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Ganz YouTube passt auf ein paar Gramm künstliche DNA

Zwei Forscher der ETH Zürich haben einen neuartigen Datenspeicher entwickelt. Darauf können sie immense Datenberge speichern.

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    Die Chemiker Wendelin Stark und Robert Grass (rechts) forschen an der ETH.
    Die Chemiker Wendelin Stark und Robert Grass (rechts) forschen an der ETH.
    EPA

    Musik oder eine Serie in DNA speichern? Was klingt wie Science-Fiction, ist bereits Realität. So haben die zwei ETH-Professoren Robert Grass und Wendelin Stark bereits im Jahr 2018 Teile des Albums "Mezzanine" von Massive Attack in DNA abgelegt. Letztes Jahr speicherten sie die erste Episode der deutschen Netflix-Serie "Biohackers" in künstlichem Erbgut.

    Die Technologie der ETH-Forscher hat einen praktischen Nutzen: Denn bisher ist es nur sehr schwer möglich, Daten über Jahrhunderte hinweg aufzubewahren. Genau das soll nun möglich werden. Die Chemiker nutzen dazu synthetische DNA. Ungeschützt zersetzt sich dieses Material relativ schnell. Mit ihrem Verfahren ist es ihnen aber gelungen, die Daten in winzige Glaskügelchen zu versiegeln.

    Vorbild Fossilien

    In einer Menge von ein paar Gramm synthetischer DNA lassen sich so 400.000 Terabyte Daten speichern. Das entspricht allen momentan auf YouTube verfügbaren Filmen. Nun sind die ETH-Forscher für den Europäischen Erfinderpreis 2021 in der Kategorie "Forschung" nominiert. Die Gewinner des Preises werden am 17. Juni bekannt gegeben.

    Abgeschaut haben sie sich das Prinzip des DNA-Speichers von Fossilien. In ihnen ist die DNA, der älteste Code der Welt, über hunderttausende von Jahren konserviert. "Die Herausforderung war, DNA stabil zu machen", sagt Grass. "Fossilien erwiesen sich als der richtige Weg. Daher untersuchten wir die chemische Struktur von Glasablagerungen auf der DNA, was uns zu der Verkapselungstechnologie führte."

    2.000 Jahre Lagerung

    Schon im Jahr 2012 bildeten Grass und Stark diesen Schutzeffekt nach, indem sie synthetische DNA in Glaspartikel einschlossen, die bis zu 10.000 Mal dünner als ein Blatt Papier sind. Diese Glasfossilien schützen die DNA vor Korrosion und Temperaturschäden. Die Daten können mithilfe einer Fluoridlösung später wieder gelesen werden. Dabei wird das Glas aufgelöst, aber die Information nicht beschädigt.

    Daten, die mit der Methode der ETH-Forscher gespeichert werden, könnten Jahrhunderte überdauern. In einem Test bei einer einwöchigen Lagerung von 70 Grad Celsius war eine fehlerfreie Datenwiederherstellung möglich. Der Zeitraum und die erhöhte Temperatur entspricht der Umwelteinwirkung von 2.000 Jahren Lagerung bei durchschnittlichen Temperaturen in Mitteleuropa.

    Hohe Kosten

    Allerdings sind heute die Kosten für das Schreiben von künstlicher DNA noch zu hoch, dass eine Anwendung im Alltag Sinn macht. Grass und Stark arbeiten jedoch daran, die Kosten zu senken. Sie sind zuversichtlich, dass in den kommenden Jahren DNA-Speicher für wenige Franken verfügbar sein werden. "Wir stellen uns in nicht allzu ferner Zukunft eine Welt vor, in der DNA-Speicher als Alltagstechnologie verfügbar sind", sagt Grass.

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