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Fuchs: "Verschwende keinen Gedanken ans Karriereende"

Christian Fuchs führt ein Doppelleben – als Fußballer und erfolgreicher Geschäftsmann. Mit Leicester greift der Legionär mal wieder nach den Sternen.

Erich Elsigan
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Christian Fuchs
Christian Fuchs
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"Jedes Superlativ wäre zu wenig, um zu beschreiben, wie es sich angefühlt hat." England-Legionär Christian Fuchs fehlen die Worte, wenn er an 2016 zurückdenkt, als mit Leicester die Premier League gewann. Heuer haben die "Foxes" die realistische Chance, das Wunder zu wiederholen. Nach 20 Runden steckt man mitten im Titelkampf. "Heute" fragte beim ÖFB-Star nach.

Herr Fuchs, viereinhalb Jahre ist es bereits her, dass Sie mit Leicester City die Riesen-Sensation geschafft haben. Heuer scheint es die Chance auf ein Da capo zu geben. Gibt es ein zweites Wunder?

"Wir reden immer noch von Leicester. Ja, wir sind gut gestartet und haben ein paar gute Partien gespielt, aber das heißt noch lange nicht, dass wir irgendwas gewinnen. Wir sind noch so weit davon entfernt, es ist gerade mal Halbzeit in der Liga. Was am Ende rauskommt, ist völlig offen."

Warum diese Zurückhaltung?

"Weil die Liga einfach su unglaublich ausgeglichen ist. Es ist kein einfacher Durchmarsch, kein Selbstläufer. Das sieht man heuer bei Liverpool"

Sie pendeln zwischen Kapitänsamt und Tribüne. Wie ist das zu erklären?

"Es ist so, dass mir Trainer Brendan Rodgers vor der letzten Vertragsverlängerung gesagt hat, dass er mich unbedingt halten will, aber als Backup. Es hat sich dann ergeben, dass wir einige Verletzte hatten – deshalb kam ich zu vielen Einsätzen. Ich weiß nach wie vor, was mein Stellenwert ist, kenne meine Position im Klub. Wenn mich Leicester braucht, gebe ich alles."

Sie sind 34, Ihr Vertrag läuft im Sommer aus. Ist dann wirklich Schluss mit Fußball in Europa, oder besteht die Chance, noch mal zu verlängern?

"Aktuell ist noch nichts entschieden. Ich bin momentan für alles offen."

Wovon hängt die Eintscheidung ab?

"Nicht von mir. Die Frage ist, was der Verein plant. Ich habe jedenfalls noch keinen Gedanken daran verschwendet, meine Karriere zu beenden."

Das Coronavirus sorgt immer wieder für Spielabsagen in England, Kritik am Liga-Betrieb wurde laut. Wie beurteilen Sie die Lage?

"Wir wollen definitiv weiterspielen. Man muss mit dem Thema natürlich sehr sensibel umgehen, weil viele Menschen davon betroffen sind. Im Großen und Ganzen bewegen wir uns aber ohnehin in einer Blase, werden zwei Mal pro Woche getestet, müssen strikte Regeln einhalten. Das ist auf einem Top-Level. Ich denke einfach, dass es auch ums Wohlfühlen der Nation geht. Wenn man den Leuten auch noch den Fußball wegnimmt, wirkt sich das irgendwann auf die mentale Gesundheit aus. Wir tragen als Fußballer schon dazu bei, dass die Menschen trotz Krise etwas Positives im Leben haben, sich ablenken können. Das sollte man nicht abdrehen."

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    gepa-pictures.com, Imago Images

    Sie sind nicht nur Fußballer, sondern auch Geschäftsmann. Unter anderem betreiben Sie das Modelabel #NoFuchsGiven. Wie gut läuft das Geschäft, wo werden die meisten T-Shirts verkauft?

    "Den meisten Umsatz machen wir in Amerika."

    Weiß man dort, dass Sie ein Fußballer aus Österreich sind?

    "Nein, das ist dort kein Thema. In den USA wählen die Leute die Marke."

    Sie nun auch unter die Spirituosen-Hersteller gegangen, verkaufen Vodka und Gin. Auf den Spuren von Marko Arnautovic?

    "Ich habe natürlich mitbekommen, dass er das gemacht hat, aber er war nicht ausschlaggebend. Ich wollte die Idee nicht übers Knie brechen, es sollte alles Hand und Fuß haben. Es macht echt Spaß. Aktuell verkaufen wir über die Homepage. Allerdings ist es nicht so einfach, Spirituosen wie Gewand in die ganze Welt zu verkaufen. Wir sind derzeit auf England beschränkt. Wenn du in ein anderes Land exportieren willst, brauchst du eine Lizenz. Alles nicht so einfach."

    Vor zwei Jahren haben Sie für Schlagzeilen gesorgt, weil Sie in der Nähe von New York ein altes Gefängnis gekauft und es zu einem Sport-Komplex umgebaut haben. Wie sehr leidet die Idee unter der Corona-Krise?

    "Gar nicht, die Leute rennen uns die Tür ein. In den USA ist derzeit kein Lockdown. Wir sind umtriebiger als je zuvor, haben mehr Business als vor der Pandemie."

    Stimmt es, dass der ehemalige Gefängniswärter jetzt für Sie arbeitet?

    "Das stimmt. Er macht Gefängnistouren und ist für das ganze Rundherum zuständig. Er sorgt für die Instandhaltung, die Wartung und Gartenarbeit."

    Wie bringen Sie all das unter einen Hut? Wissen Sie stets über all Ihre Projekte Bescheid?

    "Natürlich. Mir wird jede Woche berichtet, was passiert. Ich habe aber natürlich gute Leute, die mir helfen. Meine Frau ist in Amerika federführend, leitet das Geschehen vor Ort. Wir treffen die Entscheidungen gemeinsam, ich bin also voll im Bilde."

    Es ist bekannt, dass Sie gerne eines Tages für die New York Giants in der NFL spielen willst. Verfolgen Sie den Plan noch – ist das realistisch?

    "Die Frage ist, warum nicht? Ich habe schon so viel erlebt in meinem Leben. Wenn ich dann eines Tages meine Schuhe an den Nagel hänge, übersiedle und drüben bin, will ich es schon probieren. Ich will mir nicht irgendwann den Vorwurf machen, es nicht zumindest versucht zu haben. Wenns passt, passts. Wenn nicht, dreht sich die Welt auch weiter."

    Sie haben bislang 151 Spiele für Leicester bestritten. Damit fehlen nur noch vier auf Ihre 155 Mattersburg-Partien. Den Klub gibt es nicht mehr. Ging Ihnen der Untergang nahe, hatten Sie noch Verbindungen zum Verein?

    "Es war schon eine herbe Nachricht. Es war jetzt nicht so, dass ich noch sehr viel Kontakt gehabt hätte, es verläuft sich alles mit der Zeit. Dennoch war es schockierend zu hören, weil einfach sehr viele Leute darunter leiden. Noch dazu ist es zu einem ungünstigen Zeitpunkt gekommen, weil die Menschen ohnehin mit Corona genug Sorgen hatten."

    Hatten Sie ein Konto bei der Commerzialbank?

    "Nein, zum Glück nicht."