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Wahlbeben in Italien: Giorgia Meloni siegt klar

Italien hat gewählt: Giorgia Meloni (45) wird neue Ministerpräsidentin. Die Postfaschistin setzte sich gegen den Sozialdemokraten Enrico Letta durch.

Die neue Ministerpräsidentin Italiens steht fest: Giorgia Meloni von der rechten Partei "Brüder Italiens".
Die neue Ministerpräsidentin Italiens steht fest: Giorgia Meloni von der rechten Partei "Brüder Italiens".
REUTERS

Giorgia Meloni von der rechten Partei "Brüder Italiens" ist die neue Ministerpräsidentin und gleichzeitig die erste Frau an der Spitze von Italien. Politologe Jonathan Slapin ordnet ein.

Herr Slapin, welche Bedeutung hat der Wahlsieg von Giorgia Meloni?

Es ist bemerkenswert, dass eine Frau die Wahl gewonnen hat. In der italienischen Politik sind Frauen ganz klar in der Minderheit. Dass nun eine Frau das Land regiert, ist ein starkes Zeichen. Für die Rechte der Frauen in Italien ist ihre Wahl aber ein Rückschritt. Meloni vertritt stark konservative Werte. Sie macht sich für traditionelle Werte und Rollenbilder stark und hat zudem wenig Verständnis für die Forderungen der LGBTQ+-Community.

Was wird von Meloni erwartet?

Die Wählerinnen und Wähler von Meloni stecken viel Hoffnung in sie. Die Corona-Pandemie hat Italien stark getroffen. Das Land verzeichnete hohe Todeszahlen. Zudem hat die italienische Wirtschaft, insbesondere die Tourismusbranche, stark gelitten. Ebenso ist die Einwanderungspolitik ein Dauerthema. Die Bevölkerung zeigt sich aufgrund der Zunahme der Migrationsströme in den letzten Jahren besorgt. Viele Italienerinnen und Italiener sind der Meinung, dass die Regierung dieses Problem bisher nicht lösen konnte und hoffen nun, dass Meloni sich diesem Thema annimmt und eine Lösung findet.

Meloni gilt als Postfaschistin. Weshalb und was will sie umsetzen?

Obwohl Meloni versucht, sich von dem "faschistischen" Etikette zu distanzieren, erinnert vieles in ihrer Partei an den Faschismus. Ihre Partei "Brüder Italiens" hat sich aus der faschistischen Partei Italiens im Zweiten Weltkrieg entwickelt. Meloni greift Parolen aus dem Zweiten Weltkrieg in ihrem Wahlprogramm auf und spielt bewusst damit. So verwendet sie etwa die "Fiamma tricolore" auf ihren Wahlplakaten, welches bereits die faschistische Partei nach dem Krieg als Logo verwendete. Sie will die Migration beschränken und Flüchtlinge aus Nordafrika in ihre Heimatländer zurückschicken. Weiter will sie die Kriminalität härter angehen. Konkrete Lösungen hat sie bisher nicht präsentiert.

Für wie gefährlich halten sie ihren Wahlsieg?

Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg hat es in Europa eine faschistische Partei an die Spitze einer nationalen Regierung geschafft. Auch wenn Meloni nicht der nächste Mussolini wird, birgt ihre Wahl die Gefahr, dass rechtsradikale Inhalte in der Gesellschaft vermehrt als normal betrachtet werden. Rechte Parteien werden sich zudem künftig stärker trauen, rechtsradikale Inhalte zu verbreiten.

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    Giorgia Meloni ist die Gründerin der Fratelli d’Italia und gilt als extrem rechts stehende Politikerin.
    Giorgia Meloni ist die Gründerin der Fratelli d’Italia und gilt als extrem rechts stehende Politikerin.
    ANDREAS SOLARO / AFP / picturedesk.com
    Was bedeutet der Wahlsieg für Italien und Europa?

    Dieser heftige Rechtsrutsch wird Italien die internationale Zusammenarbeit erschweren. Meloni wird eine Außenseiterrolle einnehmen. In den europäischen Regierungen ist sie eine Unbekannte. Sie muss sämtliche persönliche Beziehungen zu anderen Regierungsvertreterinnen und -vertretern zuerst aufbauen. Zudem sind rechtsradikale Politiker in Europa in der Minderheit. Sie wird sich mit anderen Rechtsradikalen wie Marine Le Pen oder Viktor Orban verbünden, die europäisch bei Entscheidungen immer noch unterliegen. Sie wird nicht viele Gleichgesinnte finden. Ihre Meinung zum Ukraine-Krieg könnte ihr jedoch Sympathien verschaffen. Sie spricht sich seit längerem für Waffenlieferungen an die Ukraine aus und befürwortet das Handeln der USA.

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