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"Gungrave G.O.R.E." im Test – ein kultiger Kugelhagel

Dieses Spiel ist ein einziger Knalleffekt: "Gungrave G.O.R.E." setzt ein Kult-Game endlich fort und zeigt sich als brutal-bombastischer Action-Hit.

Rene Findenig
Bewaffnet, brutal und bomabstisch: "Gungrave G.O.R.E." im Test.
Bewaffnet, brutal und bomabstisch: "Gungrave G.O.R.E." im Test.
Prime Matter

Nur eingefleischten Fans dürften die PlayStation-2-Ursprünge des neuen Titels von Iggymob und Prime Matter bekannt sein. So erschien im Jahr 2022 das Game "Gungrave" auf der damals aktuellen Sony-Konsole und wurde zum Superhit, der heute allerdings nicht mehr allzu vielen jüngeren Spielern bekannt ist. Zwar erschien danach auch ein zweiter Teil namens "Gungrave: Overdose" und ein ebenso erfolgreicher Anime rund um den Protagonisten Beyond the Grave, oder kurz Grave genannt, danach wurde es aber fast 20 Jahre lang still um das Game, nun ist Grave mit "Gungrave G.O.R.E." für PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series S|X und PC wieder auferstanden. Und das mit bekannt brachialer Gewalt und einem Kugel-Gewitter.

Die Handlung ist dabei getrost zu vernachlässigen, denn weder ist sie tiefgründig, noch allzu spannend: Eine ausgelöscht geglaubte Droge kehrt zurück und überschwemmt die Welt, eine Organisation mit Titelheld Grave will diese und die Drahtzieher dahinter bekämpfen – und diese wiederum will das mit Tonnen an Gegnern verhindern. Während die Story bestenfalls als enttäuschend bewertet werden kann, ist das Gameplay ein einziger brutaler Kugelhagel im besten Sinne. Mit Grace ballern sich die Spieler in Third-Person-Perspektive durch verschiedene Level und unaufhörliche Gegner-Massen und darf auf vollkommen verrückte Waffen zurückgreifen. Das Ziel wird am Start jedes Levels eingeblendet: "Kick their ass". 

Grandioses Gameplay, aber das Drumherum nervt

Die kommenden rund 15 Stunden schießt und prügelt man sich durch Abertausende an Feinden und staunt über ein nicht enden wollendes Effektgewitter, das seine positiven wie negativen Seiten besitzt. So sprechen in "Gungrave G.O.R.E." hauptsächlich die Waffen, während der Protagonist selbst meist zum Schweigen verurteilt bleibt. Dem actiongeladenen und superpaßigen Gameplay steht wiederum eine schwache Handlung gegenüber, in der auch die übrigen Charaktere nur mäßig Interesse wecken können. Und während die Videosequenzen noch eine halbwegs solide Abwechslung zum Ballern in den Levels ist, kommen die Missionen selbst mit dem schnell nervenden Dauer-Gequassel unserer Begleiterin Quartz daher.

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    Dieses Spiel ist ein einziger Knalleffekt: "Gungrave G.O.R.E." setzt ein Kult-Game endlich fort und zeigt sich als brutal-bombastischer Action-Hit.
    Dieses Spiel ist ein einziger Knalleffekt: "Gungrave G.O.R.E." setzt ein Kult-Game endlich fort und zeigt sich als brutal-bombastischer Action-Hit.
    Prime Matter

    Umso weniger lässt das Spiel vermissen, wenn man sich einfach durch die Missionen schnetzelt. Die Steuerung ist dabei eingängig und das Arsenal überschaubar: Grave ballert per Pistolen-Duo um sich, kann springen, ausweichen und Schüsse auch stärker aufladen, bei genug ausgeteiltem Schaden Spezialattacken durchführen und seinen mit mitgeschleppten Sarg für Nahkampf-Angriffe und Kombos nutzen. Ähnlich wie in einem "Devil May Cry" geht es um Timing und Taktik, um Graves Angriffe zu perfektionieren. Dabei darf man auch zu brutalsten Manövern greifen und sich einen Gegner als menschlichen Schutzschild an den Sarg heften oder zu einer am Fleck stehenden Mini-Gun werden, die rundum die Feinde niedermäht.

    Außer Ballern gibt es in den Levels nicht viel zu tun

    Steigt der Treffer- und Schadens-Zähler von Grave hoch genug, schalten sich zusätzliche Schadens- und Spezialfähigkeiten frei – allerdings ist dieser Zähler recht schwer aufrechtzuerhalten, denn dazu muss ständig geballert und auch getroffen werden. Außerdem bekommt der Spieler oder die Spielerin auch einen Kunst-Punktestand verpasst, der je höher ausfällt, umso artistischer man die Feinde ausgelöscht hat. Nach und nach lernt man die Geheimnisse und die doch recht taktische Tiefe des Spiels kennen. So treiben manche Attacken die Zähler hoch, andere wiederum tun dies nicht, sorgen aber für praktische Nebeneffekte wie Heilung oder mehr Schaden. Einen guten Mix zu finden, das ist hier die Hauptsache.

    Das Treffer-Feedback haut richtig rein und fühlt sich auch nach Stunden des Spielens noch bombastisch an – und kommt man erst in einen "Flow" aus Schüssen, Nahkampfangriffen und brutalen Finishern, macht das Spaß ohne Ende. Und obwohl das Prinzip von Anfang bis Ende das gleiche bleibt, spielt sich "Gungrave G.O.R.E." durch die abwechslungsreich gestalteten Level und die tollen Licht-Effekte lange Zeit frisch. Vom linearen Pfad abweichen darf man allerdings kaum, außer einigen erkundbaren Nebenräumen und -gassen gibt es im Spiel nicht viel zu entdecken. Und auch neben dem Missionsziel, die Gegner auszulöschen, gibt es keinerlei Nebenmissionen, Geheimnisse oder Sammelgegenstände. Wiederspielwert? Naja.

    Bombastisch inszenierte Bosse und nette Level-Ideen

    "Was immer du tust, hör nicht zu schießen auf" – dieser Befehl an Grave fasst das Spiel perfekt zusammen. Egal ob in einer Neon-Gasse das Mündungsfeuer aufblitzt oder man auf einem fahrenden Zug herumballert, die Levelgestaltung passt. Schade ist, dass die Gegner-Vielfalt zwar stimmt, man es in den insgesamt über 30 Levels aber jeweils mit einer Menge der gleichen Gegner-Typen zu tun bekommt. Egal, Kanonenfutter werden ja alle schnell. Und als fantastisches Feature warten da ja schließlich die Bosse, die das Game grandios umgesetzt hat. Die meisten der unverwechselbaren Bosse, die ab etwa der Hälfte des Games regelmäßig auftreten, fordern Spieler in mehreren Phasen heraus und sind bombastisch inszeniert.  

    Etwas frustrierend kann auf Dauer der Umstand sein, dass die Checkpoints des Spiels teils gnadenlos verteilt wurden. Das zeigt sich etwa bei der erwähnten Zug-Passage, bei der man entgegenkommenden Schildern und Hindernissen ausweichen muss, während man gleichzeitig Feinde bekämpft. Wird man dabei vom Zug abgeworfen, bedeutet das den sofortigen Spieltod – und dass man die gesamte Passage von Anfang an neu angehen muss. Solche etwas unfairen Passagen trifft man vor allem im Startabschnitt des Spiels öfters – und sie lassen sich teils auch nicht dadurch umgehen, dass man den Schwierigkeitsgrad herunterdreht. Zum Glück lässt sich das zwischen den Missionen machen, was die Sache erleichtert.

    "Gungrave G.O.R.E." im Test – ein kultiger Kugelhagel

    Grave bekommt nach jedem Level auch Upgrades für seine Fähigkeiten spendiert – wobei diese Punkte-abhängig sind und sich exponentiell breiter freischalten lassen, je mehr Fähigkeiten man seinem Sortiment hinzufügt. Die Upgrades sind vielfältig und verbessern so gut wie alles – begonnen beim Schaden über die Gesundheit bis hin zu neuen Spezialattacken. Technisch läuft "Gungrave G.O.R.E." übrigens beeindruckend gut. Grave bewegt sich flüssig, das Treffer-Feedback ist wuchtig, die Videosequenzen sehen spektakulär aus und die Levels sind optisch abwechslungsreich. Und das alles läuft zu einem treibenden Rock- und Metal-Soundtrack ab, der perfekt zum düsteren Auftreten des Protagonisten Grave passt.

    "Gungrave G.O.R.E." ist ein kultiger Kugelhagel, der zwar in Sachen Story nicht viel zu bieten hat, dafür das Kern-Gameplay aus Ballern, Kämpfen und Taktieren umso stärker umsetzt. Schade ist, dass es abseits dieser Tätigkeiten wegen fehlender Neben-Missionen oder Sammel-Objekte nicht viel zu tun gibt. Wer aber nach einer steilen Lernkurve die Fähigkeiten des Protagonisten meistert und sich in einen "Flow" schießt, erlebt ein ähnlich großartiges Gameplay mit Punkte-Wertung, das schon ein "Devil May Cry" ausgezeichnet hatte. Ein paar Chancen wie einen höheren Wiederspielwert oder mehr Gegner-Vielfalt in den einzelnen Levels verpasst das Game – eine Wucht ist es trotzdem für jeden Action- und Baller-Fan.