In seiner Neujahrsansprache geht Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf die laufenden Regierungsverhandlungen ein. Dabei gehe es – "wie in jeder Familie" – um den Ausgleich von Interessen und das Finden gemeinsamer Lösungen. "Und natürlich ist das – offen gesagt – auch eine Geduldsprobe für uns alle", so das Staatsoberhaupt.
Eines sei ihm aber jetzt "sehr, sehr wichtig", so VdB – diese Zeit für die Beantwortung einer Grundsatzfrage zu nutzen: "In welchem Land wollen wir leben? Was soll Österreich sein? Und was sollen die Menschen in dreißig, in hundert Jahren, über das Österreich von heute denken?"
"Wir brauchen ein gemeinsames Bild davon, wie unser Land aussehen soll", appelliert das Staatsoberhaupt und nennt in seiner Rede dann einige aus seiner Sicht wichtige Punkte.
„In welchem Land wollen wir leben? Was soll Österreich sein? Und was sollen die Menschen in dreißig, in hundert Jahren, über das Österreich von heute denken?“Alexander Van der BellenBundespräsident
Er glaube an ein "kulturell reiches Österreich", so VdB: "Das Land von Mozart und Lassnig und Jelinek. Von Falco und Wanda und Gabalier. Ein Land der Künste, des Theaters, der Oper. Das Land einer reichen Volkskultur, das Vielfalt schätzt. Ein Land der Lebenskunst."
Es sei ein Land, "das es seit frühen Tagen versteht, Konflikte nicht in Unversöhnlichkeiten enden zu lassen, sondern Gegensätze zu verheiraten", spielt VdB auf den berühmten Spruch "Tu Felix Austria Nube" (Du glückliches Österreich heiratest) an, bei dem es um die geschickte Heiratspolitik der Habsburger geht.
In so einem Österreich wolle er leben. "Diese ureigene, uralte Fähigkeit, Gegensätze zu versöhnen, hat uns immer geholfen. Und sie wird uns auch in Zukunft helfen, in jeder Dimension unserer Existenz", sagt VdB.
Er wolle in einem Österreich leben, das mit seinem "unfassbaren Reichtum an Naturschätzen" sorgsam umgehe. Es gelte, einen Weg zu finden, "diese wirtschaftlich zu nutzen, ohne ihre und unsere Seele zu verkaufen".
"Unsere Berge, unsere Seen und Wälder, aber auch unsere wunderbaren Städte sind einzigartig. Gibt es ein schöneres Kompliment, als dass man andernorts Plätze wie Hallstatt so magisch findet, dass man sogar versucht, sie nachzubauen?", fragt der Bundespräsident.
"Ich glaube an ein Österreich, das das lebenswerteste Land der Welt ist", fährt VdB fort: "Mit der lebenswertesten Umwelt für unsere zukünftigen Generationen. Wo der Schutz der natürlichen Ressourcen, der Wälder und der Biodiversität ernst genommen wird."
Und er glaube "an ein Österreich mit einer gerechten Gesellschaft, in der alle Menschen gleiche Chancen haben". Ein Land, "wo Armut und Ungleichheit bekämpft werden. Wo Mädchen und Buben in der Schule, wo Mann und Frau am Arbeitsmarkt nicht diskriminiert werden".
Auch an ein "schlaues Österreich", glaube er, betont der Präsident. Wo wir "die Bildungsqualität vom ersten Lebensjahr an verbessern, in Forschung und Technologie investieren und uns auf die digitale Transformation vorbereiten". Ebenso an ein Land, "in dem Menschen sich freudvoll anstrengen, weil sie wissen, dass sich ihre Anstrengungsbereitschaft lohnt".
Ihm sei zudem ein Österreich wichtig, das sich der Vorteile der EU-Mitgliedschaft bewusst sei – "und nicht dem populistischen Trugbild von Souveränität durch Verzwergung auf den Leim geht", liefert VdB einen Seitenhieb auf EU-Kritiker.
Und er glaube an ein "respektvolles Österreich. An ein Österreich als liberale Demokratie, in der die rechtsstaatlichen Institutionen geachtet werden und die Justiz unabhängig arbeitet. An ein Land ohne Hass, Häme und Vorurteile. Ein Land, in dem Hilfesuchenden geholfen wird und gleichzeitig unsere Art, zu leben, respektiert wird".
Da sei "das Österreich, in dem ich leben will", sagt VdB: "Das ist das Land, zu dem ich sage: Du glückliches Österreich", schließt er mit dem Appell, sich weitere Dinge zu überlegen, "die unser Land ausmachen und ausmachen werden".
"Ein wunderbares Jahr 2025" wünscht das Staatsoberhaupt zum Schluss: "Möge es voll positiver Überraschungen sein."