Wien

Hacker "unzufrieden" mit ärztlicher Versorgung in Wien

Der Wahlarzt-Wildwuchs in Wien ruft nun auch den Gesundheitsstadtrat auf den Plan. Er schlägt stärkere Regulierungen sowie eine Beschränkung vor.

Claus Kramsl
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"Ich bin nicht zufrieden mit der niedergelassenen Versorgung der Wiener Bevölkerung in unterschiedlichen Fächern", so Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) in einem Interview.
"Ich bin nicht zufrieden mit der niedergelassenen Versorgung der Wiener Bevölkerung in unterschiedlichen Fächern", so Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) in einem Interview.
HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com

Wer nicht monatelang auf einen Termin bei einem Kassenarzt warten will - und es sich leisten kann - geht zu einem Wahlarzt. Dieser hat meist nicht nur mehr Zeit für den Patienten, sondern in der Regel innerhalb von wenigen Tagen einen Termin. Zwar kann man die Rechnung bei der Krankenkasse einreichen und erhalte bis zu 80 Prozent des Kassentarifs refundiert. Da die Privat-Honorare aber meist weit über diesem Tarif liegen, bleibt der Patient trotzdem auf einem guten Teil der Kosten sitzen.

Andreas Huss, Vizeobmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), verlangte vor kurzem in einem Interview mit den "Osterösterreichischen Nachrichten" die Abschaffung des Wahlarztsystems. Die Antwort der Ärztekammer kam postwendend: Die ÖGK solle also endlich die Situation der Kassenärztinnen und Kassenärzte verbessern anstatt "zu versuchen, einen Keil in die Ärzteschaft zu treiben“, so Noch-ÖÄK-Präsident Thomas Szekeres.

Hacker: Anzahl der Wahlärzte beschränken

Nun meldet sich auch Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zu Wort. Seine Diagnose: "Ich bin nicht zufrieden mit der niedergelassenen Versorgung der Wiener Bevölkerung in unterschiedlichen Fächern", so Hacker zum "Standard". "Die Ärztekammer wäre gut beraten, den Ball aufzugreifen und andere Vorschläge zu machen", so der Wiener Gesundheitsstadtrat weiter. Hacker spricht sich dafür aus, Wahlärzte einer stärkeren Regulierung zu unterziehen. So solle beispielsweise ihre Anzahl beschränken werden.

"Viele Ärzte mit Kassenordination beschweren sich bei mir vollkommen zu Recht, dass sie sich einem Gebietsregulativ der Krankenkasse unterwerfen müssen", so Hacker im "Standard"-Interview. Jeder Wahlarzt könne hingegen in der Nebenwohnung seine Ordination aufmachen und Konkurrenz machen. Er mache einzelnen Ärzten, die eine Wahlarztordination eröffnen, keinen Vorwurf: "Es liegt an den Rahmenbedingungen", zitiert der "Standard" den Gesundheitsstadtrat. Er fordert eine Reform des niedergelassenen Bereichs.

Wahlarzt-Wildwuchs verschlechtert Spitalssituation

Laut Hacker wirke sich der Wahlarzt-Wildwuchs auch negativ auf die Versorgung in den Spitälern aus. Zum einen steige die Zahl der Patienten, die sich anstatt an einen niedergelassen Arzt - den sie eben zum Teil selbst bezahlen müssten - an ein Krankenhaus wenden. Zum anderen führe das Wahlarztsystem dazu, dass es in den Spitälern an Fachärzten mangle, so Hacker. Besonders viele Wahlärzte im Vergleich zu Kollegen mit Kassentarif gibt es laut dem Gesundheitsstadtrat in Wien in den Bereichen Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinderheilkunde und Gynäkologie.

Wienweit ging die Zahl der niedergelassenen Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde von 91 im Jahr 2010 auf 71 im Vorjahr zurück. Auch bei den sogenannten Praktischen Ärzten ist ein starker Rückgang bei den Kassen-Ordinationen zu sehen: Waren es 2010 noch 807 Ärzte, die "auf Kasse" behandelten, so waren es 2021 nur mehr 713. Auch hier geht der Trend eindeutig in Richtung Privat-Ordination. Auch der Rechnungshof widmete sich im Herbst 2021 dem Wahlarzt-Thema. Ergebnis: Die Zahl der Wahlärzte ist österreichweit von 2009 bis 2019 sehr stark auf insgesamt rund 10.000 gestiegen. Fast ein Drittel hat seine Ordination in Wien. Der Anteil der Wahlärzte an der ambulanten Versorgung lag 2018 aber nur bei 5,5 Prozent, in den meisten Fachgebieten deutlich unter zehn Prozent. Im Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe allerdings bei 16 Prozent, so der "Standard".

Alleinerzieherin findet keinen Kassenarzt für ihre Kinder

Wie dramatisch die Situation bei den Kinderärzten ist, schilderte eine Liesinger Mutter Mitte Februar gegenüber "Heute". Nach einem Umzug war es der Alleinerzieherin nicht möglich, für ihre Buben (4, 8) einen Kassen-Kinderarzt in schaffbarer Entfernung zu finden.

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