Wien

Gänsehäufel-Fans: "Stadt sperrt Senioren aus"

Kritik an den neuen Regelungen für die Wiener Bäder üben einige Kabanenbesitzer im Gänsehäufel. Sie fühlen sich durch die digitale Übersicht "ausgesperrt".

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Kabanenbereich im Wiener Gänsehäufel
Kabanenbereich im Wiener Gänsehäufel
Wikipedia

Wenn am 29. Mai die Wiener Bäder öffnen, werden sich die Gäste auf einige Neuerungen einstellen müssen. So soll der Online-Vorverkauf eine digitale Übersicht schaffen und dafür sorgen, dass nicht zu viele Badefreunde gleichzeitig in die Bäder kommen und die Einhaltung der Sicherheitsabstände gewährleistet bleibt. Zudem wird es nur noch Tagestickets und ein neues Tarifsystem von dem Modell 1-2-3 geben. Das heißt, Kinder zahlen einen Euro (statt bisher 2,10), Jugendliche zwei Euro (bisher 3,40) und Erwachsene drei Euro (bisher 6,20) - wir haben berichtet.

"Kabanen sind das 'Altersheim' des Gänsehäufels, hier ist außer uns niemand"

Gar nicht gut kommen die Maßnahmen der Stadt bei so manchen Senioren an: Sie üben Kritik und fühlen sich ausgesperrt. "Die neue coronabedingte Vorgangsweise des Kartenverkaufes ist eine Zumutung für vorallem alte und oder gehbehinderte Menschen. Laut Auskunft der Bäderhotline wird es diese Saison weder Saison- noch Monatskarten geben wird, ebenso keine Seniorenkarten also auch keine Ermäßigung - außer bei Vorlage einer alten Saisonkarte", ärgert sich etwa Pensionistin Edith B. 

In das gleiche Horn stößt auch eine Gruppe von Kabanen-Besitzern im Gänsehäufel (Donaustadt). Auch sie fühlen sich von der Stadt "ausgesperrt", wie eine Dame gegenüber "Heute" erzählt. "Wir sind seit über drei Jahrzehnten Mieter einer Kabane im Gänsehäufel", erzählt Eva T. (82, Name geändert). Die Kabane liege ganz hinten beim alten Mistplatz, aus den Kabinen gebe es hier nichts – keine Spielplätze, keine Becken, keine Kästchen. "Normale Tagesgäste" würden sich dadurch nicht hierher verirren. "Ich habe in den über dreißig Jahren seit wir die Kabinen haben, noch nie Tagesgäste gesehen, die ihre Handtücher oder Decken ausgebreitet hätten, um dort den Tag zu verbringen. Der Kabanenbereich ist quasi das 'Altersheim' des Gänsehäufels, außer uns ist hier niemand", erzählt Frau T.

Daher sieht sie die Zugangsbeschränkung ins Bad für die Kabinenmieter als ungerechtfertigt an. "Wir kommen dann vielleicht nicht mehr ins Bad hinein, weil es ausverkauft ist.  Gleichzeitig wird der Kabanenbereich aber leer bleiben, weil sich außer uns hier niemand aufhält", klagt die Wienerin.

"Viele haben weder Smartphone noch Internet, Online-Tickets kaufen ist so nicht möglich"

Sorge macht der Seniorin auch, dass sie sich künftig – statt wie bisher mit der Dauerkarte einfach durchzugehen – wie alle anderen beim Eingang ins Gänsehäufel in einer Schlange anstellen müsste. Das würde das Ansteckungsrisiko deutlich erhöhen. "Wir Kabanenmieter sind schließlich alt oder sehr alt und viele von uns haben Vorerkrankungen", so Frau T.
Zu einer zusätzlichen Hürde wird für viele auch der geplante Vorverkauf über das Internet werden. "Viele von uns besitzen keinen Computer oder kein Smartphone. Auch mir ist der Online-Ticketkauf nicht möglich".

Von der Stadt wünscht sie sich nun – stellvertretend für die anderen Mieter der Kabanen im Gänsehäufel – dass die Dauereintrittskarte für diesen Bereich weiter gilt und die betagten Mietern ohne langes Anstellen beim Eingangsbereich ins Bad können.

Stadt erklärt: "Corona macht gewohnte Nutzung der Bäder unmöglich"

Auf Anfrage von "Heute" erklärt Martin Kotinsky von der MA44-Wiener Bäder die Maßnahmen: "Die derzeitige Situation stellt für alle eine große Herausforderung dar. Die Maßnahmen des Bundes zielen darauf ab, die Ausbreitung der COVID 19– Pandemie weitestgehend zu beschränken. Diese Regelungen sind auch für uns bindend, eine Nutzung der Anlagen in langjährig gewohntem und bewährtem Umfang kann heuer für keinen Badegast gewährleistet werden".

Als Betreiberin der öffentlichen Bädern Wiens sieht die MA44 ihre Aufgabe darin, trotz Corona möglichst vielen Wienern einen Badebesuch zu ermöglichen. "Wir erwarten Besucherbeschränkungen, die nur in etwa 50% des üblichen Höchstbesuches, zum Start vielleicht sogar nur 25%, entsprechen", so Kotinsky.

Der Badebesuch werde daher heuer für alle Badegäste von der Eintrittsbeschränkung abhängig sein. "Der Einlass erfolgt nach Maßgabe des zur Verfügung stehenden Kontingents. Deshalb werden derzeit alle Saisonumkleidenbeträge zurückbezahlt und auch die Gültigkeit von Monatskarten bis Saisonende ausgesetzt".

Die von den Mietern der Kabanen im Gänsehäufel geforderte bevorzugte Behandlung lehnt die Stadt ab. Denn diese ginge jedenfalls zu Lasten anderer Personengruppen, denen der Eintritt durch die bestehenden Auflagen dann nicht gewährt werden könnte. "Eine solche Bevorzugung lässt sich heuer sachlich nicht rechtfertigen. Auch wenn dies für den Einzelnen unerwünschte Einschränkungen bedeutet, ermöglicht es einem breiteren Bevölkerungsanteil die Inanspruchnahme unseres Angebots zu fairen Bedingungen", betont Kotinsky.

Bade-Tickets können direkt und im Voraus gekauft werden

Um Badegästen einen leichteren Zugang zum Bad zu ermöglichen, werde zusätzlich ein Vorverkaufsmodell eingesetzt, das in allen Bäderstandorten einen Vorverkauf von Eintrittskarten bis zu drei Tage im Voraus für alle Bäderstandorte ermöglicht. Online Tickets oder Online Reservierungen sind dabei dann nicht möglich.

"Mit den Vorverkaufskarten kann der Eintritt in das Bad ebenso zügig wie bisher mit Saisonkarten erfolgen, diese mussten auch bei Betreten des Bades vorgezeigt werden. Als zusätzliches Service wird die Auslastung aller Freibäder zudem online auf der Stadt Wien live-App sowie im Internet angezeigt werden", betont Kotinsky.