Patienten stehen stundenlang Schlange vor Arzt-Praxis

Bizarre Bilder aus Lienz erschüttern Österreich. Am Montag in aller Herrgottsfrüh hatten sich Dutzende Menschen in einer langen Schlange aufgestellt. Es gab keine Schnäppchen zu ergattern oder ein limitiertes Sonderangebot abzustauben, sie hofften darauf, einen Termin bei Augenarzt Matthias Dapra zu ergattern.

Bei diesem war es bereits im vergangenen Jahr schwierig abseits eines Notfalls einen Termin zu bekommen, am 9. Jänner schlug es aber dem Fass den Boden aus. An diesem Montag hatte der Wahlarzt nämlich die Jahrestermin-Vergabe und Neupatienten-Registrierung anberaumt.

Drei Stunden Warten in der Kälte

Viele hatten sich deshalb schon ab 5.30 Uhr früh – drei Stunden vor der Öffnung der Praxis – eingefunden. Medienberichte sprechen von "Mehr als hundert Leute" bzw. bis zu 150 Personen, die teilweise gleichzeitig angestellt gewesen sein sollen.

"Eine Freundin hat sich um sechs Uhr angestellt, da war sie die Zwölfte. Ich selber stehe jetzt auch schon zwei Stunden. So etwas habe ich noch nie erlebt", zitiert die "Kleine Zeitung" eine Frau vor Ort. Sie und viele andere wollten anonym bleiben, aus Angst, deshalb auch in diesem Jahr womöglich keinen Termin zu bekommen.

"Ich bin erst kürzlich an der Schilddrüse operiert worden und muss stundenlang in der Kälte stehen. Diese Organisation ist inakzeptabel", klagt eine andere Frau, die schon seit drei Jahrzehnten hier Patientin ist. Anrufe oder E-Mails im Vorfeld seien von dem Team des Arztes nicht berücksichtigt worden. 

Augenarzt "überrascht" von Andrang

Der Auslöser der Misere: Matthias Dapra hatte mit Jahresbeginn die offiziell die Praxis von seinem Vater, der noch Kassenarzt war, übernommen. Wer sich nun auch beim Junior weiter behandeln lassen möchte, muss sich als Neupatient registrieren. Das stellte die drei Angestellten des Mediziners offenbar vor eine Herkules-Aufgabe.

Der Augenarzt selbst sagte im kurzen Gespräch mit dem "ORF Tirol", er sei selbst "überrascht von dem großen Andrang". Er bemühe sich aber, jedem einen Termin zukommen zu lassen.

"Skandal", "unhaltbare Zustände"

Die lange Warteschlange wirft ein trübes Licht auf die bereits zugespitzte Fachärzte-Situation im Bezirk. "Seit über einem halben Jahr weiß man, dass der Bezirk unterbesetzt ist, jetzt wird sogar für zwei von drei Augenarzt-Kassenstellen eine Nachfolge gesucht, das sind unhaltbare Zustände", donnert AK-Tirol-Präsident Erwin Zangerl gegenüber der "Kleinen". Er fordert die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) auf, "jetzt endlich" die Versorgung im Bezirk Lienz sicherzustellen.

Die Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik (SP) zeigte sich ebenfalls schockiert und sprach von einem "Skandal", dass es nur mehr eine Augenarzt-Kassenstelle in Lienz gebe: "Das ist definitiv zu wenig für den Bezirk. Zu unserem Einzugsbereich gehört ja auch noch Oberkärnten dazu. Es wird daran gearbeitet, mindestens noch eine zweite Kassenstelle zu besetzen. Da sind jetzt die Ärztekammer und die Krankenkasse gefordert."