Österreich

Freispruch für Iraker in Prozess um Vierfachmord

Heute Redaktion
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Das Landesgericht für Strafsachen in Wien von außen.
Das Landesgericht für Strafsachen in Wien von außen.
Bild: picturedesk.com

Ein spektakulärer Prozess ist am heutigen Dienstag am Wiener Straflandesgericht mit einem Freispruch für einen 23-jährigen Iraker zu Ende gegangen.

Der junge Mann wurde beschuldigt, als 17-Jähriger vier Familienmitglieder in einem Haus nahe Mossul erstochen zu haben. Vor Gericht versicherte der junge Mann, der sich seit 2016 in Österreich befindet, nicht dafür verantwortlich zu sein. Das meldet die Nachrichtenagentur APA.

Er war zwar nur wenige Stunden nach der Bluttat von den irakischen Behörden festgenommen worden, doch das damals abgelegte Geständnis, soll unter schwerer Folter aus ihm herausgepresst worden sein. Ein Video, das damals sogar im TV ausgestrahlt wurde, zeigt einen verschreckten Jugendlichen, der in wenigen Worten beschreibt, wie er seine Großmutter, die Frau seines Onkels und zwei Cousinen ermordet habe.

Erinnerungslücken

Der Clip, der heute noch durchs Internet geistert, wurde den österreichischen Behörden von einem Mitbewohner des damaligen Asylwerbers angezeigt. Erst dadurch kam es in Wien zu dem Prozess.

Was genau an jenem Tag im April 2013 geschah, kann wohl nicht mehr geklärt werden. Fest steht jedenfalls, dass sich der Beschuldigte im selben Haus aufgehalten hatte, als die Morde geschahen. Er habe noch seine Großmutter zum Beten gehen sehen, danach sei seine Erinnerung lückenhaft. Er sei erst später in einem Spital mit Verletzungen am ganzen Körper wieder zu sich gekommen, so der Iraker.

Aus wohlhabender Familie

Von den Polizisten sei er im Verhör schwer misshandelt und gefoltert worden. Um weiteren Misshandlungen zu entgehen, habe er das ihm vorgegebene Geständnis auswendig gelernt und vor einem Richter wiederholt. Das darin beschriebene Motiv des angehenden Maturanten: Gier nach Reichtum und Lernstress.

Bei genauerer Betrachtung zerbröckelt dieses allerdings schnell. Zum einen stammt der Mann aus einer wohlhabenden Familie, die ihm sogar ein Grundstück geschenkt hatte und zum anderen dürfte er sich beim Lernen nicht schwer getan haben. Innerhalb seiner drei Jahre in Österreich hat er sich perfekte Deutschkenntnisse angeeignet, eine Lehre zum Bürokaufmann abgeschlossen und sich einen eigenen Freundeskreis aufgebaut.

Von Dschihadisten befreit

Dass er überhaupt hierher fliehen konnte, verdankt der junge Mann der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Nach der Eroberung von Mossul hätten die Dschihadisten alle Gefangenen befreit: "Sie haben einfach die Tür aufgemacht und wir sind rausgegangen", so der 23-Jährige, der damals bereits 14 Monate in Haft saß. Er sei dann mit seinen Eltern erst in die Türkei und dann alleine weiter nach Österreich gereist.

Die Geschworenen folgten schließlich der Darstellung des Angeklagten und seines Anwalts und entschieden mehrheitlich (6:2) auf Freispruch. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da der Staatsanwalt noch keine Erklärung abgegeben hat. (red)