Wirtschaft

Mit Betrunkenen machen Online-Händler Geschäft

Heute Redaktion
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Vier von fünf Kunden haben bereits alkoholisiert in Onlineshops eingekauft, zeigt eine US-Studie. Auch bei uns ist ein ähnliches Kaufverhalten zu beobachten.

Haben Sie sich auch schon mal nach zwei, drei Gläsern Wein oder ein paar Bier durch Onlineshops geklickt und ihre virtuellen Warenkörbe gefüllt? Dann sind Sie nicht allein. Rund 48 Milliarden Dollar im Jahr soll die US-Wirtschaft an betrunkenen Onlineshoppern verdienen. Wie eine Studie von "The Hustle" aus den USA zeigt – für die 2.000 Alkohol konsumierende Amerikaner befragt wurden –, haben 79 Prozent bereits beschwipst im Internet eingekauft. Jährlich lässt ein Einkäufer im alkoholisierten Zustand die Summe von 444 Dollar liegen. Wie die "Handelszeitung" der Studie entnimmt, befeuern vor allem Bier (34 Prozent) und Wein (29 Prozent) diese feuchtfröhlichen Einkäufe.

Nicht nur in den USA nimmt die Konsumfreudigkeit zu später Stunde zu. "Zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens steigt der durchschnittliche Einkaufswert um zehn Prozent", sagt Claudio Beffa von der Schweizer Online-Plattform "mooris.ch", die Lifestyle-Produkte vertreibt. Ob die Kunden dabei unter Alkoholeinfluss stehen, zeigt die Analyse nicht. Fakt ist aber: je tiefer die Nacht, desto unberechenbarer das Kaufverhalten. Beffa: "Auffällig ist, dass die Einkäufer nach Mitternacht mehrere Stücke vom gleichen Artikel kaufen."

Frappante Ähnlichkeiten

Wirtschaftspsychologe Christian Fichter von der Kalaidos-Fachhochschule erstaunen diese Beobachtungen nicht: "Zwischen Shopping und dem Konsum von Alkohol gibt es klare Parallelen." Beides seien Aktivitäten mit einer "restaurativen Wirkung": Es gehe darum, sich etwas zu gönnen, sich zu verwöhnen oder sich vielleicht auch etwas Trost zu spenden. "Wer also in der Laune ist, ein paar Gläschen zu trinken, ist dem Shopping wohl ebenfalls nicht abgeneigt."

Einen direkten Einfluss habe der Alkohol auf die Art und Weise des Kaufverhaltens. "Alkohol senkt bekanntlich die Selbstkontrolle, die Hemmschwelle nimmt ab", sagt Fichter weiter. Dass das Portemonnaie in solchen Momenten eher locker sitze, sei nicht weiter erstaunlich. "Man handelt fahrlässiger."

Benutzerfreundlich – auch für Angetrunkene

Während man etwa bei Zalando innerhalb Kürze keine Zahlen und Fakten auftreiben konnte, konnte man bei "mooris.ch" auch eruieren: Zu später Stunde, wenn gerne mal ein Gläschen getrunken wird, kaufen Kunden laut Auswertungen gedankenloser ein. Während Surfer tagsüber mit ihrer eigenen Textsuche zu den Produkten gelangen, landen sie nachts viel eher wegen bebilderter Werbeanzeigen im Onlineshop. Doch der Schweizer Onlinehändler will die nächtliche, eventuell etwas angesäuselte Kundschaft nicht unbedingt austricksen. "Vielleicht wäre es unethisch, diese Zielgruppe aktiv mit entsprechenden Bildern zu bewerben", sagt Beffa. "Doch wir schauen, dass die Website so gestaltet ist, dass sich auch Angetrunkene zurechtfinden." (rfr/20 Minuten)