Wien

Gehbehinderte Frau im Stephansdom abgeführt

Gisela R. versteht die Welt nicht mehr: Weil die 75-Jährige beim Beten im Wiener Steffl keine Maske auf hatte, wurde sie von der Polizei abgeführt.

Roman Palman
Teilen
Gisela R. (75) wurde von der Polizei aus dem Stephansdom geholt, weil sie keine Maske trug.
Gisela R. (75) wurde von der Polizei aus dem Stephansdom geholt, weil sie keine Maske trug.
ICI

Die gläubige Katholikin war am 17. Mai nach Wien gefahren, um an einer Anti-Corona-Demo teilzunehmen. Dabei habe sie eine Frau kennengelernt, mit der sie im Anschluss in den Stephansdom gepilgert sei, um zu beten. In dem weitgehend leeren Dom und in großem Abstand zu anderen Besuchern habe sie sich an den Marienaltar gesetzt – ohne Mund-Nasen-Schutz. 

"Weil ich zu meinem Vater im Himmel ohne Maske beten möchte, es gibt ein Recht auf freie Religionsausübung", begründet Gisela R. (75) ihr Handeln im Video-Interview (siehe unten) mit der Initiative für Evidenzbasierte Corona Information (ICI). Keine Maske zu tragen, erwies sich aber bald als schwerer Fehler: Ein Domaufseher rief die Polizei.

"Gleich zwei sind auf mich zugekommen und haben mich am Arm gepackt und wollten mich rauszerren", erinnert sich die 75-Jährige weiter. "Ich hab nur gesagt: 'Jesus Christus ist der Herr der Kirche, was macht die Polizei hier, das ist ja wie im Kommunismus'".

Nach Darstellung der ICI wurde die gehbehinderte Frau – sie warte seit mehreren Monaten auf zwei Knie-OPs – danach "von der Polizei über den Stephansplatz geschleift". Erst nach vier Stunden in Polizeigewahrsam sei sie gegen Mitternacht schließlich von der Amtsärztin entlassen worden. Eine Strafanzeige folgte auf dem Fuße: 120 Euro soll die Seniorin wegen "Störung der Religionsruhe" nun zahlen. 

Gisela R. erhielt diese Strafverfügung über 120 Euro
Gisela R. erhielt diese Strafverfügung über 120 Euro
ICI

"Jetzt ist ja Corona das Gesetz"

Als sie dagegen Einspruch einlegte, "weil sie kein Hund ist, der eine Maske benötigt" und nach einer Lungenembolie aus medizinischen Gründen überhaupt keine solche tragen dürfe, sei sie laut ICI wenige Tage später von drei Polizisten zu Hause aufgesucht, befragt und nochmals zur Einvernahme auf eine Polizeiinspektion zitiert worden. 

"Ich bin eine freie Bürgerin, die auf ihre Menschenrechte pocht und keine diktatorischen Gesetze befolgen muss. Die Politik setzt sich hier über das Gesetz hinweg", klagt Gisela R. "Aber es gibt ja keine Gesetze mehr, jetzt ist ja Corona das Gesetz".

1/7
Gehe zur Galerie
    (v.l.), Kultusministerin Susanne Raab (ÖVP) und Dompfarrer Toni Faber zelebrierten am 15. Mai 2020 die Wiederaufnahme der öffentlichen Gottesdienste im Stephansdom.
    (v.l.), Kultusministerin Susanne Raab (ÖVP) und Dompfarrer Toni Faber zelebrierten am 15. Mai 2020 die Wiederaufnahme der öffentlichen Gottesdienste im Stephansdom.
    picturedesk.com/APA/Hans Punz

    Polizei: Lärmendes Trio störte Messe

    Aus dem am Folgetag veröffentlichten Bericht der Landespolizeidirektion Wien geht hervor, dass die Lage im Stephansdom schon vor dem Eintreffen der Polizisten eskaliert sein soll. Zwei Frauen und ein Mann hätten plötzlich begonnen laut herumzuschreien, heißt es seitens der Exekutive. Weil sich das Trio nicht beruhigen wollte und offenbar auch gegen die Covid-19-Maßnahmen verstieß, sei schließlich die Polizei alarmiert worden – "Heute" berichtete.

    Eine 49-jährige, amtsbekannte Frau und ihre Begleiterin Gisela R. seien in Folge "aufgrund ihrer teils wirren Verhaltensweisen" zur amtsärztlichen Untersuchung auf eine Polizeiinspektion gebracht worden. Dabei soll die 49-Jährige zwei Beamte attackiert haben, die dadurch leicht verletzt wurden. Die Randaliererin, Gisela R. und der beteiligte Mann (beide auf freiem Fuß) seien daraufhin mehrfach, unter anderem wegen Störung der Religionsausübung und Zuwiderhandeln gegen die Corona-Verordnungen, angezeigt worden.