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Gabriel Garcia Marquez (87) ist tot

Heute Redaktion
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Der kolumbianische Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez ist tot. Er starb am Donnerstag im Alter von 87 Jahren in seinem Haus in Mexiko-Stadt, so lokale Medien übereinstimmend.

Der  vor über einer Woche aus dem Krankenhaus in Mexiko-Stadt entlassene  Nobelpreisträger war nach Angaben seiner Familie gesundheitlich schwer angeschlagen, er litt an einer Lungenentzündung. Sein Arzt Jorge Oseguera hatte den Gesundheitszustand des 87-Jährigen zuletzt als kritisch beschrieben.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums musste der Schriftsteller auch in seinem Haus noch künstlich beatmet werden. Um den Meister des magischen Realismus war es in den vergangenen Jahren still geworden. Er hatte seit Jahren nichts mehr publiziert, sein Gesundheitszustand war schlecht, nach einer Lungenentzündung wurde er erst vor eineinhalb Wochen aus dem Spital nach Hause entlassen. In der Stunde seines Todes waren seine Frau Mercedes Barcha und seine beiden Söhne Rodrigo und Gonzalo an seiner Seite gewesen.

Einer der wichtigsten Autoren Lateinamerikas

Gabriel Garcia Marquez gilt dank seiner Werke wie "Hundert Jahre Einsamkeit", "Liebe in Zeiten der Cholera" und "Chronik eines angekündigten Todes" als einer der Mitbegründer der literarischen Strömung des magischen Realismus. Zumindest literarisch rückte Südamerika den Europäern ein Stück näher, als Marquez' Roman "Hundert Jahre Einsamkeit" erschien. Denn die Familiensaga aus dem mythischen Urwalddorf Macondo begeisterte auch diesseits des Atlantiks Millionen von Lesern und prägte das Lateinamerikabild von Generationen.

Geboren wurde Garcia Marquez am 6. März 1927 in Aracataca, in der feuchtheißen Karibikregion Kolumbiens, einem Ort, in dem nicht wenige Leser das Vorbild für das sagenhafte Macondo sehen. Nach seinen Schuljahren am Jesuitenkolleg im kühlen Bogota begann er ein Jusstudium, das er aber nie abschloss. Stattdessen befasste er sich mit angelsächsischer Literatur und begann 1948 in der Hafenstadt Barranquilla als Journalist zu arbeiten. 1955 erschien sein erster Roman, "La Hojarasca" (dt. 1975, "Der Laubsturm").

Das Leben des Garcia Marquez ist reich an Anekdoten, wie der, dass er in Barranquilla zeitweilig in einem Bordell wohnte, weil dort die Zimmer billig waren. Auch später war er notorisch klamm, denn als er 1967 "Hundert Jahre Einsamkeit" zu Ende geschrieben hatte und das Manuskript an seinen Verleger in Buenos Aires schicken wollte, reichte das Geld nicht einmal für das volle Porto. Er schickte es daher in zwei Teilen. Zum Glück kamen beide Teile an.

Weltweiter Durchbruch

Denn mit diesem Werk schaffte der Kolumbianer den Durchbruch. Auf geniale Weise verknüpft er darin die Geschichte seines Heimatlandes mit den Mythen der Alten und der Neuen Welt. Historische und mythische Zeit mischen sich unaufhörlich, reale Ereignisse wechseln sich mit fantastischen Begebenheiten ab, wie zum Beispiel der Himmelfahrt der Dorfschönheit Remedios. Der Bürgerkrieg zwischen kolumbianischen Konservativen und Liberalen oder die Machenschaften der United Fruit Company kommen in dem Roman ebenso vor wie die biblischen Motive von Schöpfung, Exodus, Sintflut oder Apokalypse.

Löste Lateinamerika-Boom aus

So wurde Garcia Marquez zum vielleicht wichtigsten Vertreter des Booms der lateinamerikanischen Literatur. Zusammen mit dem Peruaner Mario Vargas Llosa, dem Argentinier Julio Cortazar und dem Mexikaner Carlos Fuentes zeigte er einer staunenden Außenwelt, was Lateinamerika literarisch zu bieten hatte. "Es war ein kraftvolles Erzählen, wie man es in Europa damals nicht hatte. Da wurde aus dem Vollen geschöpft", sagt die deutsche Hispanistin Michi Strausfeld, die über Garcia Marquez ihre Doktorarbeit schrieb.

Auf "Hundert Jahre Einsamkeit" folgte als nächster großer Roman "Der Herbst des Patriarchen" (1975, dt. 1978). Es ist die Geschichte eines Diktators, in dessen Person sich die Charaktere realer lateinamerikanischer Tyrannen mit fantastischen Elementen mischen, eben typisch magischer Realismus. Der General knechtet sein Volk 232 Jahre lang, bevor er endlich stirbt. Doch erst als die Geier schon den Maschendraht von den Fenstern reißen, trauen sich die Menschen in den Palast, um nachzuschauen, ob er wirklich tot ist.

Weltruhm und Auszeichnungen

1982 erhielt er den Literaturnobelpreis. Das Preisgeld investierte er in die Gründung der kolumbianischen Tageszeitung "El Otro". In Cartagena hatte er 1994 eine Journalistenschule gegründet.

1985 erscheint der Roman "Die Liebe in den Zeiten der Cholera", der manchen als Garcia Marquez' schönstes Werk und Klassiker der Weltliteratur gilt. 2007 wird die Lebens- und Liebesgeschichte verfilmt.

Zu den bekanntesten Romanen des Nobelpreisträgers zählen "Der Oberst hat niemand, der ihm schreibt" (1961, dt. 1976) und "Chronik eines angekündigten Todes" (1981). Zuletzt erschien 2004 "Erinnerung an meine traurigen Huren", das den überhohen Erwartungen an einen neuen Garcia-Marquez-Roman aber schon nicht mehr gerecht werden konnte.