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Flugzeug mit IS-Angehörigen musste in Wien notlanden

Bei einer Geheimoperation sind Frauen aus Deutschland und Finnland zusammen mit ihren Kindern aus syrischen Lagern in ihre Heimat geflogen worden. 

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Eine IS-Angehörige wurde in Frankfurt festgenommen. Das Flugzeug musste in Wien notlanden.
Eine IS-Angehörige wurde in Frankfurt festgenommen. Das Flugzeug musste in Wien notlanden.
Rene Priebe / dpa / picturedesk.com

In einer Geheimaktion zwischen Deutschland und Finnland sind am Wochenende 23 Frauen und Kinder aus den Lagern al-Roj und al-Hol in Nordsyrien zurückgeholt worden: drei Deutsche und ihre fünf Kinder sowie sieben Waisenkinder und zwei Finninnen und sechs Kinder zwischen Teenager- und Kleinkind-Alter.

Die deutschen Frauen seien alle drei Ehefrauen von IS-Kämpfern. Grund für die Aktion sei ihr "sehr schlechter Gesundheitszustand" gewesen, so ein Sprecher der syrisch-kurdischen Behörden.

Notlandung in Wien

Für die Rückholaktion war eigens eine Maschine mit Polizisten gechartert worden, die zunächst Frankfurt am Main und dann Helsinki anfliegen sollte. Spiegel.de zufolge musste das Flugzeug dann aber in Wien notlanden, da eines der Kinder starke Krämpfe hatte. Es blieb mit Mitarbeitern des deutschen Auswärtigen Amtes in Wien.

Nach der Landung in Deutschland klickten bei Leonora M. aus Sangerhausen in Sachsen-Anhalt sofort die Handschellen. Auf die 21-Jährige läuft ein Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland sowie wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

M. war mit 15 Jahren nach Syrien gereist, um dort Drittfrau von Martin Lemke zu werden, einem Schweisser aus Sachsen-Anhalt und späterem Mitglied des brutalen IS-Geheimdienstes Amniyat. Der Islamist, er sitzt in kurdischer Haft, hatte eine Jesidin gekauft und wollte sie gewinnbringend verkaufen. M. soll ihm bei diesen und anderen Aktivitäten unterstützt haben, so der Vorwurf der Bundesstaatsanwaltschaft.

Außenminister spricht von "Kraftakt"

Auch gegen die anderen beiden zurückgeholten deutschen Frauen laufen Ermittlungsverfahren wegen Terrorverdachts. Sie bleiben Spiegel.de zufolge vorerst auf freiem Fuß, werden sich nach Abschluss der Ermittlungen aber vor Gericht verantworten müssen. Laut "Bild"-Zeitung handelt es sich dabei um Merve A. aus Hamburg sowie um Yasmin A. aus Bonn.

Es ist das erste Mal, dass die beiden Länder selbst aktiv wurden und erwachsene Jihadreisende zurückführten. Die Entscheidung sei allein aus humanitären Gründen gefallen, teilte das deutsche Auswärtige Amt mit. Außenminister Heiko Maas sprach von einem "Kraftakt, dem Monate intensiver Vorbereitungen und Abstimmungen" vorausgegangen seien. Maas dankte den "Ansprechpartnern" vor Ort, ohne die Zusammenarbeit mit den kurdischen Behörden zu erwähnen. Deutschland arbeitet in der Regel offiziell nicht mit den kurdischen Regionalbehörden zusammen, um die Türkei nicht zu verärgern.

Das finnische Aussenministerium begründete die Aktion damit, dass die finnischen Behörden "verfassungsrechtlich verpflichtet sind, die Grundrechte finnischer Kinder, die in Lagern gehalten werden, wenn möglich zu schützen". Die Grundrechte der in den nordsyrischen Lagern gehaltenen Kinder können nur durch die Rückführung nach Finnland gewahrt werden. Komme dazu: Je länger diese Kindern in den Lagern lebten, desto stärker radikalisierten sie sich.

Neben humanitären Gründen sprechen gemäß Experten auch Sicherheitsaspekte für eine Rückkehr: Immer wieder kommt es unter den inhaftierten europäischen Syrienreisenden zu erfolgreichen Fluchtversuchen. Es wird befürchtet, dass diese höchst radikalisiert und unbemerkt in ihre Heimatländer zurückkehren und zum Sicherheitsrisiko werden. Aber auch die Möglichkeit, ausländische Jihadisten vor ein internationales Gericht in Nordsyrien zu stellen, birgt Tücken: Es besteht die Gefahr, dass solche Kämpfer im Zuge aktueller Angriffe durch protürkische Jihadisten auf die kurdisch kontrollierten Gebiete befreit werden könnten, schreibt die finnische Tageszeitung "Helsingin Sanomat".

"Sie werden wahrscheinlich terroristische Aktivitäten fortsetzen"

Die Frauen werden bei ihrer Rückkehr nach Finnland "wahrscheinlich terroristische Aktivitäten fortsetzen, sich miteinander vernetzen und sich wieder in einheimische jihadistische Netzwerke integrieren", befürchtet die für den Staatsschutz zuständige Sicherheitspolizei Suojelupoliisi (Supo). Aus diesem Grund werden die dieses Wochenende zurückgeführten Frauen fortan überwacht.

Laut dem "Helsinging Sanomat" sind seit 2014 rund 80 Personen von Finnland nach Syrien und in den Irak gereist, rund die Hälfte davon eigene Staatsbürger. "Die Rückkehr von Frauen mit IS-Verbindungen bleibt ein wichtiges politisches Thema", so die Zeitung weiter.

Das zeichnet sich auch in Deutschland ab. Laut einem Bericht des "Tagesspiegel" verhandelt das Auswärtige Amt derzeit mit der kurdischen Autonomieverwaltung über die Rückkehr weiterer deutscher Frauen. Dabei gehe es um eine zweistellige Zahl von IS-Mitgliedern.

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