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Gathering Storm im Test: Klima und Killerroboter

Der zweite DLC für Civilization VI, Gathering Storm, führt Naturkatastrophen in den PC-Titel ein. Nicht die einzige interessante Neuerung.

Heute Redaktion
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Nachdem die erste "Civ"-Erweiterung "Rise and Fall" Civilization VI eine Loyalitäts-Mechanik und verschiedene Zeitalter beschert hat, geht die neue Erweiterung "Gathering Storm" noch tiefer in die Materie. Gathering Storm führt nämlich nicht nur neue Mechaniken ein, sondern rundet das Civilization-Erlebnis auch noch zu einem Spiel-Ökosystem ab.

Hauptaugenmerk der PC-Erweiterung liegen auf Klimawandel, Naturkatastrophen und Diplomatie. Anfangs sticht aber erst einmal das riesige Angebot an Anführern ins Auge, mit denen man sein Volk in die Zukunft führen soll. Aus den ursprünglich 45 Anführern macht Gathering Storm nun 60. Wer also mit jedem einzelnen Anführer eine Kampagne absolvieren will, sollte hohe drei- bis vierstellige Spielstunden einplanen.

Auch die neuen Anführer bringen dabei durchaus unterschiedliche Fähigkeiten mit sich. Schweden-Chefin Kristina etwa ermöglicht es, Siege auch abseits des Schlachtfelds über Kultur und Diplomatie zu erringen. Dido von Phönizien wiederum verschafft Spielern einen Vorteil am Meer und kann ihre Hauptstadt von einer Stadt zur nächsten zu verlegen, wenn dies strategisch nötig ist. Eleonore von Aquitanien kann eine von zwei Zivilisationen, England oder Frankreich, anführen und lässt die Loyalität der Menschen in fremden Städten ihren Anführern gegenüber nachlassen.

Ein Spiel, 60 Erlebnisse

Egal ob man sich auf einen Anführer, der ein speziellen Terrain beherrscht, oder einen, der Kampf, Diplomatie oder Kultur meistert, stützt, Civilization VI macht die Wahl in der Spielweise überaus deutlich, auch wenn es weder überlegene, noch unfair benachteiligte Kandidaten gibt. So gesehen ist Civilization VI und besonders Gathering Storm ein Spiel, das sich auf rund 60 verschiedene Weisen immer neu erleben lässt. Und das so perfekt abgestimmt, dass nie Frust aufkommt.

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Während die Anführer in jeglicher Hinsicht und jeglichem Schwierigkeitsgrad ihr volles Potenzial entfalten, gilt das vor allem beim Klimawandel in den unteren und mittleren Schwierigkeitsgraden nicht vollends. Wer das Strategiespiel gerne etwas einfacher spielt, bei dem bleiben Überschwemmungen und Vulkanausbrüche etwas zahnlos. Die Katastrophen sind nicht ganz so katastrophal, selbst bei höchster Klimaerwärmung. Und der steigende Meeresspiegel kommt wohl bei Inselkarten stärker zum Tragen, als wenn man am sicheren Land spielt.

Die Schönheit der Katastrophe

Wenn nun Überschwemmungen nur an Flüssen und Meeren auftreten und Vulkanausbrüche am Fuße rauchender Berge, warum sollte ich dann überhaupt dorthin siedeln? Für diese Frage hat Gathering Storm eine tolle Antwort gefunden: Weil das Risiko, dass Städte teils zerstört werden, riesigen Bonis gegenüberstehen. Sind nach einer Überflutung die Schäden erstmal beseitigt, findet der Spieler ein fruchtbareres Land vor und kann die Verluste mit deren Nutzung schnell mehr als ausgleichen.

Und noch mehr: Ab der Mitte einer Kampagne kommen langsam Technologien ins Spiel, die die Naturkatastrophen zu einem gewissen Grad nutzbar machen. Ein Staudamm macht so aus dem bedrohlichen Wasser gleich eine Wasserversorgungsanlage und mindert die Schäden ab. Apropos Technologie: Diese sind absolut faszinierend umgesetzt und führen zu einem coolen neuen Endgame inklusive riesiger Killerroboter. Alles in allem sind die Neuerung nicht nur ein Segen für die Spielvielfalt, sondern scheinen extrem realitätsnah umgesetzt worden zu sein. Das freut viele Strategen – wer es nicht mag, kann Katastrophen und Co. aber auch einfach abschalten (oder noch stärker wirken lassen).

Überwältigende Klima-Effekte

Neben den Naturkatastrophen schlägt in Gathering Storm auch das Klima zu – allerdings nicht so gnadenlos. Interessant ist die Neuerung trotzdem. Wer etwa viel Kohle und Öl verbrennt, statt andere Technologien zu nutzen, hat zwar einen kurzfristigen Nutzen, wird sich aber bald mit Stürmen und Dürren sowie deren teurer Bekämpfung beschäftigen müssen. Gänzlich neu ist auch das Abschmelzen der Eiskappen der Pole, deren Wirkung sich erst spät im Spiel zeigt – wenn ganze Landstriche im Meer verschwinden und unbenutzbar werden. Und wieder ist das Spiel hierbei nicht unfair, sondern zeigt an, welche Gebiete gefährdet sind und wie sich das Geschehen abspielen wird. Wobei es dann in diesem Aspekt aus dem Rahmen fällt, denn so realistisch vieles ist, warum kann und muss der Spieler wissen, welches Gebiet tausend Jahre später im Meer versinken wird?

Abseits davon wird in Gathering Storm erforschbare Technologie noch wichtiger und ein Wettlauf mit der Zeit. Wer früh auf erneuerbare Energien setzt und seine Städte sichert, wird später weniger Probleme haben. Wer allerdings auf Militär und Brennstoffe fokussiert, dürfte in vielen Fällen das Aus seiner Zivilisation erleben – aber auch eine Herausforderung, die Gesellschaft trotzdem irgendwie retten zu können.

Realistischer, eingehender, behutsamer

Die mit Gathering Storm eingeführten Neuerungen sind gewaltig, ihre Effekte wurden aber behutsam integriert. Während die Wirkung der Diplomatie zwar interessant ist, bleiben ihre Möglichkeiten etwas undurchsichtig. So kann man sich bei fremden Anführern über das Verhalten ihres Militärs oder Volks beschweren und Wiedergutmachung einfordern, die Reaktion des Gegners ist aber oftmals unvorhersehbar – und manchmal unlogisch. Dennoch geht das Feature in die richtige Richtung, vor allem wenn damit Handel gestärkt oder Kampfkraft gebündelt werden kann.

Klimawandel und Naturkatastrophen wiederum sind im Spiel realistisch umgesetzt worden, ohne den Spielfluss durch ihr ständiges Auftreten zu zerstören oder (zu) drastische Auswirkungen zu haben. Insgesamt verbessern die Änderungen den Spielspaß und die Dynamik deutlich zum besseren und erfordern ein längerfristiges strategisches Denken. Civilization VI: Gathering Storm zeigt sich insgesamt als gutes Addon, das es definitiv genial schafft, mit Klimawandel und Naturkatastrophen zu beeindrucken, auch wenn sie nicht so extreme Auswirkungen haben. (hos/rfi)