Wien

AMS-Geld gestrichen, weil Frau 12-Stunden-Tag ablehnte

Eine arbeitslose Frau hätte als Küchenhilfe 12 Stunden am Tag arbeiten sollen. Die 55-Jährige lehnte ab, prompt wurde die Notstandshilfe gestrichen.

Andre Wilding
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Arbeitsmarktservice in Wien (Archivfoto)
Arbeitsmarktservice in Wien (Archivfoto)
"Heute"/Birgit Eckel

20 Jahre Berufserfahrung in der Gastronomie kann Susanne M. vorweisen. Aber in der Gastro ist das kein Argument: Mit 55 war die Küchenhilfe bereits sechs Jahre vergeblich auf Arbeitssuche. Als sie bei einem Bewerbungsgespräch sagte, dass sie nicht regelmäßig 12 Stunden arbeiten wolle, wurde ihr die Notstandshilfe gestrichen. Die AK Wien hat für die Arbeitnehmerin jetzt beim Bundesverwaltungsgericht erfolgreich die Nachzahlung erstritten. AK Präsidentin Renate Anderl fordert: "Wir wollen Armut abschaffen und das Arbeitslosengeld erhöhen, statt Menschen in unzumutbare Jobs zu drängen!"

750 Euro im Monat

Eine Stunde unterwegs in die Arbeit, davon 20 Minuten Fußweg, egal ob bei brütender Hitze oder eisiger Kälte – all das hätte Susanne M. mit Freude in Kauf genommen, wenn sie nur nach sechs Jahren Arbeitslosigkeit endlich wieder eine Arbeit gefunden hätte. Nicht zuletzt, weil es schwer ist, mit nur rund 750 Euro pro Monat über die Runden zu kommen. Das war im Juli 2018, auf dem Höhepunkt der politischen Auseinandersetzung rund um das 12-Stunden-Tags-Gesetz. Als die Chefin des Gasthauses am Rande Wiens der Arbeitnehmerin beim Bewerbungsgespräch allerdings sagte, dass sie 12 Stunden Arbeit am Tag erwarte, lehnte sie ab.

Notstandshilfe gestrichen

Die Stellenanzeige hatte Frau M. vom AMS bekommen. Im Bewerbungsprotokoll vermerkte die Chefin des Landgasthauses, Frau M. habe die Stelle nicht gewollt, "weil zu viel Arbeit ist". Frau M. verlangte eine Änderung und beschwerte sich über die Chefin beim AMS – doch es half nichts. Das AMS hat ihr die Notstandshilfe für 6 Wochen gestrichen, weil sie das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses vereitelt habe. Frau M. wandte sich an die Arbeiterkammer Wien und suchte um Rechtsschutz an. Nach zwei Jahren entschied das Bundesverwaltungsgericht jetzt zugunsten der Arbeitnehmerin: Das AMS muss ihr das Geld nachzahlen.

AK-Chefin Renate Anderl
AK-Chefin Renate Anderl
Denise Auer

"Von Wirtschaft einfach ausgespuckt"

AK Präsidentin Renate Anderl sagt: "Der Fall sagt viel über den Umgang mit Menschen aus, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben und dann von der Wirtschaft einfach ausgespuckt werden, weil viele Betriebe meinen, dass man mit über 50 zu nichts mehr zu gebrauchen ist. Die Daumenschraube bei den Arbeitslosen anzuziehen bringt keinen einzigen zusätzlichen Job, sondern erhöht nur den Druck auf all jene, die Arbeit haben. Wenn bestimmte Branchen keine Arbeitskräfte finden, dann sollten wir uns die Arbeitsbedingungen genauer anschauen. Es braucht Sanktionen für Firmen, die sich nicht an Arbeitsrecht halten."

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