Welt

Führt Insekten-Projekt des Pentagons zu Bio-Waffen?

Offiziell wird der Einsatz von Insekten zur Verbreitung von Pflanzenviren überprüft. Doch das könnte zur Entwicklung von Biowaffen führen.

Heute Redaktion
Teilen
Neben Heuschrecken wird auch die Verbreitung mittels Blattläusen und den zu den Pflanzenläusen gehörenden Weißen Fliegen getestet.
Neben Heuschrecken wird auch die Verbreitung mittels Blattläusen und den zu den Pflanzenläusen gehörenden Weißen Fliegen getestet.
Bild: EPA

Können Insekten als Transportmittel für Pflanzenviren dienen und diese auf landwirtschaftliche Nutzpflanzen übertragen? Dieser Frage gehen derzeit Wissenschaftler der Forschungsbehörde des US-Verteidigungsministeriums Darpa im Rahmen des Programms "Insect Allies" ("Insektenverbündete") nach.

Die Idee dahinter: Die Viren könnten dereinst das Erbgut der betroffenen Pflanzen verändern. Auf diese Weise ließen sich bereits auf den Feldern wachsende Pflanzen wie Mais oder Tomaten schnell und unkompliziert genetisch verändern. Experten sprechen von Genom-Editierung (siehe Box).

Konkret untersuchen die beteiligten Wissenschaftler, ob sie die Viren mithilfe von Grashüpfern, Blattläusen und den zu den Pflanzenläusen gehörenden Weißen Fliegen auf Mais und Tomaten übertragen können.

Was bewirkt die Genom-Editierung?

Die Genom-Editierung eröffnet neue Möglichkeiten, das Erbgut von Nutzpflanzen zu verändern. Pflanzen können auf diese Weise beispielsweise ertragreicher oder unempfindlicher gegen Schädlinge und Trockenheit werden.

Solche Eingriffe ins Erbgut können bislang jedoch nur im Labor vorgenommen werden – wachsen die Pflanzen erst einmal auf dem Feld, ist es dafür zu spät. Bei unerwarteter Dürre oder Schädlingsbefall müssen Landwirte also auf neues Saatgut für die nächste Erntesaison warten.

Heftiger Gegenwind

So gut das klingt, es gibt auch Zweifel – nicht unbedingt an dem Vorhaben selbst, sondern daran, ob die gewonnenen Erkenntnisse auch wirklich sicher sind.

So könnte ein derartiges Insektensystem recht leicht manipuliert und als biologische Waffe eingesetzt werden, warnen Forscher des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön und der Universitäten Freiburg und Montpellier im Fachjournal "Science".

Vereinfacht als Waffe nutzbar

"So könnten Gene beispielsweise funktionsuntüchtig gemacht werden – was in der Regel leichter ist als ihre Optimierung. Das Verfahren muss also nicht einmal weiterentwickelt werden, es reicht aus, es zu vereinfachen, um es als Waffe einsetzen können", sagt Genetiker Guy Reeves, einer der Kritiker.

Hinzu kommt laut einer Mitteilung des Max-Planck-Instituts, dass es keine plausiblen Gründe gibt, Insekten als Transporteure von Genmaterial einzusetzen.

Auch rechtlich heikel

Auch aus völkerrechtlicher Sicht sei das Forschungsprogramm fraglich, heißt es in der Mitteilung weiter. Für eine Bewertung sei entscheidend, ob ein biologisches Forschungsprogramm nur friedlichen Zwecken diene. So verbietet das Übereinkommen über das Verbot biologischer Waffen den über 180 Vertragsstaaten unter allen Umständen die Entwicklung, Produktion oder den Erwerb von Agenzien und Toxinen von Arten und in Mengen, "die nicht durch Vorbeugungs-, Schutz- oder sonstige friedliche Zwecke gerechtfertigt sind".

Darüber hinaus untersagt es die Entwicklung oder Herstellung von "Waffen, Ausrüstungen oder Einsatzmittel, die für die Verwendung solcher Agenzien oder Toxine für feindselige Zwecke oder in einem bewaffneten Konflikt bestimmt sind". Die Autoren argumentieren, dass es sich bei den zum Übertragen der Viren verwendeten Insekten um verbotene Einsatzmittel im Sinne des Übereinkommens handle.

"Daher könnte das Insect-Allies-Programm der Darpa als VerStoß gegen diese Konvention angesehen werden, wenn die friedlichen Zwecke nicht plausibel sind", zitiert die Universität Freiburg Rechtswissenschaftlerin Silja Vöneky. (fee)