Ukraine
"Habt kein Essen verdient": So brutal war Putin-General
Medien berichten, dass Alexander Lapin seines Postens enthoben wurde. Nun kommen Berichte über die Brutalität des Generaloberst ans Tageslicht.
Der russische Generaloberst Alexander Lapin scheint in den Reihen des Kremls in Ungnade gefallen zu sein. Wie die "Moscow Times" sowie unzählige russische Militärblogger berichten, ist der Kommandant des zentralen Militärbezirks seines Postens enthoben worden. Militärkreise berichten derzeit lediglich davon, dass sich der 58-Jährige einen dreiwöchigen Urlaub genommen hat – eine ungewöhnliche Entscheidung angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine. Lapin sah sich in den letzten Monaten wachsender Kritik ausgesetzt, darunter auch von Ramsan Kadyrow, dem tschetschenischen Machthaber und seit Anfang Oktober ebenfalls Generaloberst.
WEITERLESEN: Putin feuert jetzt seinen nächsten Top-General
Nun berichten russische Soldaten gegenüber dem kremlkritischen Nachrichtenportal "Sota" vom brutalen Umgang Lapins mit seinen ihm unterstellten Truppen. So habe er in Swatowe, einer Kleinstadt im Osten der Ukraine zwischen Charkiw und Luhansk, einem Leutnant eine Pistole an den Kopf gehalten und dem Mann gedroht, ihn zu erschießen, wenn er sich mit seine Truppe zurückziehen sollte.
Leutnant prangert Führung an
Leutnant Dmitry Wodnew fand sich Ende September nach der russischen Teilmobilmachung im ukrainischen Dorf Kolomyichykha wieder, wo er mit seinen Soldaten einen schwer umkämpften Teil der Front verteidigen sollte. Laut Wodnew seien seine Unterstellten vor ihrem Einzug in den Krieg keinerlei Gesundheitschecks oder Trainings, abgesehen von einem eintägigen Schieß-Drill in der grenznahen russischen Stadt Belgorod, unterzogen worden. Auch an Ausrüstung habe es von Beginn an gemangelt – so sei ein Soldat in Wodnews Zug mit einer verrosteten AK-74 ausgestattet worden, die nicht schießt.
Nur Tage später fanden sich die Soldaten um Wodnew in Kolomyichykha und damit praktisch unmittelbar an der russisch-ukrainischen Front wieder. Dort suchten sie am 7. Oktober Zuflucht in einer Traktorhalle. Videos zeigen die schlechten Bedingungen, in denen die Soldaten hausten. Das Gebäude verfügt weder über fließend Wasser, noch Strom oder eine funktionierende Heizung. Für Nahrung sammelten die Männer Äpfel im Dorf. Die Soldaten klagen im Video über Krankheiten und Atembeschwerden.
Wenig später gingen ukrainische Mörsergranaten über Kolomyichykha nieder. Beim zweistündigen Beschuss sollen vier russische Soldaten getötet und drei weitere verletzt worden sein. Am Abend zogen sich die Soldaten zurück, als ukrainische Panzer ins Dorf rollten, und machten sich zu Fuß auf den Weg ins benachbarte Swatowe . Nach einem mehrstündigen Fußmarsch erreichten sie eine Tankstelle am Rande der Stadt. Dort seien die erschöpften Soldaten von russischen Kameraden gestoppt worden und hätten auf offener Straße übernachten müssen.
Leutnant mit Pistole bedroht
Leutnant Wodnew habe sich daraufhin auf die Suche nach einem Hauptquartier gemacht, aber lediglich Militärpolizisten vorgefunden. Diese haben daraufhin Generaloberst Lapin über den Rückzug informiert, woraufhin der Kommandant des zentralen Militärbezirks selbst vor Ort aufgetaucht sei und den Überlebenden eine Standpauke gehalten habe. Den Leutnant bedrohte er laut Schilderungen anderer Soldaten, indem er ihm eine Pistole an den Kopf drückte und ihn aufforderte, an die Front zurückzukehren, die restlichen Soldaten soll er wüst beschimpft haben.
Später sei ein politischer Offizier namens Rumyantsev aufgetaucht. Auf die Frage der Soldaten nach Essen und Trinken habe dieser geantwortet: "Leute wie ihr verdienen es nicht, zu essen, zu schlafen oder zu trinken." Nach einer Sichtung einer Drohne hätten die ranghohen Militärs das Gebiet verlassen, während die Soldaten von Militärpolizisten bewacht wurden, die den Auftrag hatten, alle Personen, die aus der Reihe tanzen, zu erschießen.
Nach einer weiteren Nacht im Freien sei Rumyantsev erneut bei der Tankstelle aufgetaucht, dieses Mal offenbar alkoholisiert. Am Nachmittag habe er den Soldaten dann Wasser und Essen gebracht, bevor rund eine Stunde später Wagner-Söldner vor Ort eingetroffen seien – auch sie hätten die kampfgebeutelten Soldaten zunächst aufs Gröbste beleidigt, später aber zwei Männer für ihre Gruppe rekrutiert.
Zittern vor erneutem Einsatz
Der Rest der kampfgebeutelten und dezimierten Truppe sei noch am selben Tag in Truppentransporter verfrachtet und nach Russland gebracht worden, wo sie zum ersten Mal seit Wochen wieder Kontakt mit ihren Angehörigen aufnehmen konnten. Ihre Zukunft ist unklar – einige der Betroffenen leiden an Gesundheitsbeschwerden, die eine Mobilisierung von Beginn an eigentlich ausgeschlossen hätten. Trotzdem ist es nicht undenkbar, dass der Kreml zumindest einzelne von ihnen erneut ins Kriegsgebiet entsenden wird.