontinent Elyos erwacht, so ist es Tradition, erneut der Wyrmgott ...
    Der Auftakt zu "Fire Emblem Engage" erinnert etwas an "The Legend of Zelda: Breath of the Wild". Am Kontinent Elyos erwacht, so ist es Tradition, erneut der Wyrmgott ...
    Nintendo

    Ansonsten bekommt man gewohnt gute Erzählkost serviert, die bei der Sprachausgabe die Wahl zwischen japanischer oder englischer Sprachausgabe bietet – Untertitel gibt es auch auf Deutsch. Und auch beim Gameplay ist auf den ersten Blick alles so, wie man es von einem "Fire Emblem"-Teil kennt und liebt. Kurzweilige Tutorials führen uns an die komplexen Kampf-Mechaniken auf den Kachel-Kriegsgebieten heran, bevor wir die volle Kontrolle bekommen und in rundenbasierten Schlachten gegen die teils knackig harten Feinde antreten dürfen. Neu ist aber, dass der Kampf sogar noch komplexer wird.

    Kämpfe werden komplexer und faszinierender

    So bleibt es dabei, dass gewisse Einheiten anhand von Stärke, Bewaffnung, Gesundheit und Trefferwahrscheinlichkeit anderen Einheiten im Kampf über- oder unterlegen sind, noch stärker kommen nun aber Klassen, Waffen und Abwehrreaktionen zum Zug. So gibt es neben den klassischen Waffenarten wie Schwertern und Äxten jetzt auch Magie, Klingen und Bögen, die sich jeweils noch in Unterarten verzweigen und neue Vorteile wie Schnelligkeit und Reichweite ins Spiel bringen. Entsprechend gibt es auch viele neue Klassen für die Team-Zusammenstellung, die diese Waffen nutzen.

    Außerdem dürfen Spieler mehr denn je auf taktische Manöver am Kampf-Feld setzen und auch gerne mal den Rückzug antreten, um sich neu zu formieren – oder die Feinde durch geschickt gesetzte Barrikaden in eine Falle laufen lassen. Komplexer wurde übrigens auch das Spielfeld selbst, das nun Berge, Wälder und Strände sowie Wasserareale bietet. Allein auf weiter Flur an einem Strand einer kleinen Insel? Dann ist man leichte Beute für Flugeinheiten. Hat man dagegen eine kleine, aber schlagkräftige Einheit in einem Wald versteckt, schützen die Bäume vor Angriffen und ermöglichen Hinterhalte.

    Knackig für Profis, aber kein Problem für Neulinge

    Das Highlight des Kampfes – und gleichzeitig das Schlüssel-Feature, dass den Schlachtverlauf komplett drehen kann – ist der nun direkte Einsatz der anfangs erwähnten Emblem-Krieger. Alear kann diese im Spielverlauf seiner Truppe hinzufügen, wobei einige ganz neu in der Serie sind, andere wie Byleth, Corrin und Marth den "Fire Emblem"-Fans aber bestens bekannt sein sollten. Jeder der Embleme hat eigene Waffen und Fähigkeiten, die entsprechenden Ringe dürfen wir unseren Helden selbst zuweisen. Und die Mächte haben es in sich, aber auch ihren Energie-Preis – ihr Einsatz will also durchdacht werden.

    So komplex die Mechaniken auch sind, als Anfänger muss man keine Sorgen haben, nicht ins Spiel zu finden. Dafür sorgen eine Reihe von Möglichkeiten wie ein anpassbarer Schwierigkeitsgrad und ein eigener Anfänger-Modus, der gefallene Figuren nach dem Kampf wiederbelebt, während sie im klassischen Spielmodus für immer verloren sind, wenn sie besiegt wurden. Oder aber man verschafft sich eine zweite Chance und dreht mit einem Item namens Drachenkristall die Zeit zurück. Wer es schließlich ganz entspannt angehen und sich zurücklehnen will, kann sogar einen automatischen Kampfmodus aktivieren.

    Auch an bereits bereisten Orten warten Überraschungen

    Neulinge wie Profis können sich ihr "Fire Emblem Engage"-Spielerlebnis mehr denn je so personalisieren, wie es ihnen beliebt. Individueller wird auch der Umgang mit der Spielwelt selbst, denn hat man erfolgreich eine Schlacht in den Gefilden bestritten, darf man das entsprechende Gebiet auch frei in 3D frei erkunden und dabei das eine oder andere Sammelitem einsacken. Dazu zählen auch Tiere für die eigenen Lande und – viel wichtiger – Upgrade-Möglichkeiten für die Emblem-Kräfte. Ebenso spannend: Bereist man bereits absolvierte Gebiete wieder, trifft man dort auf neue und nicht bekannte Feinde.

    Warum man überhaupt an bereits absolvierte Schauplätze zurückkehren sollte? Weil man dank vieler Nebenquests oder überraschender Wendungen auch an ganz neuen Orten landen, neue Figuren treffen und rekrutieren sowie die Beziehungen zwischen den bereits erweckten Helden verbessern kann. So vielfältig wie die gesamte Spielwelt zeigt sich übrigens auch deren Mittelpunkt, der uns als übersichtlicher Hub dient. Dort dürfen wir nach Herzenslust Truppen zusammenstellen, unser Arsenal mit erbeuteten Materialien verstärken oder uns mit Items und Materialien für die anstehende Schlacht eindecken. 

    Die Möglichkeiten im Spiel scheinen fast grenzenlos

    Eine besondere neue Funktion stellt dabei eine Kammer dar, in der auf verschiedenste Weisen die Beziehungen der E,bleme mit unserem Wyrmgott verbessert werden können. Dies zeigt sich als wahrer Quell der Experimentierfreude, denn durch die gebotenen Möglichkeiten lassen sich zahlreiche besondere Effekte freischalten, die dann wiederum auf das gesamte Kampf-Team wirken. Zugegeben, anfangs kann diese vollkommen neue Spielfunktion überwältigend wirken, mit etwas Geduld arbeitet man sich aber schnell in das System ein. Das Spiel ist zudem jederzeit bemüht, neue Funktionen simpel vorzustellen.

    Weiters vertreten sind auch die typischen "Fire Emblem"-Gadgets, die vor allem die jüngsten Teile geprägt haben und die spielerischen Möglichkeiten in die Hunderten Stunden heben: Minispiele, ausufernde Dialoge, Freizeitaktivitäten wie gemeinsames Kochen der Helden, sogar kleine Geschicklichkeitspassagen gibt es. Beeindruckend ist dabei, dass das Game trotz seiner gigantischen Möglichkeiten und seines schier endlos wirkenden Umfangs zu jeder Zeit übersichtlich bleibt und euch zudem meist die Wahl lässt, das Nebenmissions- und Minigame-Angebot anzunehmen oder einfach sein zu lassen.

    "Fire Emblem Engage" im Test – so schön war Taktik nie

    Und natürlich wird nicht nur für Einzelspieler, sondern auch Multiplayer etwas geboten. Zwei Modi stehen bereit, in denen man entweder gegen andere Spieler im Rahmen von Dimensionsprüfungen mit dem eigenen Team antreten – oder in den Staffelprüfungen gemeinsam mit anderen Spielern gegen einen übermächtigen Feind ins Feld rücken darf. Wobei wir beim Highlight des Games angelangt sind, die Technik. Die Musik ist sowieso einmal mehr Sonderklasse, beeindruckend wird es aber bei der wunderschönen Grafik, die flüssig und mit tollen Details präsentiert wird. Da erblassen viele Animes vor Neid.

    Das Urteil "so schön war Taktik nie" hat das Game mehr als verdient. Hinter der hübschen Aufmachung versteckt sich aber ein Rollenspiel-Strategie-Gigant, dessen Komplexität und Möglichkeiten kaum Einschränkungen kennen und die bei allem Umfang dennoch sehr übersichtlich und anfängerfreundlich bleiben. Das Gesamtpaket ist hervorragend gelungen und macht "Fire Emblem Engage" nicht nur zum neuen, besten Teil der legendären Reihe, sondern auch gleich zum Auftakt des Jahres zu einem Game-Hit, bei dem sich kommende Rollen- und Strategiespiele ganz warm werden anziehen müssen. 

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