Politik

"Gipfel des Egoismus" – Doskozils Corona-Abrechnung

Hans Peter Doskozil kritisiert im "Heute"-Gespräch fehlende bundesweite Corona-Vorgaben. Die Regierung sei "an einer Diskussion nicht interessiert".

Clemens Oistric
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Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil findet klare Worte für Kanzler Sebastian Kurz und Hotelier Christian Harisch.
Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil findet klare Worte für Kanzler Sebastian Kurz und Hotelier Christian Harisch.
Denise Auer, Helmut Graf, Picturesk – Montage: "Heute"

"Heute": Herr Landeshauptmann, Sie waren bei der Videokonferenz der Regierung Montagfrüh dabei. Wie stark konnten die Bundesländer hier ihre Standpunkte einbringen?

Hans Peter Doskozil: Es war leider – wie auch bisher schon so –, dass die Bundesregierung an einer echten Diskussion nicht interessiert war. Einzelne Länder haben sich jedoch nicht verschwiegen. Ich auch nicht.

Was haben Sie dort eingebracht?

Das, was ich Ihnen auch sage: Es braucht jetzt statt weiterer Verunsicherung klarere Vorgaben von Bundesseite. Der Kanzler darf die Verantwortung nicht auf die Länder und die Bevölkerung abwälzen. Der Bund ist oberste Gesundheitsbehörde. Punkt.

Dem Vernehmen nach sollen einige Länder den fehlenden bundesweit einheitlichen Zugang kritisiert haben. Sind Sie etwa für eine einheitliche Sperrstunde?

Ich bin für eine bundeseinheitliche Regelung bei der Corona-Ampel. Es ist unverständlich, warum in unterschiedlichen Bundesländern unterschiedliche Maßnahmen bei der jeweils gleichen Ampel-Farbe gelten. Es braucht verbindliche Vorgaben für die einzelnen Farben – einheitlich von Vorarlberg bis Burgenland. Auf dieser Basis könnte man dann auch Bereiche regeln, die derzeit bundesländerweise sehr unterschiedlich gehandhabt werden – z.B. Sperrstunde und Gästeregistrierung in der Gastronomie, Zuschauer beim Amateurfußball, Besuche in Pflegeheimen oder generell die Besucherzahlen bei Veranstaltungen. Das würde der Bevölkerung eine klare Orientierung geben. Ein regionaler "Fleckerlteppich" hilft wenig.

"Lockdown, um Saison zu retten? Das ist der Gipfel des Egoismus"
Hans Peter Doskozil im Gespräch mit Clemens Oistric (<em>"Heute"</em>)<br>
Hans Peter Doskozil im Gespräch mit Clemens Oistric ("Heute")
Denise Auer

Halten Sie die Maßnahmen der Regierung für ausreichend, oder wären Sie, wie etwa einige Touristiker, für einen "Lockdown light"?

Im Burgenland sind wir ausgezeichnet durch die bisherige Tourismussaison gekommen – Gäste und Mitarbeiter in den Betrieben haben da ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein an den Tag gelegt. Dass jetzt einzelne Touristiker aus Tirol einen Lockdown fordern, um "ihre" Wintersaison zu retten, ist der Gipfel des Egoismus. Wir müssen jetzt im Gegenteil die nötigen Maßnahmen setzen, um einen weiteren Lockdown zu verhindern. Und zwar nicht im Interesse der Tiroler "Adlerrunde" – sondern im Interesse der vielen Arbeitnehmer, die sonst unter die Räder kommen und von der Bundesregierung keine Hilfe zu erwarten haben.

Beabsichtigt das Burgenland strengere regionale Maßnahmen, ist etwa ein Alkoholverbot denkbar?

Wir haben bisher mit Augenmaß agiert und sind bisher aufgrund der großen Disziplin der Burgenländer recht gut durch diese Krise gekommen. Strengere Maßnahmen sind daher vorerst nicht vorgesehen. Es muss nun vorrangig darum gehen, sensible Gesellschaftsbereiche und besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen zu schützen. Das Burgenland hat daher schon im Sommer eigene Regelungen, etwa für Pflegeheime, verordnet. Wir beobachten die weitere Entwicklung genau und appellieren auch an die Bevölkerung, alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten.