Österreich

Grazer muss als Ex-Chef von Serienkiller vor Gericht

Der deutsche Pfleger Niels H. tötete mindestens 85 Patienten, erhielt 2015 lebenslang. Nun wird auch sein Ex-Chef, ein Grazer Arzt, angeklagt.

Christine Ziechert
Teilen
Pfleger Niels H. soll mindestens 85 Menschen getötet haben, 2015 wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt.
Pfleger Niels H. soll mindestens 85 Menschen getötet haben, 2015 wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt.
REUTERS

Er ist vermutlich der schlimmste Serienmörder der deutschen Geschichte: Der Pfleger Niels H. (44) tötete mindestens 85 Menschen in zwei deutschen Kliniken, indem er ihnen Medikamente verabreichte, die zu einem Herzstillstand bzw. Kreislauf-Kollaps führten. Anschließend drängte er sich bei den Reanimationen in den Vordergrund. 2015 wurde er dafür zu lebenslanger Haft verurteilt.

Nun droht laut der "Kleinen Zeitung" aber auch einem Österreicher ein gerichtliches Nachspiel: Ein Grazer Arzt – er war bis 2002 der Vorgesetzte des Killers am Klinikum Oldenburg – muss sich kommendes Jahr wegen Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen vor dem Landesgericht Oldenburg verantworten. Laut Anklage besteht der "hinreichende Verdacht, dass er die ihm eigentlich unerwünschten Taten des H. – aus Sorge um das Ansehen der eigenen Person, der Station oder der Klinik – unterstützt haben könnte, indem er ihn gewähren ließ."

Anklage wegen Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen

Der Top-Mediziner hatte nach eigenen Angaben als erster vor Niels H. gewarnt, da sich der Pfleger sehr auffällig verhielt. Gegenüber der "Kleinen Zeitung" erklärte die Rechtsanwältin des Grazer Arztes im Hinblick auf die Anklage: "Wer sich der Rettung von Menschenleben verschrieben hat, billigt unter keinen Umständen, dass ein Pfleger anschließend die eigenen Patienten zu Tode bringt. Es verbietet sich, Rückschlüsse aus dem heutigen Wissen über die unsäglichen Taten des Pflegers H. auf die damalige Bewertung der Sachlage durch den Mandanten zu ziehen. Die Verteidigung ist zuversichtlich, dass die von der Anklage behaupteten Verdachtsmomente sich in der Hauptverhandlung als haltlos erweisen werden."

Niels H. war ab 1999 im Klinikum Oldenburg auf der herzchirurgischen Intensivstation beschäftigt. Nachdem es die meisten Wiederbelebungsversuche und Todesfälle in seiner Dienstzeit gab, wurde er 2001 in die Anästhesie versetzt. Auch da wurde der Pfleger auffällig, im Herbst 2002 wurde er schließlich gekündigt – er erhielt allerdings ein überaus positives Arbeitszeugnis. Niels H. wechselte ins Klinikum Delmenhorst und mordete dort weiter, bis er 2005 auf frischer Tat ertappt wurde.