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Forscher: Baby-Elefant als Abstand reicht nicht aus

Der Corona-Ausbruch in dem deutschen Schlachthof mit über 1.300 Infizierten wurde von einem einzelnen Arbeiter ausgelöst. 

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Der Baby-Elefant wurde das Markenzeichen des  Halten des Abstands.
Der Baby-Elefant wurde das Markenzeichen des Halten des Abstands.
Picturedesk/APA

Im Juni hatten sich im Schlachtbetrieb Tönnies im deutschen Rheda-Wiedenbrück mehr als 1.300 Mitarbeiter mit Sars-CoV-2 infiziert. Für die Region wurde daraufhin ein erneuter Lockdown verhängt. Insgesamt stehen laut dem nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann mehr als 2.100 Corona-Infektionen im Zusammenhang mit Tönnies. Bei weiteren 67 Fällen gelte ein Zusammenhang als möglich.

Doch wie war das Virus überhaupt in den Betrieb gekommen? Genau das haben Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig untersucht. Ihre Erkenntnisse wurden noch nicht von anderen Wissenschaftern begutachtet, sind aber auf der Preprint-Plattform SSRN.com verfügbar.

Bislang wurde angenommen, dass ein Großteil der Ansteckungen in den Unterkünften der Wanderarbeiter stattgefunden haben, wo diese eher hausten als wohnten und es kaum möglich ist, die notwendige soziale Dis­tanz zu wahren.

Abstand reichte nicht aus

Doch die Rekonstruktion der Infektionsketten, für die das Team um Melanie Brinkmann die Gense­quenzen der bei den Arbeitern nachgewiesenen Viren analysiert haben, zeigt, dass diese – zumindest zu Beginn des Ausbruchs – eine nur untergeordnete Rolle spielten.

Den Stein ins Rollen brachten zunächst zwei Tönnies-Mitarbeiter der Frühschicht, von den Forschern B1 und B2 genannt. Diese hätten, so die Forscher, Kontakt zu Mitarbeitern des ebenfalls Fleisch verarbeitenden Fleischunterneh­mens Westcrown im niedersächsischen Dissen gehabt. Dort hatte es zuvor einen Ausbruch gegeben.

Doch obwohl sie dieses sofort ihrem Management berichteten, geschah nichts. Zwar wurden B1 und B2 auf das Coronavirus getestet. Aber da man sie nicht als Risiko einstufte, durften sie normal weiterarbeiten – bis drei Tage später das Ergebnis positiv war. Erst jetzt bekamen sie die Weisung, sich in Quarantäne zu begeben. Genauso wie ihre sechs Mitbewohner, ebenfalls Mitarbeiter des Schlachtbetriebs.

Mehr als 1.300 Menschen betroffen

In den nächsten Tagen fielen die Testergebnisse bei immer mehr Tönnies-Mitarbeitern der Frühschicht positiv aus – was schließlich in einem Ausbruch mit mehr als 1.300 Betroffenen endete.

Durch die Analyse des Virus-Genoms konnten Brinkmann und ihre Kollegen ermitteln, dass aller Vo­raus­sicht nach B1 allein den Ausbruch in Rheda-Wiedenbrück ausgelöst hat. So wies das bei ihm nachgewiesene Virus acht Mutationen auf, die später bei den Viren aller betroffenen Mitarbeiter der Frühschicht gefun­den wurden. Bei B2 gab es dagegen eine Abweichung, die später nicht mehr auftauchte, womit dieser als Überträger ausschied.

Das bestätigt die Studie zur Bedeutung der Superspreader von Forschern um Adam Kucharski von der London School of Hygiene & Tropical Medicine, wonach 10 Prozent der Infizierten für 80 Prozent der Infektionen verantwortlich sind.

Die Arbeit der Helmholtz-Wissenschaftler zeigt noch anderes Interessantes: So gehörten die ersten Infizierten alle der Frühschicht mit 147 Arbeitern an. Die meisten davon arbeiteten an einer festen Position am Förderband. Die Forscher konnten die genaue Position des Infizierten und auch die der Arbeiter in der Umgebung ermitteln.

Trotz acht Metern Entfernung infiziert

Bei der Auswertung dieser Daten zeigte sich, dass sich in den ersten drei Tagen überwiegend Mitarbeiter infizierten, die sich im Umkreis von acht Metern von B1 befanden. Das bedeutet, dass ein Abstand von 1,5 oder zwei Metern, der zurzeit als relativ sicher gewertet wird, gar nicht so sicher ist und unter gewissen Umständen bei Weitem nicht ausreicht.

Bei dem Ausbruch in dem Schlachtbetrieb haben auch die Umstände eine Rolle gespielt, so Adam Grundhoff vom Hamburger Heinrich-Pette-Institut, der ebenfalls an der Studie mitgewirkt hat, zu Spiegel.de: "Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Bedingungen des Zerlegebetriebs – also die niedrige Temperatur, eine geringe Frischluftzufuhr und eine konstante Luftumwälzung durch die Klimaanlage in der Halle, zusammen mit anstrengender körperlicher Arbeit – die Aerosolübertragung von Sars-CoV-2-Partikeln über größere Entfernungen hinweg förderten."

Erst vor kurzem hatten 239 Fachleute aus aller Welt in einem offenen Brief an die WHO appelliert, die Aerosol-Gefahr nicht zu unterschätzen und die Massnahmen entsprechend anzupassen.

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