Österreich

Wer zum Neusiedler See will, braucht Haus in der Nähe

Heute Redaktion
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Hans Peter Doskozil (SP) ist zurück im Amt. Um das Ausbreiten der Corona-Pandemie zu verhindern, dürfen vorerst nur noch Burgenländer, die im Umkreis von 15 Kilometer wohnen, zum See.

Nach seiner Operation bei einem deutschen Spezialisten kehrte Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SP) am Mittwoch nach Ostern zurück in das Eisenstädter Landhaus. In einem schriftlich geführten Interview spricht er über kleine gesundheitliche Komplikationen ("leichte Stimmbandentzündung"), sein Polit-Comeback ("voll einsatzfähig") und die Sperre des Naherholungsgebietes Neusiedler See für alle Menschen, die weiter als 15 Kilometer weg wohnen ("um Gesundheit zu schützen").

Doskozil über seine Stimme

Angesichts der Coronavirus-Krise, die das Leben so vieler Menschen beeinträchtigt, äußere ich mich nur ungern über meinen persönlichen Zustand. Es gab und gibt aber so viele Nachfragen und Genesungswünsche, dass die Öffentlichkeit ein Recht auf Transparenz hat. Die Operation ist jedenfalls sehr gut verlaufen. Ich konnte früher als geplant wieder an meinen Wohnsitz zurück, um mich hier weiter zu erholen. Meine Stimme wird zusehends besser - ich hatte aber zwischenzeitlich eine leichte Entzündung, so dass ich noch Zeit für logopädisches Training und Regeneration brauche, bis ich stimmlich wieder voll da bin. So lange werde ich auch auf öffentliche Auftritte verzichten. Dafür ersuche ich um Verständnis.

Doskozil über seine Polit-Comeback

Doskozil: Von meiner Stimme abgesehen, bin ich wieder voll einsatzfähig. Wer mich kennt weiß, dass mich in so einer Ausnahmesituation nichts und niemand zur "Bettruhe" zwingen kann. Daher habe ich mich entschlossen, mit heutigem Tag auch formal wieder meine Regierungsagenden zu übernehmen. Es gilt jetzt alle Kräfte zu bündeln, damit wir gemeinsam weiter gut durch diese schwere Krise kommen. Ich werde mehrmals die Woche ins Büro kommen – natürlich unter strikter Wahrung aller Schutzvorkehrungen – und mich, davon abgesehen, per Mail und Telefon mit meinem engsten Stab abstimmen. Das hat auch unmittelbar vor und nach meiner Operation bereits reibungslos funktioniert.

Doskozil über Krisen-Management

Das Burgenland war insgesamt gut vorbereitet, wir haben schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt einen Koordinationsstab eingerichtet und dort alle nötigen Vorkehrungen getroffen. Unterm Strich hat sich gezeigt, dass wir ein gut eingespieltes Team sind, das dieses Land gemeinsam auch durch eine so heikle Phase führen kann. Das burgenländische Krisenmanagement war ausgezeichnet und hält jedem Vergleich stand. Dafür danke ich allen, die einen Beitrag geleistet haben. Auch die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung und den Behörden des Bundes hat gepasst.

Doskozil über Lockerung der Maßnahmen

Doskozil: Absoluten Vorrang hat das Ziel, die Gesundheit der Menschen zu schützen. Da haben wir mit der Strategie, die sozialen Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren, gute Ergebnisse erzielt. Wir sind mit der Schaffung zusätzlicher Kapazitäten bei der Gesundheits- und Spitalsversorgung auch auf eine weitere Zuspitzung – die hoffentlich nicht eintritt - vorbereitet. In einem nächsten Schritt gilt es nun, die wirtschaftlichen Schäden zu begrenzen und langsame Schritte zur Lockerung der notwendigen Beschränkungen einzuleiten. Aber mit Bedacht und Sorgfalt - wir müssen jetzt stark aufpassen, dass nicht falsche Signale gesetzt werden, die den Aufwärtstrend wieder gefährden…

Doskozil über See-Beschränkung

Doskozil: Meine Aufgabe und meine Verantwortung als Landeshauptmann ist es, die Gesundheit der Bevölkerung bestmöglich zu schützen. Dazu wurden im Burgenland zahlreiche Maßnahmen gesetzt – unter anderem wurden auch Verordnungen erlassen, die das Betreten der Mobilwohnheime und der Seebäder verbieten. Die erstgenannte Verordnung tritt ab 27. April außer Kraft, die Seebäder-Regelung ist seit 14. April außer Kraft. Wir müssen da aber eine Sicherheitsschranke einziehen – das meine ich mit "Bedacht und Sorgfalt". Der Neusiedler See ist gerade in den Frühlingsmonaten ein beliebtes Tagesausflugsziel, was selbst während der Coronavirus-Krise dazu geführt hat, dass viele Menschen aus anderen Bundesländern an den See reisten – einer der Gründe dafür dürfte auch die Sperre der Bundesgärten in Wien gewesen sein. Dies führte zu Beschwerden und Anzeigen, weil der gesetzlich vorgegebene Abstand teilweise nicht mehr eingehalten werden konnte. Um solche Risikosituationen zu vermeiden und die Gesundheit der betroffenen Personen zu schützen, wird ab 16. April eine neue Verordnung in Kraft treten: Der Zugang zu Seebädern ist demnach ausschließlich für die Besitzer der Seehütten, für Fischer und zur regionalen Naherholung erlaubt. So wird gesetzlich geregelt, dass zum Zwecke der Naherholung nur Personen anreisen dürfen, die ihren Wohnsitz im Umkreis von 15 km zum Erholungsgebiet haben. Weitere Ausnahmen können von der Bezirksverwaltungsbehörde gewährt werden.

Doskozil über das Outlet Center

All diese Maßnahmen tragen im Zusammenspiel mit anderen Regelungen dazu bei, den Virus einzudämmen und ausreichende Kapazitäten im Gesundheitswesen sicherzustellen. Dass die Fallzahlen im Burgenland so niedrig sind, liegt sicher auch daran, dass sich die Burgenländerinnnen und Burgenländer so verantwortungsvoll an die Vorgaben der Behörden gehalten haben – dafür möchte ich herzlich Danke sagen. Viele Menschen haben enge Verwandte und Freunde schon seit Wochen nicht mehr gesehen, um sich und ihre Mitmenschen zu schützen. Umso unverständlicher ist es für mich, dass es die neue Verordnung der Bundesregierung möglich macht, dass Einkaufstempel wie das Outlet-Center Parndorf ab Freitag wieder öffnen. Trotz Nachfrage des burgenländischen Krisenstabes ging die Bundesregierung von dieser Regelung nicht ab. Das steht für mich in einem krassen Widerspruch zu den strengen Ausgangsbeschränkungen, die nach wie vor gelten - und es kann auch dazu führen, dass die positive Entwicklung der letzten Tage aufs Spiel gesetzt wird. Zugespitzt formuliert: Einerseits konnten Omas und Opas zu Ostern ihre Enkelkinder nicht sehen – andererseits können diese ab Freitag gemeinsam mit hunderten anderen Menschen in Parndorf shoppen. Bei allem Verständnis für wirtschaftliche Interessen – das ist weder gerecht noch nachvollziehbar.

Doskozil über Mindestlohn

Doskozil: Die letzten Wochen haben auch gezeigt, wie richtig es war, Themen wie den Mindestlohn oder den Ausbau des Pflege- und Gesundheitsangebotes anzugehen. Plötzlich ist die Arbeit von Menschen „systemerhaltend", denen noch vor kurzem mancher einen Mindestlohn von 1.700 Euro netto nicht zugestehen wollte. Aber genau diese Menschen halten – salopp gesagt – den Laden jetzt am Laufen: von Putzfrauen über Pflegekräfte bis hin zu den Handelsangestellten und Supermarktkassiererinnen. Es reicht aber nicht, wenn man sie auf Werbeplakaten als „Heldinnen" feiert oder zum kollektiven Applaus aufruft. Die allgemeine Wertschätzung dieser Tätigkeiten muss sich auch in einer fairen Entlohnung niederschlagen. Wir werden daher im Burgenland an der Ausrollung des Mindestlohns nicht nur festhalten, sondern wollen sie im Pflegebereich sogar zeitlich vorziehen. Und ich fordere diesen Mindestlohn auch für jene Berufsgruppen, auf die wir in dieser Krise angewiesen sind!