Am Mittwoch erlebten zahlreiche Instagram-Nutzer einen Schock: Ihre Feeds wurden mit brutalen Videos überflutet. Szenen von Kämpfen, Morden und Unfällen tauchten massenhaft in den Reels auf – ungefiltert und für viele völlig unerwartet.
Ein 16-jähriger 20-Minuten-Leser schildert seine Erfahrung: "Ich war verstört und traurig." Anfangs habe er gar nicht realisiert, wie viele Gewaltvideos plötzlich erschienen. "Ein Video zeigte, wie ein Polizist scheinbar grundlos einen Mann erschoss, andere, wie Männer Frauen zusammenschlagen. Auch ein Video, in dem ein Elefant einen Mann zerquetscht, habe ich gesehen. Es ist grausam und auf TikTok ein großes Thema." Seither meide er Reels komplett.
Cybersecurity-Experte Nick Mayencourt hält einen Angriff auf Instagram für unwahrscheinlich. "Ich gehe von einem technischen Fehler aus." Dennoch sei der Vorfall gravierend. "Wahrscheinlich wurde am Algorithmus herumprobiert, ohne genug auf Sicherheit zu achten."
Solche Algorithmen seien extrem komplex, kleine Fehler könnten enorme Auswirkungen haben. Mayencourt sieht einen möglichen Zusammenhang mit Metas gelockerten Richtlinien und geplanten Entlassungen von Fakt-Checkern. "Eine Garantie, dass es nicht wieder passiert, gibt es nicht." Das größere Problem sei Metas Geschäftsmodell: "Die Plattform will Nutzer möglichst lange am Bildschirm halten. Gewaltvideos und Schockinhalte fördern das."
Meta entschuldigte sich zwar für den Vorfall, doch Mayencourt fordert mehr. "Wenn solche Inhalte Kinder und Jugendliche erreichen, verursacht das einen bleibenden Schaden." Meta müsse Verantwortung übernehmen. "Das Milliardenunternehmen könnte sich beispielsweise an den Kosten beteiligen, wenn traumatisierte Kinder jetzt eine Behandlung brauchen." Gleichzeitig brauche es eine gesellschaftliche Debatte: "Welche Inhalte erreichen wen? Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt Zensur? Wer schützt Kinder? Das müssen wir diskutieren", so Mayencourt.
Jugendpsychologe Felix Hof sieht ernste Folgen für junge Menschen. "Das kann Angst, Panik und sogar Traumata auslösen." Entgegen der Annahme, dass Kinder durch solche Inhalte abstumpfen, sei das Gegenteil der Fall. "Jedes Gewaltvideo zeigt neue, oft überraschende Darstellungen." Sollte trotzdem eine Abstumpfung eintreten, sei das ebenso problematisch: "Dann verändert sich die Wahrnehmung von Gewalt langfristig."
Hof rät Eltern, sich aktiv mit den Mediengewohnheiten ihrer Kinder auseinanderzusetzen. "Nur wer weiß, welche Plattformen das Kind nutzt, kann es schützen." Falls ein Kind bereits verstörende Inhalte gesehen habe, sei ein offenes Gespräch essenziell. "Eltern sollten sich jetzt Zeit nehmen, das Kind erzählen lassen und gemeinsam das Gesehene einordnen." Wichtig sei, dem Kind klarzumachen, dass es sich um eine digitale Darstellung handle und es in Sicherheit sei.
Konsequent wäre laut Hof, Instagram gar nicht für Kinder zuzulassen: "Solche Vorfälle zeigen, dass die Plattform nicht für sie gemacht ist." Er empfiehlt, Social Media frühestens ab 16 Jahren zu erlauben – besser noch ab 18. "Kinder sind neugierig, haben aber oft nicht die nötige Medienkompetenz, um mit solchen Inhalten umzugehen", meint Hof abschließend.