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Mutter und Vater heißen jetzt "Elternteil 1 und 2"

Heute Redaktion
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Der Antrag auf eine Gesetzesänderung in Frankreich sorgt für hitzige Debatten: Die Bezeichnungen «Mutter» und «Vater» soll es künftig nicht mehr geben - stattdessen sollen sie bei schulischen Angelegenheiten als "Elternteil 1" und "Elternteil 2" angesprochen werden.
Der Antrag auf eine Gesetzesänderung in Frankreich sorgt für hitzige Debatten: Die Bezeichnungen «Mutter» und «Vater» soll es künftig nicht mehr geben - stattdessen sollen sie bei schulischen Angelegenheiten als "Elternteil 1" und "Elternteil 2" angesprochen werden.
Bild: imago stock & people (Symbolbild)

Durch eine Gesetzesänderung sollen Väter und Mütter in französischen Schulen künftig als Elternteil 1 und Elternteil 2 angesprochen werden. Die Idee sorgt für rote Köpfe.

Vater und Mutter soll es künftig nicht mehr geben – stattdessen sollen sie bei schulischen Angelegenheiten als Elternteil 1 und Elternteil 2 angesprochen werden. Die Änderung des französischen Schulgesetzes sorgt derzeit für heiße Debatten im Nachbarland.

Den Änderungsantrag machte die Abgeordnete Valérie Petit von der Partei La République En Marche (kurz LaREM) von Präsident Emmanuel Macron. Damit sollen im Rahmen einer "Schule des Vertrauens" die vielfältigen Familienformen auf den Schulformularen abgebildet werden. Das sei besonders für Kinder aus Regenbogenfamilien wichtig, so Petit.

Im Netz wird heiß diskutiert

Ihr Projekt sorgte jedoch für wenig Zuspruch. So bezeichnete etwa die Sprecherin der rechtsliberalen Républicains (LR), Lydia Guirous, die Begriffe "Parent 1 und 2" als "eine Negierung der Geschlechter". Für den LR-Politiker Xavier Breton handelt es sich um "einen politisch korrekten Gedanken, der aber nicht der Realität entspricht". Andere Kritiker des Projekts halten die Ansprache sogar für eine "Entmenschlichung".

Auch im Netz fand der Vorschlag viele Gegner. Auf Twitter postete ein Nutzer das Bild der" Star Wars"-Figur Darth Vader und ersetzte das bekannte Filmzitat durch "Luke, ich bin dein Elternteil 1". Eine Userin fragte sich, ob ihre Kinder sie nun bei der Begrüßung statt "Mama" "Elternteil 2" nennen sollten.

Spielt es eine Rolle, wie Eltern auf einem Schulformular bezeichnet werden?

Andere hingegen finden die Idee toll. "Was spielt das für eine Rolle, wie man die Erzieher der Kinder auf dem Formular bezeichnet? Das ändert für Paare mit Vater und Mutter nichts, dafür macht es die Vielfalt sichtbar. Eure Homophobie kotzt mich an!", kommentierte eine Nutzerin.

Wie der Sender LCI am Montag berichtet, habe die heftige Kritik nun die Initianten des Projekts dazu veranlasst, einen Gegenvorschlag zu machen. Die LaREM-Abgeordnete Anne-Christine Lang schlug vor, zweimal den Begriff "Vater" und zweimal den Begriff "Mutter" auf den Schulformularen aufzuführen. "Die Leute können dann die Felder so ankreuzen, wie es ihnen passt", sagte Lang.

Sprachliche Regelungen, um Vielfalt sichtbar zu machen

Auch für die Schweiz wären geschlechtsneutrale Formulierungen sinnvoll, findet Hannes Rudolph, Leiter der Fachstelle für Transmenschen in Zürich. "Nicht nur Regenbogenfamilien, auch andere Familienkonstellationen profitieren davon, wenn die strikte Vorgabe ‹Mutter, Vater, Kind› wegfällt. Schon immer wachsen Kinder bei ihren Großeltern, Verwandten, Pflegeeltern und in Patchworkkonstellationen auf. Kinder, die nicht Vater und Mutter haben, erfahren so, dass ihre Familienform keine bürokratische Ausnahme, sondern eine anerkannte Realität ist", sagt Rudolph zu 20 Minuten.

"Es ist frappant, wie bedroht sich einige Menschen fühlen, wenn Begriffe auf Formularen geändert werden sollen. Dabei geht es gerade darum, offen für alle Menschen zu sein. Auch die meisten Regenbogeneltern sind Väter und Mütter – und haben folglich kein Interesse an der Abschaffung dieser Begriffe. Der Vorwurf ist absurd."

Auch für non-binäre Menschen braucht es neue Ausdrücke

Für Angehörige von Minderheiten sei ein solches Vorhaben eine erhebliche Entlastung. "Es gibt ja beispielsweise auch Eltern, die weder Mutter noch Vater sind. Non-binäre Personen, die Familien gründen, suchen oft nach eigenen Bezeichnungen."

Leider biete die deutsche Sprache in Bezug auf Menschen nur wenige geschlechtsneutrale Bezeichnungen. "Wo sie nicht nötig sind, sollten Geschlechtsangaben weggelassen werden. Es ist absurd, dass selbst bei Kindergärtler*innen und Primarschüler*innen auf jedem Formular das Geschlecht des Kindes vermerkt wird." (kle)