"ZIB2"-Auftritt

FPÖ-Chef Kickl sagt live im ORF Ende der TV-Gebühr an

Er dominiert aktuell jede Polit-Umfrage, wähnt sich als "Volkskanzler" – doch wer will mit ihm koalieren? FPÖ-Chef Herbert Kickl im ORF-Interview.

Newsdesk Heute
FPÖ-Chef Kickl sagt live im ORF Ende der TV-Gebühr an
FPÖ-Chef Herbert Kickl am späten Mittwochabend in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Nach SPÖ-Chef Andreas Babler lud der ORF am späten Mittwochabend FPÖ-Chef Herbert Kickl zum "Jahresbilanzinterview" in die "ZIB2" zu Moderator Martin Thür. Und das mit Rückenwind: Nicht nur liegt die FPÖ in jeder Umfrage seit Monaten auf Platz 1, sie hat es außerdem in drei Landesregierungen geschafft – Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg. Und auch Turbulenzen scheinen der Partei nichts anhaben zu können – weder eine Reise von FPÖ-Funktionären zu den Taliban, noch dass sich Landespolitiker entgegen der Ansage ihres Parteichefs selbst Gehaltserhöhungen verordneten. Doch die große Frage ist: Selbst wenn die FPÖ die kommenden Wahlen gewinnt, wer will überhaupt mit ihr beziehungsweise mit Herbert Kickl regieren?

Unterstütze Kickl Israel im Kampf gegen die Hamas? Die Freiheitliche Partei sei im Kampf gegen den Islamismus "jene Partei, die am allerklarsten positioniert ist", so Kickl. "Ich sehe hier überhaupt keinen Widerspruch, wo sehen sie hier einen Widerspruch", so Kickl dazu, dass FPÖ-Mann Harald Vilimsky den Israel-Konflikt ablehne. Der österreichische Nationalrat habe "überhaupt keine Bühne für Kriegsparteien" zu sein, dafür gebe es andere Plattformen, so Kickl. Und wenn man es im Falle der Ukraine schon mache, dann müsste man eigentlich auch die andere Seite zu einer Stellungnahme einladen, so Kickl. Nur einer Partei Gehör zu geben, das sei nicht neutral, versuchte Kickl den FPÖ-Protest gegen Selenkis Rede im Parlament zu erklären. 

"Sauhaufen" im Verfassungsschutz hinterlassen

Die FPÖ habe wiederholte Male den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verurteilt, so Kickl als Antwort auf eine Kritik von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, "das muss man richtig stellen". Den Versuch, etwas zu verstehen, das heißt nicht etwas gutzuheißen, so Kickl auf die Frage, ob er denn nicht Russland und Wladimir Putin näherstehen würde als der Ukraine und Wolodimir Selenski. "Die Neutralität ist ein Zukunftsmodell", so Kickl, "ich wünsche mir in Europa mehr Neutrale". Dass der Verfassungsschutz bei Kickl orte, er würde "pure russische Propaganda verbreiten", wie es der Ex-Verfassungsschutz-Chef Peter Gridling in einem Buch enthüllte, sei lächerlich, so Kickl. Gridling habe im BVT einen "Sauhaufen" hinterlassen, man habe nicht glauben können, in "welch deplorablen Zustand" dieser den Verfassungsschutz hinterlassen habe.

Weiter zum Thema Teuerungen. Würden Preiseingriffe beim Sprit nicht scheitern, wie es in Ungarn der Fall war? Das "Chaos in Ungarn" sei deshalb verursacht worden, weil Österreicher wegen den Preisdeckeln nach Ungarn zum Tanken gefahren seien, so Kickl dazu, ob er nicht in der Vergangenheit auch falschen Anti-Teuerungs-Forderungen aufgesessen war, weil sie in anderen Ländern auch nicht funktioniert hätten. "Wir hatten Recht, und die Bundesregierung hatte Unrecht", so Kickl dazu, dass man Eingriffe bei den Preisen gefordert hatte. "Schnelle Hilfe zeichnet sich dadurch aus, dass sie schnell und unbürokratisch ist", so der FPÖ-Chef auf die Frage, ob es etwa fair sei, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu senken, obwohl dies Reiche wie Arme gleichermaßen helfen würde. "Derjenige mit der Semmel, der weniger verdient, ist mehr entlastet", so Kickl.

"Mit ORF-Gehältern, die jenseits von Gut und Böse sind"

Kurios: Wie Thür enthüllte, verdiene FPÖ-Landesrat Udo Landbauer dank selbst verordneter Gehaltserhöhung mehr als ein Bundesminister. "Das sieht so aus", wenn der Koalitionspartner, die ÖVP, "in den Gesprächen und Bemühungen nicht zu überzeugen ist", einen Gehaltsverzicht durchzuführen zum Wohle der Bevölkerung, so Kickl. "Da habe ich mich nicht durchsetzen können", gestand Kickl, der mit genug Stimmen als "Volkskanzler" aber einen solchen Gehaltsverzicht einfach gesetzlich verankern wolle. Blitzschnell ging es aber von Luxus-Gehaltserhöhungen für FPÖ-Politiker zur ORF-Haushaltsabgabe und Luxus-Gehältern im ORF. Er werde als Kanzler auch eingreifen, "damit der ORF nicht mehr aus dem Vollen schöpfen kann, mit Gehältern, die jenseits von Gut und Böse sind."

Thürs Reaktion: "Ich verdiene weit weniger als der Herr Landbauer." Als Kanzler werde es keine extremen Gehaltserhöhungen für Politiker mehr geben, "und auch keine Haushaltsabgabe für den ORF", so Kickls Ansage. Weiter zu Identitären-Kopf Martin Sellner, der mit Abschiebe-Fantasien am Mittwoch für Aufeshen sorgte. Sei der Plan einer "Remigration" Vorbild für FPÖ-Politik? Die propagierte "Remigration" der als rechtsextrem eingestuften Identitären wurde zum Zankapfel, auf den Kickl nicht eingehen wollte. Die FPÖ fordere einen "Asylstopp", mit dem es das Problem des "Außerlandesbringen" gar nicht geben würde. Ob er Menschen mit Migrationshintergrund, aber mit einer österreichischen Staatsbürgerschaft, abschieben wolle, wollte Kickl schlussendlich nicht beantworten.

"Mehr als das Kassieren von Sozialleistungen"

"Wenn jemand die Staatsbürgerschaft erwirbt", dann müsse damit "mehr als das Kassieren von Sozialleistungen" und die "Verachtung" des Staates verbunden sein – und es müsse Wege geben, diesen Personen die Staatsbürgerschaft wieder zu entziehen, so der FPÖ-Chef. Das "Heimrecht der Österreicher" sei Kickl "auch etwas wert". Mit einem "anonymen Käsezettel" verglich Kickl Ermittlungen nach Vorwürfen gegen die FPÖ Steiermark wegen dubioser Geldflüsse, die ihren Spitzenkandidaten Mario Kunsasek unter Druck setzen würden – im Vergleich dazu, dass Thür Tonband-Aufnahmen des verstorbenen Justizministeriums-Spitzenkandidaten Christian Pilnacek in der ZIB2 zum Thema gemacht habe. Thür wollte das "so nicht stehen lassen", denn es gehe um ernste strafrechtliche Vorwürfe gegen die FPÖ – womit beide schnell Richtung ÖVP abbogen, an der Kickl abschließend massive Kritik üben durfte.

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red
Akt.