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"Marvel's Spider-Man 2" im Test – Spinnen-Spektakel

Größer, schneller, emotionaler und ... düsterer! "Marvel's Spider-Man 2" für PlayStation 5 ist die neue Superlative, an der sich Spiele messen müssen.

Rene Findenig
"Marvel’s Spider-Man 2" im Test – Spinnen-Spektakel
"Marvel’s Spider-Man 2" im Test – Spinnen-Spektakel
PlayStation

Insomniacs PlayStation-Interpretation der legendären Marvel-Comic-Spinne begeisterte im Jahr 2018 die Game- und Comic-Fans gleichermaßen und sah so gut aus, wie es sich spielt. Netzschwingen und Kämpfen gingen in "Marvel's Spider-Man" auf der PlayStation 4 sofort ins Blut über und ermüdeten auch nach Dutzenden Stunden nicht. Die Geschichte rund um Spinnen-Superheld Peter Parker war frisch und spannend, entledigte sich eingerosteter Klischees und nutzte bekannte Personen und Geschehnisse, um eine ganz neue Story zu erzählen. Sowohl aus Sicht des Helden Spider-Man, als auch aus Sicht von Peter Parker, durften Spieler tief in die Seele der Spinne eintauchen. Und kaum jemand glaubte, dass dies noch zu toppen sei.

Doch Insomniac legte nach und führte Peter Parker nicht nur erfolgreich auf den PC und die neue PlayStation 5, sondern legte auch mit einem Standalone-Game für PS4, PS5 und später den PC rund um Nachwuchs-Spider-Man Miles Morales auf höchster Qualitätsstufe nach. Bei Grafik und Gameplay gab es deutliche Verbesserungen, die von schöneren Lichteffekten über eine schlauere Künstliche Intelligenz bis hin zu neuen Schock-Attacken und mehr Schleichen und Rätseln reichten. Nun ist allerdings der Moment gekommen, auf den die Fans lange warten mussten: Mit "Marvel's Spider-Man 2" treten Peter Parker und Miles Morales gemeinsam in einem PlayStation-5-Game der Superlative auf. Und es ist ein Knaller geworden. 

Das beste Superhelden-Spiel, das jemals gemacht wurde

Reden wir Klartext, bevor wir in die Details eintauchen: "Marvel's Spider-Man 2" ist das beste Superhelden-Spiel, das jemals gemacht wurde. Nicht nur, was den Gesamt-Eindruck betrifft, sondern angefangen beim Gameplay über die emotionale und düstere Story bis hin zu den Nebenaufgaben, die nun die Handlung ebenfalls vorantreiben, statt nur simpel abgearbeitet werden zu müssen. Gespielt wird weiter in Third-Person-Perspektive, wobei "Spider-Man 2" an die beiden Vorgänger anknüpft. So sind beide Spideys mittlerweile zu geliebten Helden und Beschützern von New York City geworden und bringen Superhelden- und Privatleben einigermaßen gut unter eine Maske. Das allerdings nur, bis sich die Ereignisse überschlagen.

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    Mit "Marvel's Spider-Man 2" treten Peter Parker und Miles Morales gemeinsam in einem PlayStation-5-Game der Superlative auf. Und es ist ein Knaller geworden.
    Mit "Marvel's Spider-Man 2" treten Peter Parker und Miles Morales gemeinsam in einem PlayStation-5-Game der Superlative auf. Und es ist ein Knaller geworden.
    PlayStation

    Während sich Peter erst über das Auftauchen seines lange Zeit mysteriöser Weise verschwundenen Freundes Harry Osborne freuen darf und Miles sich über eine Karriere nach seiner Schulausbildung Gedanken macht, bricht Chaos über Manhattan und die angrenzenden Bezirke herein. Keine Sorge, wir bleiben vollkommen spoilerfrei und besprechen nur, was die Trailer bisher gezeigt haben. Und die enthüllten nur einen Bruchteil der Action, in der es Peter und Miles mit dem Symbionten Venom ebenso zu tun bekommen wie mit Kraven, der gemeinsam mit seinen Truppen New York als sein nächstes Jagdgebiet auserkoren hat. Kein Wunder, wollen da viele bekannte Feinde, aber auch neue Gegner wie Lizard und Sandman mitmischen.

    Eine fast unfassbar lange Liste an Superschurken

    Die Liste der Superschurken, auf die man im Verlauf des Abenteuers trifft, ist geradezu überwältigend lang – wobei einige davon aus den beiden bisherigen Games bekannt sind und ein Comeback geben, aber ebenso viele neu hinzustoßen. Es mag komisch klingen, aber der wahre Star des Spiels sind nicht die actiongeladenen Gefechte gegen diese Superschurken, sondern die fantastischen Charaktere wie Mary Jane, Harry Osborne und Ganke Lee sowie die beiden Protagonisten, die allesamt die Spannung dank viel Liebe zum Details und zu Emotionen immens erhöhen. Endlich "fühlt" sich ein Spiel so an, als gehe es um alles, wenn wir als Miles den Tod unseres Vaters rächen oder als Peter das Leben von Harry retten wollen.

    Die Nebenfiguren haben mit "Marvel's Spider-Man 2" beeindruckend den Weg ins Rampenlicht geschafft und entsprechend emotional ist auch die alltägliche Seite unserer beiden Spideys ausgefallen. Was die Vorgänger dagegen bereits konnten, kehrt auch im neuen Teil zurück – die meisten der Bösewichte sind nicht einfach nur böse, sondern verfolgen logisch erzählte Ziele oder sind Opfer ihrer eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten. Daraus entspinnt sich eine atmosphärische Geschichte, in denen sich die Schurken die Klinke in die Hand geben und das Spiel zwischen satter Action und ruhigen, tieftraurigen, aber auch unheimlichen Momenten wechselt. In Comic-Form wäre es eine der besten Storys seit langer Zeit.

    Endlich Spider-Man sein, statt Spider-Man zu spielen

    Das Gameplay wiederum baut auf den Stärken der Vorgänger auf und verbessert diese konsequent weiter. Weiter schwingt man sich durch die Häuserschluchten New Yorks am Weg zum nächsten Missionsziel und bekommt auch immer wieder kleine Nebenmissionen und Zufallsverbrechen aufgetischt. Anders als bisher ist aber schon die Fortbewegung nun richtig spaßig und auf den Punkt getroffen. Unsere Spinne darf sich weiter mit verschossenen Netzen von Hauswand zu Hauswand schwingen, das geschieht aber dank flüssiger animierten Szenen und dem Feedback über die adaptiven Trigger-Tasten des DualSense-Controllers natürlich wie nie. Exakt lässt sich erfühlen, wann die Zeit für den nächsten Schwung gekommen ist. 

    Alternativ darf man auch mit den neuen Webwings durch die offene Spielwelt gleiten – das spielt sich weit schneller und flüssiger, als es noch in den "Batman Arkham"-Games der Fall war. Das schnellere Überwinden weiter Strecken ist auch notwendig, denn das neue "Spider-Man" spielt nicht nur auf der Insel Manhattan, sondern verdoppelt die Spielwelt-Größe durch die neuen Bezirke Queens und Brooklyn jenseits des East River. Zwar gibt es in der Spielwelt auch Schnellreise-Punkte, dieses Mal ist man aber so gar nicht in Versuchung, diese zu nutzen, denn das Gleiten macht einfach irrsinnig viel Spaß. Damit man nicht auf jedem Hausdach Halt machen muss, darf man jetzt Gleit-Schwung an Luftströmen am Himmel holen.

    Die größten Neuerungen gibt es beim Kampf-Gameplay

    Anfangs ist die Gleit-Steuerung etwas gewöhnungsbedürftig, später will man aber gar nicht mehr darauf verzichten – die Macher haben auch die eine oder andere Prüfung eingebaut, bei der man seine Gleit-Fähigkeiten mit dem gezielten Durchfliegen von Ringen oder der Verfolgung von Drohnen beweisen darf. Zurück kehren auch bekannte Aufgaben: Wieder darf man sich auf Rätselsuche nach bekannten Wahrzeichen der Stadt begeben und diese knipsen, wieder darf man auch verloren gegangene Spider-Bots finden, lenken und einsammeln – und wieder darf man Lager und Basen der Bösewichte aufsuchen und sich dort durch die Gegner-Massen prügeln. Die größten Neuerungen gibt es aber beim Kampf-Gameplay.

    Das Kampfsystem baut auf denselben Prinzipien des Vorgängers auf. Per Buttons lassen wir Spider-Man zuschlagen und zutreten, weichen Attacken aus und verschießen Netze mit dem Webshooter. Erste Neuerung ist aber, dass unser Held nun Angriffe parieren und damit Gegnern Schaden zufügen kann, statt Attacken nur blocken oder ihnen ausweichen zu können. Dazu ist gutes Timing gefragt – vergleichbar mit den Ausweichmanövern der Vorgänger, bei denen richtig getroffen einige Spezialeffekte ausgelöst wurden. Wem dies zu hektisch ist, der hat zudem die Möglichkeit, das Zeitfenster in den Optionen zu erweitern – und findet dort außerdem eine beeindruckende und lobenswerte Masse an Einstellungen zur Barrierefreiheit vor.

    Gadgets wurden direkt in den Kampf miteinbezogen

    Gewohnt gibt es auch wieder mehrere Schwierigkeitsgrade von sehr leicht bis brachial schwer – man kann sich sein Spidey-Abenteuer also so einrichten, wie es einem gefällt. Doch zurück zum Kampf, denn die wichtigsten Neuerungen kommen erst. So hat Insomniac beim Einsatz von Web-Gadgets wie Spinnennetz-Bomben oder Spider-Drohnen das Aufrufen einer Schnellauswahl, die für einen Moment die Zeit im Spiel verlangsamt, einfach gestrichen. Gadgets werden nun wie die Spezial-Attacken über das gleichzeitige Drücken einer der Schultertasten und einer der Buttons aktiviert – ähnlich, wie man das mit Spideys Elektro-Angriffen aus "Marvel's Spider-Man: Miles Morales" kennt. Die Kämpfe spielen sich so flüssig und immersiv.

    Erhöht man den Kombo-Zähler in den Gefechten weiter und weiter, fühlt es sich dieses Mal so an, als ob man tatsächlich auf die Attacken und Aktionen der Feinde reagiert, als sich simpel in aller Ruhe ein Werkzeug aussuchen zu können, mit dem man als Nächstes zuschlagen will. Entsprechend steigt auch der Herausforderungsfaktor deutlich an, denn nicht nur muss man nach und nach immer mehr Schultertasten-Button-Kombos verinnerlichen, sondern auch ständig auf der Hut sein, um das Timing für den Einsatz nicht zu verpassen. Das spielt sich anfangs hektisch und herausfordernd, sorgt aber für eine deutlich gesteigerte Langzeitmotivation und verleitet mehr als in den Vorgängern dazu, mit den Gadgets zu experimentieren.

    Man kommt aus dem Staunen einfach nicht mehr heraus

    Doch auch an den kleinsten Stellen wurde nachgebessert – die Spideys können am Boden und in der Luft neue Salto- und Drehungstricks ausführen, für den Spielfortschritt in den einzelnen Bezirken werden kleine HUD-Anzeigen eingeblendet, statt das Aufrufen der Spielkarte notwendig zu machen, die Umgebung reagiert natürlicher auf unsere Protagonisten, von abwechslungsreich grüßenden Passanten über Vogelschwärme in der Luft bis hin zu aufspritzendem Wasser, wenn wir über die Flüsse gleiten. Wie gut die Grafik aussieht, wird bereits in er Eröffnungssequenz klar, in der man im Spider-Duo durch New York schwingt, die Wolkenkratzer plötzlich in Staubmassen verschwinden und ein Boss-Kampf der Extraklasse stattfindet.

    Klar, schon die Vorgänger sahen fantastisch aus, "Marvel's Spider-Man 2" toppt das aber mit Leichtigkeit. Nie war Sand in der Luft oder Wasser, das im Wind kleine Wellen schlägt, so realistisch, nie spiegelten sich Sonnenuntergänge so schön in Glasscheiben und nie klang das alles auch noch so gut. Prügelt man auf kleine Sandman-Feinde ein, schmatzt die Faust nicht nur richtiggehend in die körnige Masse hinein, sondern es lassen sich die wegspritzenden Sandkörner durch das Vibrations-Feedback des DualSense-Controllers spüren. Von den kleinsten Details bis zu den größten Mechaniken, man kommt aus dem Staunen einfach nicht mehr heraus. Ohne Ladezeiten und ohne Ruckler spielt sich das Superhelden-Leben real wie nie.

    "Marvel’s Spider-Man 2" im Test – Spinnen-Spektakel

    Achja, haben wir schon erwähnt, dass man im Geschehen abseits der Story-Missionen einfach flüssig zwischen der Steuerung von Peter Parker und Miles Morales wechseln darf? Oder dass man nun neben Peter, Miles und Mary Jane auch andere Charaktere durch ihre eigenen Story-Missionen steuern darf? Oder dass uns jetzt unser neuer Venom-Anzug (neben Dutzenden anderen Kostümen) ganz neue Tentakel-Kräfte verleiht? Venoms Fähigkeiten machen wahnsinnig viel Spaß, denn mit den Tentakeln lassen sich Gegner als Peter einfach massenweise umreißen und attackieren, während Miles weiter auf seine Schnelligkeit und Elektro-Attacken setzt. Beide Charaktere fühlen sich dennoch ausbalanciert an, keiner ist im Vorteil.

    "Marvel’s Spider-Man 2" im Test – Boss-Kämpfe geschehen über mehrere Phasen und spielen sich dynamisch wie nie.
    "Marvel’s Spider-Man 2" im Test – Boss-Kämpfe geschehen über mehrere Phasen und spielen sich dynamisch wie nie.
    PlayStation

    Dass Peter und Miles auf Augenhöhe agieren, zeigt auch der Verlauf der Handlung – beide Protagonisten wechseln sich bei der Erzählung der Handlung gerecht ab und werden mit ihren eigenen Ängsten und teils düsteren Entwicklungen dargestellt, wobei das Game in diesen Momenten vorgibt, in welche Spider-Man-Haut man schlüpft. Die Boss-Kämpfe schlussendlich sind nun weit dynamischer und bieten mehrere Phasen, die beispielsweise von einer anfänglichen Verfolgungsjagd über eine brutale Nahkampf-Schlacht in einem Gebäude und Quicktime-Events bis hin zu Stealth- und Parkour-Einlagen reicht. "Marvel’s Spider-Man 2" zeigt sich im Test als Spinnen-Spektakel der Superlative und als bestes Superhelden-Game, das es jemals gab.

    Tipp: Vom Comic in die PlayStation und wieder zurück!
    Gewusst? Unter dem Label "Gamerverse" erscheinen bei Marvel auch Comics, die in der Welt der "Spider-Man"-Videospiele angesiedelt sind. Dieser erzählen entweder die Handlung der Spiele nach, ihre Vorgeschichte oder setzen diese auch fort. "Marvel's Spider-Man: City at War", "Marvel's Spider-Man: Velocity" und "Marvel's Spider-Man: The Black Cat Strikes" sind zwischen 2019 und 2020 erschienen und bei Panini Comics auch auf Deutsch erhältlich.
    Gratis Comic zu "Marvel's Spider-Man 2"
    Auch zu "Marvel's Spider-Man 2" ist in diesem Jahr bereits ein Heft mit der Vorgeschichte zum neuen Spiel erschienen. Das Besondere ist hier, dass dieses Heft kostenlos beim "Free Comic Book" verteilt wurde und auch weiterhin noch komplett gratis bei Marvel Comics auf Englisch gelesen werden kann. Geschrieben wird der Comic von Christos Gage, der auch maßgeblich an der Story des Spiels beteiligt ist und gezeichnet von Ig Guara. Link: Hier könnt ihr den kostenlosen Comic lesen! https://read.marvel.com/#/book/63125

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