Österreich

Grüne gegen Grüne: Wer hat den schwarzen Peter?

Heute Redaktion
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Im 5. Bezirk sollen Grüne Bezirksräte illegal Tempomessungen durchführen – beklagen Grüne. Stimmt nicht, sagt einer der Beschuldigten und schiebt den schwarzen Peter zurück.

Aufregung bei der Grünen Bezirksorganisation in Wien-Margareten: In einer Email wandte sich eine Informantin – sie nennt sich selbst "Grüne Zora" – an "Heute" und berichtet von "illegalen Taten" und dem "Verrat an Grünen Grundsätzen".

Stein des Anstosses ist eine angebliche Privatmission zweier Grüner Margaretner Bezirksräte, die seit Jänner 2017 die Durchfahrtgeschwindigkeiten in der in der Tempo 20-Zone in der Wehrgasse messen. Das sei ein "Verrat an Grünen Grundsätzen", denn die Grünen seien immer die größten Gegner des Überwachungsstaats gewesen, ärgert sich die "Grüne Zora".

Konkret lautet der Vorwurf: "Bezirksrat Thomas Draschan und Bezirksrat Michael Balz überwachen die Wehrgasse illegal und unangemeldet, um Argumente für eine zusätzliche Geschwindigkeitsbegrenzung in der Wehrgasse zu erhalten", schreibt die "Grüne Zora" und empört sich, dass ausgerechnet Grüne Überwachungsmaßnahmen durchführen würden. Zudem seien die Überwachungskamera sowie die nötige Software "als Parteisteuer-Beitrag vom Bezirksrat Thomas Draschan" bezahlt worden, somit sei das Überwachungsinstrument Besitz der Grünen Margareten, was himmelschreiend absurd ist".

Freund, Feind, Parteifreund?

Eine Retourkutsche vermutet einer der beschuldigten Grünen Bezirksräte Thomas Draschan im Gespräch mit "Heute". "Die Wehrgasse ist eine Tempo 20-Zone, dennoch fahren die Autos im Durchschnitt mit 38 bis 39 km/h durch. Wir haben das im Bezirk mehrfach diskutiert, doch niemand – egal ob Grüne oder SPÖ – will tatsächlich etwas unternehmen", ärgert sich Draschan. Es sei seine Aufgabe als gewählter Bezirkspolitiker die Anliegen der Anrainer ernst zu nehmen.

"Scheinbar ecken wir mit unserer Aktion bei jenen an, die glauben mit Diskussionen über das Binnen-I gemütlich über die nächsten vier Jahre zu kommen", ärgert sich Draschan.

Aussage gegen Aussage

Nach Angaben der "Grünen Zora" erfolge die Überwachung periodisch aus der Wohnung von Michael Balz in der Wehrgassse 17. Dabei werde besonderes Augenmerk auf Polizeiautos gelegt, deren Übertretungen laut der "Grünen Zora" auch über den Verteiler der Grünen Margareten diskutiert werden.

Wie Draschan mitteilt, seien auch diese Aussagen unrichtig, denn zum einen wohne Michael Balz gar nicht in der Wehrgasse und zum zweiten hätten weder er noch Draschan selbst die Messungen vorgenommen.

Es stimme zwar, dass zu Beginn des Jahres 2017 Tempomessungen vorgenommen wurde, jedoch führten diese eine Privatperson ohne politische Funktion aus und es seien – mit Ausnahme einer Probeaufnahme, um die Kamera zu kalibrieren – nur Geschwindigkeitsdaten und keine Bilder aufgezeichnet worden.

"Ich habe die Anschaffung der Kamera aus der Aufwandsentschädigung, die mir als Bezirksrat zusteht, mit 150 Euro mitfinanziert. Und auch dass erst, nachdem die berechtigten Sorgen zum x-ten Male durch aus Opportunitätsgründen abgekanzelt wurden", erklärt Draschan.

Tempomessungen als Argumentationsgrundlage

Die Probemessungen im Jänner seien notwendig gewesen, um Nachweise für die Geschwindigkeitsüberschreitungen in der Hand zu haben, damit das niemand mehr als Blödsinn abtun kann. Anfang 2018 will Draschan bei der TU eine Laserpistole ausborgen und gemeinsam mit Experten der TU – "damit das rechtlich einwandfrei ist" – neue Messungen anstellen.

Private Tempomessung kann ernste Sorgen haben

Generell sei in Wien nur die Wiener Landespolizei (LPD) zu Geschwindigkeitsüberwachungen befugt, wie ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried erklärt: "Das Überwachen ist eine hoheitliche Tätigkeit. Wenn unbefugte Personen dennoch Tempomessungen durchführen, ist nicht auszuschließen, dass sie sich der Amtsanmaßung nach dem Strafgesetzbuch schuldig machen. Dies kann mit bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe geahndet werden."

Zudem ist die private Geschwindigkeitsmessung auch datenschutzrechtlich relevant: Sowohl die systematische Überwachung des öffentlichen Raumes als auch die Weitergabe der gesammelten "Beweisdaten" seien ein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz und damit im strafbaren Bereich.

Die Anschuldigungen durch Grüne "Parteifreunde", wertet Draschan an "schweren Vertrauensbruch". Es sei schade, dass zu solchen Mitteln gegriffen wird, statt für den Bezirk zu arbeiten, so Draschan.

(lok)