Österreich

Frauen sind nirgends so gefährdet wie in Österreich

1.300 Anzeigen wegen Gewalt an Frauen gab es im Vorjahr in Österreich. Im europäischen Vergleich ist das der Spitzenwert.

Heute Redaktion
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77 Frauen und Mädchen wurden im vergangenen Jahr Opfer eines Mordes oder Mordversuchs, im Jahr 2018 wurden bereits 32 Frauen ermordet. Und auch bei Anzeigen wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs liegt Österreich mit 1.300 Anzeigen an der Spitze des Europa-Rankings.

Innerhalb der Familie

Die Vorfälle ereignen sich zum Großteil innerhalb der Familie. Volksanwältin Gertrude Brinek spricht von 19.000 Opfern familiärer Gewalt, allein im Jahr 2017.

"Zahlreiche aktuelle Studien belegen einerseits die schwerwiegenden Folgen für das Leben der von Gewalt Betroffenen, zeigen aber andererseits auch auf, wie wenig Wissen es in der Bevölkerung zu Gewalt an Frauen und Kindern gibt", sagt Brinek am Dienstag bei einer Pressekonferenz.

Jede fünfte Frau

Eine Studie hat ermittelt: Nur jede fünfte Frau weiß, an welche Einrichtungen sie sich im Fall der Fälle wenden kann. Hier braucht es mehr Bewusstseins- und Aufklärungskampagnen, so Brinek.

Gesetze gut, Umsetzung schlecht

Die Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, Maria Rösslhumer, sorgt sich nicht um Gesetze, sondern um die Praxis.

Die Gesetze in Österreich seien zwar gut, doch müssen diese auch "im Sinne des Opferschutzes angewandt werden", sagt sie. Besonders auf Kinder dürfe man - auch wenn sie nicht direkt von der Gewalt betroffen sind - nicht vergessen. Sie sollten mehr einbezogen werden.

Prävention

Konsens der Pressekonferenz: Es braucht mehr Präventionsmaßnahmen im gesamten Bildungssystem, in Vereinen, sowie in Bezirken und Gemeinden. Ebenfalls wäre sinnvoll, wenn Opferschutz-Einrichtungen, Männer-Beratungsstellen und Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche enger zusammenarbeiten würden.

Zusätzlich sei eine bessere Schulung von Gesundheitsfachkräften notwendig. Sie sollten sensibilisiert sein, um gewaltbedingte Verletzungen und Beschwerden als solche zu erkennen und den Betroffenen richtig zu begegnen.

Die dritte Teilnehmerin der Pressekonferenz, Andrea Berzlanovich, ist Professorin am Institut für Gerichtsmedizin. Sie wird ab 26. November eine Ringvorlesung mit dem Titel "Eine von fünf" abhalten und will damit eine breite Öffentlichkeit zum Nachdenken und Handeln anregen. Dabei werden Vortragende aus verschiedenen Berufsfeldern sprechen. (red)