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Frankreich rätselt über Babys mit Fehlbildungen

Heute Redaktion
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Ein Neugeborenes in den Armen seiner Mutter. Symbolbild.
Ein Neugeborenes in den Armen seiner Mutter. Symbolbild.
Bild: iStock

In den letzten 15 Jahren kam es in Frankreich in immer denselben drei Gegenden zu Geburten von Babys mit Fehlbildungen. Dem will die Gesundheitsbehörde nun nachgehen.

Frankreichs Gesundheitsbehörden untersuchen nach eigenen Angaben, warum in einigen Regionen des Landes ungewöhnlich viele Babys ohne Hände, Unterarme oder Arme geboren werden. Das Ergebnis der landesweiten Untersuchung wird in rund drei Monaten veröffentlicht. "Nichts wird verschwiegen", sagte der Chef des öffentlichen Gesundheitsdienstes, François Bourdillon, am Mittwoch im Radiosender RTL.

Die Zahl der bisher bekannt gewordenen Fälle von Babys mit derartigen Geburtsdefekten ist ziemlich niedrig. In den vergangenen 15 Jahren wurden 25 Fälle in der Bretagne sowie in den Departementen Loire-Atlantique und Ain bekannt, wie aus einem Anfang Oktober von der Gesundheitsbehörde veröffentlichten Bericht hervorgeht. Dennoch lösten sie eine öffentliche Diskussion aus, da sie stets in denselben, begrenzten Gebieten vorkamen.

Kein nationales Register vorhanden

Als Bourdillons Behörde am Dienstag dann von elf weiteren Fällen in Ain berichtete, wuchs das Misstrauen. Medien und Experten stellten Fragen zum wahren Ausmaß des Phänomens. Gesundheitsministerin Agnès Buzyn versprach nun eine umfassende Untersuchung.

Eine statistische Einordung ist laut der "Zeit" allerdings schwierig, denn in Frankreich gibt es kein nationales Register in dem Neugeborene mit Fehlbildungen erfasst werden. Auch sind die Schadstoffe in der Umwelt, die Föten im Mutterleid Schaden zufügen könnten, noch zu wenig erforscht.

Daher fielen die gehäuften Fehlbildungen auch erst auf, als ein Gynäkologe nach zwei Geburten von Säuglingen ohne Arme die Fälle dem "Registre des Malformations en Rhône-Alpes" meldete. Dieses hatte bereits 2015 einen Bericht für die Gesundheitsbehörde in Paris über sieben Fehlbildungen verfasst. Darin wurde festgehalten: "Die wahrscheinlichste Hypothese ist, dass die betroffenen Schwangeren einer Substanz in der Landwirtschaft oder der Tiermedizin ausgesetzt wurden."

Alle Tests bisher ergebnislos

"Wir werden keine Spur auslassen", sagte Buzyn dem Fernsehsender BFMTV. "Vielleicht hängt es mit der Umwelt zusammen, vielleicht mit etwas, das die Mütter während ihrer Schwangerschaft gegessen oder eingeatmet haben". Alle entsprechenden Tests verliefen bisher ergebnislos. Pestizide in der Umwelt seien durchaus nicht als Ursache auszuschließen, da die Fälle stets in ländlichen Gebieten auftauchen. Es könne aber auch an möglichen Gendefekten liegen. Bisher gibt es aber auch dafür keine Belege.

Andere Fälle von Fehlbildungen in Föten aufgrund von Medikamenten sind aus dem letzten Jahrhundert bereits bekannt. In den 1950er und 1960er Jahren waren bis zu 12.000 Babys weltweit mit schweren Fehlbildungen zur Welt gekommen, deren Mütter während der Schwangerschaft ein Schlafmittel mit dem Wirkstoff Thalimodid – bekannt unter den Markennamen Contergan und Softenon – eingenommen hatten. (doz)