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Liga-Urgestein vor Klopp! "Das war unterste Schublade"

Tirols Thomas Silberberger ist in den Top 3 der Langzeit-Coaches. Im "Heute"-Talk verrät er, was ihn mit Streich, Klopp und Co. verbindet.

Sebastian Klein
Thomas Silberberger (2. v. r.) muss sich im Ranking der längstdienenden Trainer nur Diego Simeone (l.) und Christian Streich (2. v. l.) geschlagen geben. Jürgen Klopp fehlen zwei Jahre auf den Tiroler.
Thomas Silberberger (2. v. r.) muss sich im Ranking der längstdienenden Trainer nur Diego Simeone (l.) und Christian Streich (2. v. l.) geschlagen geben. Jürgen Klopp fehlen zwei Jahre auf den Tiroler.
PIERRE-PHILIPPE MARCOU / AFP / picturedesk.com

Am 1. Juli ist Thomas Silberberger zehn Jahre Coach der WSG Tirol. Länger im Amt in Europas besten Ligen sind nur noch Atleticos Diego Simeone und Freiburgs Christian Streich. Liverpool-Gigant Jürgen Klopp ist im Ranging Fünfter.

"Heute" zeigt dem Wattens-Coach die sechs Namen, die in den zehn Top-Ligen am längsten dienen:

"Heute": Die Namen um Sie herum sind ja ein Wahnsinn ...

Thomas Silberberger: "Da passt, wenn man sich ehrlich ist, eigentlich nur mein Name nicht rein (lacht). Da fühlst du dich natürlich geehrt. Simeone, Streich habe ich gewusst. Klopp und Gasperini habe ich jetzt ehrlich gesagt nicht gewusst. Es ist schon cool, dass du da drin bist. Das muss ich schon sagen."

Längstdienendste Coaches in Europas Top-10-Ligen:
1. Diego Simeone (Atletico Madrid, seit 23.12.2011)
2. Christian Streich (Freiburg, seit 29.12.2011)
3. Thomas Silberberger (WSG Tirol, seit 1.7.2013)
4. Olivier Pantaloni (AC Ajaccio, seit 6.11.2014)
5. Jürgen Klopp (FC Liverpool, seit 8.10.2015)
6. Gian Piero Gasperini (Atalanta Bergamo, seit 14.6.2016)

Welche Ihrer Attribute erkennen Sie in ihnen wieder? Was braucht es, damit sich ein Trainer für so lange Zeit hält?

"Das ist eine gute Frage. Wenn ich diese Typen hernehme, die da rund um mich sind … Mittlerweile gibt es ja in meinem Freundeskreis bereits viele, die sagen, ich schaue auch immer mehr aus wie Christian Streich. Das ist eine Ähnlichkeit da (lacht). Und der taugt mir auch von seiner Herangehensweise am meisten."

Das Grinsen ist tatsächlich ähnlich …

"… ja, die sagen das nicht ganz zu Unrecht."

Das charismatische Lächeln als Markenzeichen: Thomas Silberberger, Christian Streich.
Das charismatische Lächeln als Markenzeichen: Thomas Silberberger, Christian Streich.

"Diese Trainer haben sich alle über die Jahre neu erfunden. Das zeichnet sie aus. Wobei Gasparini, Simeone, Klopp, Streich schon ewig für den gleichen Fußball stehen. Sie bringen es halt immer wieder neu rüber. Sie haben die eine oder andere Sache, wie wir in Wattens, immer wieder adaptiert. Aber am Ende des Tages scheint es in der Ansprache bei diesen Leuten extrem gut zu fruchten. Weil von Abnutzungserscheinungen kannst du bei keinem dieser Trainer reden. Die bringen jedes Jahr sensationelle Leistungen."

Beim Blick auf die Liste liegt das Wort "Authentizität" nahe. Alles Originale …

"Diese Personen inklusive mir haben eine extreme Führungskraft. Das beschreibt aber nicht nur das Sportliche. Auch das Rundherum. Medien, Angestellte. Wenn du authentisch bist und diese Führungskraft hast, kannst du die Gruppe für dich gewinnen. Das, glaube ich, ist der riesige Vorteil von diesen Leuten."

"Ich bin überzeugt, dass das Um und Auf die Führungskraft ist, wie du eine Gruppe führst. Das andere … jeder kann eine tolle Übung aus dem Internet rausholen und ein tolles Training gestalten. Aber, du musst deine Inhalte überzeugend auf den Platz rüberbringen. Du musst taktisch sehr gut sein, damit du dann so lange dabei bist, das gepaart mit Führungskraft und Empathie. Das ist meine tiefste Überzeugung."

Sind also Ausstrahlung und Überzeugungskraft der Schlüssel?

"Das ist hundertprozentig der Schlüssel. Ich glaube auch, dass der Christian Streich ein ähnlicher Typ ist wie ich, der extrem viel ans Trainerteam abgibt, dem Staff vertraut. Am Ende des Tages ist er verantwortlich, dass er die Spielausrichtung vorgibt und alles rundherum auffängt, sei es medial oder zwischenmenschlich. Auch Interna. Er ist ein überragender Moderator. So sehe ich mich eigentlich auch."

Das Datum auf der Liste neben Ihrem Namen lautet: 1.7.2013. Bald erreichen Sie die magische Zehnjahresmarke. Wie oft war es schon knapp?

"Damals, als wir sportlich abgestiegen wären, wollten Teile des Vorstands eine andere Lösung (Mattersburg-Zwangsabstieg in Folge des Finanzskandals, Anm.). Die Präsidentin hat mir damals den Rücken gestärkt. Auch, weil ich damals den Motorradunfall hatte. Das war die kritischste Zeit."

"Es war ganz selten, dass ansonsten medial über meine Person etwas aufgepoppt ist. Da bin ich sehr dankbar. Ohne über einen anderen Verein reden zu wollen, aber anderswo hast du alle zehn Wochen die Diskussion."

Präsidentin Diana Langes-Swarovski hält zu "Silbi".
Präsidentin Diana Langes-Swarovski hält zu "Silbi".
Gepa

Wie viele Trainer haben Sie in Entscheidungsspielen selber schon auf dem Gewissen?

"Ich hätte gesagt 15. Oft ist das Schicksalsspiel genau gegen Wattens. Weil sie uns immer noch als kleinen Verein wahrnehmen."

"Ich habe in meinen drei Jahren in der zweiten Liga eine Statistik geführt. Ich habe insgesamt 95 verschiedenen Trainern in 102 Spielen die Hand geschüttelt. Das ist ein Wahnsinn. Also da haben zehn Vereine 95 Trainer verbraucht (lacht). Wir haben vier Spiele gegen Innsbruck gehabt, drei verschiedene Trainer. Bei Ried war es ja noch ärger."

Was braucht es, dass Sie von sich aus gehen?

"Wenn ich merke, ich erreiche die Mannschaft nicht mehr, ich kann keinen Schritt mehr weiter und stagniere. Dann würde ich von mir aus die Reißleine ziehen. Solange ich das nicht merke, bin ich jedes Jahr voll motiviert. Wir wechseln ja auch fast jede Saison zwischen sechs und acht Spieler aus. Wir adaptieren viel auch in der Spielphilosophie, da können wir uns frei entfalten. Wenn ich mal merken sollte, hoppala, die Luft ist heraußen bei mir oder der Mannschaft, wäre der Cut zu ziehen."

"Oder, wenn etwas Interessantes extern kommen würde. Aber da gibt es in Österreich fünf Vereine. Das sind die, die in der Tabelle im Normalfall vor uns stehen. Da müsste ich das Ganze aber mit einem Management aktiv angehen. Da müsste man sich initiativ bewerben."

"Da gebe ich dir eine spannende Zahl. Als ich den Motorradunfall hatte …"

… nein, bitte sag nicht, damals haben sich gleich viele beworben?

"25. Allein in dieser Woche, in der ich mit Beinbruch ausgefallen bin, haben sich 25 Trainer initiativ beworben."

Wie vielen davon haben Sie seither die Hand geschüttelt?

"Der Sportdirektor hat mich geschützt und mir keinen einzigen Namen genannt. Aber es waren auch aus dem Ausland welche dabei. Aus Deutschland."

"Das war unterste Schublade. Der Stefan (Köck, Anm.), unser Sportdirektor, und ich sind gute Freunde. Ich habe ihm gesagt, bitte leite mir kein einziges dieser Mails weiter."

Sportdirektor Stefan Köck und Trainer Thomas Silberberger - ein eingespieltes Team.
Sportdirektor Stefan Köck und Trainer Thomas Silberberger - ein eingespieltes Team.
EXPA / APA / picturedesk.com

"Das ist übrigens auch eine tolle Konstellation zwischen uns. Wir streiten auch ab und an. Aber dann sagen wir jedes Mal: Wir wollen ja beide nur das Beste für den Verein. Geh Blödsinn, trinken wir ein Bier und das hat sich. Wir diskutieren täglich. Das hat eine super Freundschaft entstehen lassen."

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