Die Taliban in Afghanistan haben eine Reihe neuer Gesetze erlassen, die unter anderem Frauen öffentliche Äußerungen untersagen. Die Stimme einer Frau sei intim, daher sollte sie nicht in der Öffentlichkeit singen, rezitieren oder laut vorlesen, heißt es etwa in Artikel 13 des Regelwerks über Laster und Tugenden, das der Nachrichtenagentur AP vorlag.
Das 114 Seiten starke Dokument wurde am Mittwoch veröffentlicht, nachdem es von Talibanführer Haibatullah Achundsada genehmigt worden war, wie ein Sprecher der radikalislamischen Gruppe mitteilte. Es handelte sich um die erste formale Bekanntgabe der sogenannten Laster- und Tugendgesetze seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021.
Im selben Jahr schufen sie eine Art Moralpolizei, das Ministerium für die "Förderung von Tugend und die Verhinderung von Laster". Es kann nun auf Basis der Gesetze bei Verstößen Warnungen aussprechen oder Strafen vollstrecken. Die Gesetze regeln Aspekte des Alltagslebens, etwa den Umgang mit Musik und Feiern sowie den öffentlichen Nahverkehr.
Laut Artikel 13 müssen sich Frauen in der Öffentlichkeit jederzeit verschleiert zeigen. Eine Gesichtsbedeckung sei erforderlich, um Versuchung zu vermeiden und andere nicht zu verführen. Die Kleidung dürfe nicht dünn, eng anliegend oder kurz sein. Vor nichtmuslimischen Männern und Frauen hätten sich Afghaninnen ebenfalls zu verschleiern, um nicht korrumpiert zu werden, hieß es weiter. Einer Frau sei es zudem verboten, Männer anzusehen, mit denen sie nicht verwandt oder verheiratet sei.
Artikel 17 untersagt die Veröffentlichung von Bildern von Lebewesen. Die ohnehin ausgehöhlte Medienlandschaft in Afghanistan dürfte durch diese Regelung weiter geschwächt werden. Gemäß Artikel 19 ist das Musizieren und Abspielen von Musik verboten. Allein reisende Frauen dürfen nicht befördert werden. Ebenfalls tabu sind Treffen von nicht miteinander verwandten Männern und Frauen.
Dass das zuständige Taliban-Ministerium das Ziel ausgegeben habe, seine Befugnisse auf weitere Bereiche des Alltagslebens auszuweiten, gebe Anlass zu erheblicher Sorge für alle Afghanen, insbesondere für Frauen und Mädchen, erklärte Fiona Frazer, Menschenrechtschefin der UN-Mission. Die Taliban wiesen den Bericht zurück.