Der deutsche Literaturnobelpreisträger Günter Grass will sein neues Gedicht zu Europas Griechenland-Politik nicht weiter kommentieren. "Er möchte es nicht ergänzen", sagte seine Sprecherin Hilke Osohling am Samstag. Alles, was er zu sagen habe, stehe in dem Gedicht. In dem in der Süddeutschen Zeitung erschienenen Werk mit dem Titel "Europas Schande" beklagt Grass unter anderem, dass Griechenland "als Schuldner nackt an den Pranger gestellt" und "unter Schrottwert taxiert" werde.
Der deutsche Literaturnobelpreisträger Günter Grass will sein neues Gedicht zu Europas Griechenland-Politik nicht weiter kommentieren. "Er möchte es nicht ergänzen", sagte seine Sprecherin Hilke Osohling am Samstag. Alles, was er zu sagen habe, stehe in dem Gedicht. In dem in der Süddeutschen Zeitung erschienenen Werk mit dem Titel "Europas Schande" beklagt Grass unter anderem, dass Griechenland "als Schuldner nackt an den Pranger gestellt" und "unter Schrottwert taxiert" werde.
Vor knapp zwei Monaten war der 84-Jährige wegen seines israelkritischen Gedichts "Was gesagt werden muss" scharf angegriffen worden. Ihm wurde Antisemitismus vorgeworfen, Israel erklärte den Autor zur unerwünschten Person. Grass sah eine Kampagne gegen sich.
Günter Grass war mit seinem Roman "Die Blechtrommel" (1959) weltbekannt geworden. 1999 erhielt er den Literaturnobelpreis. Grass galt lange als moralische Instanz in Deutschland. Sein spätes Eingeständnis (2006 in seinem autobiografischen Werk "Beim Häuten der Zwiebel"), dass er kurz vor Kriegsende bei der Waffen-SS war, brachte ihm jedoch den Vorwurf ein, viel von seiner moralischen Glaubwürdigkeit verspielt zu haben.
Heute.at hat für Sie das Skandal-Gedicht zum Nachlesen:
Europas Schande Von Günter Grass
"Dem Chaos nah, weil dem Markt nicht gerecht, bist fern Du dem Land, das die Wiege Dir lieh.
Was mit der Seele gesucht, gefunden Dir galt, wird abgetan nun, unter Schrottwert taxiert.
Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt, leidet ein Land, dem Dank zu schulden Dir Redensart war.
Zur Armut verurteiltes Land, dessen Reichtum gepflegt Museen schmückt: von Dir gehütete Beute.
Die mit der Waffen Gewalt das inselgesegnete Land heimgesucht, trugen zur Uniform Hölderlin im Tornister.
Kaum noch geduldetes Land, dessen Obristen von Dir einst als Bündnispartner geduldet wurden.
Rechtloses Land, dem der Rechthaber Macht den Gürtel enger und enger schnallt.
Dir trotzend trägt Antigone Schwarz und landesweit kleidet Trauer das Volk, dessen Gast Du gewesen.
Außer Landes jedoch hat dem Krösus verwandtes Gefolge alles, was gülden glänzt gehortet in Deinen Tresoren.
Sauf endlich, sauf! schreien der Kommissare Claqueure, doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück.
Verfluchen im Chor, was eigen Dir ist, werden die Götter, deren Olymp zu enteignen Dein Wille verlangt.
Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land, dessen Geist Dich, Europa, erdachte."
APA/red.