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Dieser Mann will Angela Merkel beerben

Heute Redaktion
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Der frühere Chef der CDU/CSU-Fraktion im deutschen Bundestag Friedrich Merz will im Dezember auf dem Parteitag der CDU für den Parteivorsitz kandidieren.

Es wäre ein später Triumph für Friedrich Merz: Der einstige Rivale von Angela Merkel, der aus Frust über ihren Kurs die Politik verließ, will sie als CDU-Vorsitzender beerben. Am Dienstag kündigte der 62-Jährige an, er habe sich "nach reiflicher Überlegung und nach zahlreichen Gesprächen" zur Kandidatur auf dem Hamburger Parteitag entschieden.

Damit tritt Merz gegen CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gesundheitsminister Jens Spahn an. Diese hatten beide bereits am Montag in den Parteigremien mitgeteilt, dass sie kandidieren wollen, nachdem Kanzlerin Angela Merkel erklärt hatte, sie trete angesichts der jüngsten Wahlergebnisse nicht mehr an.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Landeschef Armin Laschet hat eine Kandidatur bisher noch offengelassen.

Kein Freund von Merkel

Merz, der nicht unbedingt als Freund der bisherigen CDU-Chefin gilt, erklärte nun: "Angela Merkel verdient Respekt und Anerkennung für ihre Leistungen in 18 Jahren an der Spitze der Partei. Damit hat die CDU Deutschlands nun die Chance, sich neu aufzustellen und eine neue Parteiführung zu wählen."

Der 62-Jährige fügte hinzu: "Wir brauchen in der Union Aufbruch und Erneuerung mit erfahrenen und mit jüngeren Führungspersönlichkeiten. Ich bin bereit, dafür Verantwortung zu übernehmen und gleichzeitig alles zu tun, um den inneren Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit der CDU Deutschlands zu stärken."

Aus dem Amt gedrängt

Der ausgewiesene Finanzexperte, ebenso wirtschaftsliberal wie konservativ, wurde einst als Hoffnungsträger der Union gehandelt. Doch nach der Niederlage der Union bei der Bundestagswahl 2002 hatte Merkel den damaligen Fraktionsvorsitzenden aus dem Amt gedrängt. Fortan lagen beide im Clinch. Erst 2009 zog sich Merz aber ganz aus der aktiven Politik zurück.

Der am 11. November 1955 im sauerländischen Brilon geborene Merz begann nach dem Jura-Studium seine berufliche Laufbahn als Amtsrichter in Saarbrücken. Bei allem Eigensinn galt er lange als einer der profiliertesten Unionspolitiker.

1994 kandidierte der damalige Europaparlamentarier erstmals für den Bundestag und errang auf Anhieb ein Direktmandat. Bald machte er sich vor allem in der Wirtschafts- und Finanzpolitik einen Namen. Im Oktober 1998 wurde er stellvertretender Fraktionsvorsitzender.

Erfolgloses "Bierdeckel-Modell"

Zwei Jahre später übernahm er den Fraktionsvorsitz von Wolfgang Schäuble. Wortgewaltig bot Merz der rot-grünen Koalition die Stirn. Doch nach der Bundestagswahl 2002 kam der Absturz: Parteichefin Merkel griff nach der ganzen Macht und übernahm auch den Fraktionsvorsitz.

Merz ließ sich 2002 dennoch überreden, unter Merkel das Amt des Fraktionsvizes für den Bereich Steuern und Finanzen zu übernehmen: Er erarbeitete Ende 2003 das Konzept für ein radikal vereinfachtes Steuerkonzept – die Steuererklärung sollte künftig auf einen Bierdeckel passen. Doch wegen des Widerstands aus der CSU verschob die Union einen Einführungstermin für das "Bierdeckel-Modell" auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.

Der Ärger darüber dürfte mit entscheidend für seinen Rückzug aus der politischen Führungsriege gewesen sein: Im Oktober 2004 verzichtete er auf den Posten als Fraktionsvize und seinen Sitz im CDU-Präsidium. (afp)