Oberösterreich

Hätte man die Wirtshäuser früher aufsperren sollen?

Thomas Mayr-Stockinger (46) ist Wirt („Gasthof Stockinger“ in Ansfelden) und Wirtesprecher in Oberösterreich. Wir sprachen mit ihm über den Corona-Lockdown, das Aufsperren am Freitag (15. Mai) und wie es künftig ausschauen wird, wenn wir zum Wirt‘n gehen.

Armin Bach
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Thomas Mayr-Stockinger ist Wirt und Wirtsprecher in Oberösterreich. Wir sprachen mit ihm über die Öffnung.
Thomas Mayr-Stockinger ist Wirt und Wirtsprecher in Oberösterreich. Wir sprachen mit ihm über die Öffnung.
WKOÖ

„Heute“: Nach zwei Monaten dürfen die Wirtshäuser wieder aufsperren. Hätte man die Gastronomiebetriebe schon früher öffnen sollen. Oder vielleicht gar nicht zusperren?

Thomas Mayr-Stockinger: Das ist die vieldiskutierte Frage. Was richtig war bzw. richtig gewesen wäre, das werden wir erst am Ende der Corona-Krise sehen. Die einen Gastronomen sagen: Wir hätten am liebsten schon vor vier Wochen aufgesperrt. Die anderen sagen: Wir hätten gar nicht zusperren sollen. Die Frage ist: Wie hätte sich das Virus verbreitet, wenn wir den Lockdown nicht gemacht hätten. Und ich denke, dass er schon notwendig war. Für uns ist wichtig: Wir müssen unsere Mitarbeiter UND unsere Gäste schützen.

"Mitarbeiter können zwischen Visier und Maske wählen."

„Heute“: Wie bereitete sich die Gastronomie auf den „Neustart“ vor? Was wurde in den Gaststuben gemacht? Viel Plexiglas?

Thomas Mayr-Stockinger: Das kommt drauf an, welche Möglichkeiten die Wirte haben. Wir starten jetzt z.B. dann in die Gastgarten-Saison. Hat ein Wirt da Platz, wird es für ihn leicht sein, die Tische weit auseinanderzustellen. Und so schaut’s auch in den Gasträumen aus. Einige Wirte stellen zwischen zwei Tische, die besetzt werden, einen Tisch, der dann unbesetzt bleibt. Um so den Mindestabstand von einem Meter einzuhalten. Viele Bars überlegen, früher aufzusperren, weil die Sperrstunde ja aktuell 23 Uhr ist. Und kleine Betriebe überlegen, ob sie mit Plexiglasscheiben für die nötige Distanz sorgen. Es ist also ziemlich unterschiedlich. Jeder Gastronom muss sich überlegen: Was ist die beste Lösung für meinen Betrieb? Und auch die Mitarbeiter haben die Möglichkeit, zwischen einem Visier und einer Maske zu wählen. Jeder Gastronomiebetrieb hat von uns (der WKOÖ; Anm.) Info-Material bekommen, auf was er achten muss und was einzuhalten ist.

„Heute“: Wie schaut das jetzt konkret aus, wenn ich als Gast ins Wirtshaus gehe? Oder ins Restaurant? Was erwartet mich dann dort?

Thomas Mayr-Stockinger: Fangen wir einmal ganz von vorne an. Grundsätzlich sollte der Gast reservieren. Beim Betreten des Lokals muss der Gast einen Mundschutz tragen, darf ihn dann aber am Tisch ablegen. Im Lokal kann sich der Gast dann nicht den Tisch selbst aussuchen, sondern bekommt ihn zugewiesen. Das ist natürlich für viele Land-Wirtshäuser ganz was Neues. Auf den Tischen selbst wird es keine Menagen oder Deko-Sachen mehr geben. Die Speisekarten werden so sein, dass sie leicht zu reinigen sind. An einem Tisch dürfen maximal vier Personen plus die dazugehörigen minderjährigen Kinder sitzen. Das typische Vierer-Schnapsen ist wieder möglich, man kann sich also mit drei Freunden treffen.

„Heute“: Momentan immer noch Thema sind die Grenzschließungen, die ja noch bis 15. Juni gelten. Was machen wir jetzt, wenn in den nächsten Wochen Saisonarbeiter nicht einreisen dürfen? Haben die Gaststätten dann überhaupt genug Personal?

Thomas Mayr-Stockinger: Im Grenzraum zu Tschechien oder Deutschland funktioniert das ganz gut über die Pendlerbescheinigungen, mit denen sie einreisen dürfen. Und was die Saisonarbeitskräfte z.B. aus Rumänien betrifft, da wird natürlich geschaut, dass die einreisen dürfen. Damit diejenigen, die schon einem in Oberösterreich bei einem bestimmten Betrieb gearbeitet haben, dort auch wieder arbeiten können. Was die Frage betrifft, ob wir ohne diese Kräfte genug Personal haben: Man darf natürlich nicht vergessen, dass wir momentan keine großen Feiern, Hochzeiten etc. haben. Heißt: Wir brauchen auch weniger Mitarbeiter.

"Das 'Wirtshaus-Paket' bringt Entlastung für die Wirte."

„Heute“: Wie viele Gaststättenbetriebe wird es auch nach der Krise noch geben?

Thomas Mayr-Stockinger: Ist schwierig zu sagen. Viele Wirte haben wenig Rücklagen, wenig Eigenkapital. Das hat anfangs auch zu Problemen bei Kreditansuchen geführt. Einige werden wahrscheinlich nicht mehr aufsperren, weil sie kurz vor der Pension stehen. Andere werden nicht mehr öffnen, weil es sich finanziell schon auch vor der Krise nicht ausging.

„Heute": In Prozent: Wie viele, glauben sie, werden es nicht schaffen?

Thomas Mayr-Stockinger: Ob zehn Prozent oder 15 Prozent der Wirte nicht mehr aufsperren, das kann man momentan nicht sagen.

„Heute“: Wie sehr kann das „Wirtshaus-Paket“ der Regierung helfen, dass die Gaststätten überleben?

Thomas Mayr-Stockinger: Naja. Es soll die Mehrwehrsteuer auf nichtalkoholische Getränke von 20 auf 10 Prozent gesenkt werden. Wobei die Preise in der Getränkekarte gleichbleiben sollen…

„Heute“: …was bedeutet, dass wir Gäste von der Mehrwertsteuersenkung nichts mitbekommen.

Thomas Mayr-Stockinger: Richtig. Aber dafür der Wirt. Mit dieser Spanne wird die Liquidität der Gastronomen gesichert. Zudem wird die Pauschalierung von 250.000 auf 400.000 Euro angehoben, das bedeutet eine steuerliche Entlastung. Außerdem wird ein Anreiz für Firmen geschaffen, wieder mehr Essensgutscheine an die Mitarbeiter zu verteilen. Alles soll mit 1. Juli in Kraft treten.

"Ein zweiter Lockdown kann nicht mehr für ganz Österreich gelten."

„Heute“: Wie sehr würde ein zweiter Lockdown der Gastronomie schaden? Wär’s dann vorbei mit unseren Wirten?

Thomas Mayr-Stockinger: Der erste Mega-Crash hat uns natürlich viel gekostet. Wenn ich von mir ausgehe: Wir hatten eine super Buchungslage. Mit Feiern und Hochzeiten. Und jetzt, in der Corona-Krise, ist natürlich alles abgesagt. Ein Lockdown, wenn es einen weiteren geben sollte, kann dann nicht mehr für ganz Österreich gelten. Sondern dann nur dort, wo es notwendig ist. Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, ganz Österreich wieder komplett dicht zu machen.