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Hacker mit Maske entlarvt Mobber und kritisiert TikTok

Die Aktivisten-Gruppe The Great Londini hat es sich zum Ziel gemacht, Mobbing-Täterinnen und Täter im Netz aufzuspüren und an den Pranger zu stellen.

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    Hinter dieser Maske verbirgt sich The Great Londini.
    Hinter dieser Maske verbirgt sich The Great Londini.
    Tiktok

    The Great Londini hat in nur wenigen Monaten eine riesige Community aufgebaut. Die Mission der Hacker: Sie jagen Internet-Trolle, die Nutzerinnen und Nutzer – vor allem auf TikTok – plagen. Wie? The Great Londini deckt die wahre Identität dieser Mobber und Mobberinnen auf. Dies soll der Hacker-Gruppe mit nur sieben bis acht Klicks gelingen. Finden die Hacker heraus, dass sich hinter einen Troll-Account ein Kind versteckt, gibt es eine Meldung an die Eltern oder die Schule. Verbirgt sich eine erwachsene Person hinter dem Account, informiert der TikToker den Arbeitgeber der Person oder die Polizei.

    Wer hinter dem TikTok-Account steckt, ist nicht bekannt, da keine Gesichter zu sehen sind. Stattdessen ist nur eine Maske zu sehen, die an eine Mischung aus Joker-Fratze und einer Guy-Fawkes-Maske ("V für Vendetta") erinnert. Auch die Stimmen sind verzerrt, sodass die Person in den Videos nicht erkennbar ist.

    "Bin ich ein Verbrecher?"

    In den vergangenen Wochen hat das Vorgehen des Kollektivs für Aufruhr gesorgt. Während eine große Anzahl an Internet-Userinnen und -Usern sich als Fans outen, kritisieren es andere scharf: Eine solche Form von Bürgerwehr sollte auf Social Media nicht zugelassen sein, finden sie.

    Zur Kritik äußerte sich The Great Londini in einem Clip: "Das Internet will wissen, wer ich bin und wieso ich mache, was ich mache. Die Antwort ist einfach. Ich bin die Person, die nicht möchte, dass du zu deinem Kind nach Hause kommst und siehst, dass es sich wegen Cyber-Mobbing das Leben genommen hat. Macht mich das zum Verbrecher?"

    Tatsächlich steckt eine tragische Geschichte hinter der Maske. Wie ein Sprecher für The Great Londini, der sich den Namen Leo gegeben hat, zur BBC sagt, entsprang der Wunsch nach Gerechtigkeit im Internet, als sich der autistische Sohn eines Freundes von Leo im letzten Jahr das Leben genommen hat. "Mein Freund hat sich nach einer Weile des Trauerns bei uns gemeldet und erzählt, dass sein Sohn so depressiv gewesen sei, weil er im Internet gemobbt wurde."

    Daher machte sich Leo mit weiteren Freunden daran, die Identität der Person, die den Sohn gemobbt hatte, ausfindig zu machen. "Wir haben ihn gefunden und die Information an den trauernden Vater weitergegeben", so Leo. "Er hat sich schließlich mit den Eltern der Person in Verbindung gesetzt und konnte so immerhin einen Abschluss finden."

    Neun Accounts gesperrt

    Von da an sei es klar geworden, dass sie nicht mehr länger einfach zusehen konnten, wie andere Personen im Internet bis zur Verzweiflung gemobbt wurden. Mittlerweile sei aus The Great Londini eine ganze Bewegung entstanden, zu denen Freiwillige aus allen möglichen Bereichen wie dem Militär, der Cyber-Security-Branche und der Hacker-Welt kommen. Dies sei nötig, so Leo, denn TikTok mache seinen Job nicht gut, was die Moderation von Inhalten angehe.

    "Wir geben TikTok alle Informationen weiter, die wir finden und wir melden alle Accounts, die wir aufdecken", erklärt Leo weiter, aber häufig geschehe nichts. TikTok hingegen gibt an, immer größere Bemühungen anzustellen, die Plattform sicherer zu machen. Dazu gehört beispielsweise, dass Nutzerinnen und Nutzer nun individuell festlegen können, wer Kommentare hinterlassen kann und wer nicht. Mit den Aktivitäten von The Great Londini scheint TikTok aber nicht zufrieden zu sein, denn bis dato wurden bereits neun verschiedene Accounts vom Hacker-Kollektiv gesperrt.

    Fans werden selbst zu Mobbern

    So nobel die Absichten von The Great Londini sind, so wenig kann das Kollektiv kontrollieren, was seine Fanbase damit anstellt. Zwar helfen viele aktiv mit, Trolls und Mobber aufzuspüren und taggen The Great Londini in Kommentaren, um sie auf möglichen Missbrauch aufmerksam zu machen, in gewissen Fällen geht dies allerdings nach hinten los.

    Denn manchmal sind die Fans so sehr erpicht, Hilfe zu leisten, dass sie selbst zu Mobbing-Täterinnen und Tätern werden. So habe The Great Londini eine TikTok-Nutzerin in einem seiner Videos kritisiert, weil sie sich gegen den Memorial-Day in den USA ausgesprochen habe. Danach sei eine Armee an Fans über ihr Profil hergefallen und habe sie aufs Schlimmste beschimpft. Außerdem sei ihr früherer Arbeitgeber kontaktiert worden und man habe versucht, sie um ihren Job zu bringen. "Es ist doch heuchlerisch, sich als Anti-Troll zu bezeichnen und dann eine Follower-Gemeinschaft aufzubauen, die es nur darauf angelegt hat, andere Leute zu mobben", sagt die Userin zu BBC.