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Hat der Papst Übergriffe im Vatikan gedeckt?

Schwerer Verdacht: Papst Benedikt soll gemeinsam mit seinem Privatsekretär jahrelang sexuelle Übergriffe im Vatikan gedeckt haben.

Heute Redaktion
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Bild: picturedesk.com

Lange wurde hinter vorgehaltener getuschelt, jetzt laufen erste Ermittlungen. Laut der deutschen "Bild", der vertrauliche E-Mails und Dokumente vorliegen, steht ein deutscher Prälat im Mittelpunkt der pikanten Causa. Der Mann soll viele Jahre lang Priester im Vatikan bedrängt haben.

Papst ignorierte alle Beschwerden

Die Opfer sollen die Übergriffe schriftlich beim Privatsekretär von Papst Benedikt gemeldet haben, aber: Die Vorwürfe wurden weder der kirchlichen Justiz noch der Staatsanwaltschaft angezeigt. Stattdessen versetzte man den Prälaten zunächst als päpstlichen Diplomaten ins Ausland, nach erneuten Vorwürfen zurück in dessen Heimat-Bistum.

So soll das in der Kirche jahrelang gehandhabt worden sein: Priester, denen sexuelle Übergriffe vorgeworfen oder nachgewiesen wurden, werden still und heimlich in andere Gemeinden versetzt.

Sexuelle Übergriffe gleich neben den päpstlichen Gemächern?

Die Vertuschungs-Cause ist jetzt ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Mehre Opfer schilderten in einer stundenlangen Vernehmung die sexuelle Übergriffe, die nur wenige Meter von den päpstlichen Gemächern in Büroräumen des Palastes erfolgt sein sollen. Dazu gibt es auch einen 9 Seiten langen Schriftsatz, in dem die Übergriffe detailliert beschrieben sind.

Der Prälat soll seinen Opfern Zungenküsse aufgedrängt haben, die Geschlechtsteile seiner Opfer gequetscht und sie gewürgt haben. In einem anderen Fall soll der Prälat seinen Penis auf seinen Schreibtisch gelegt und den Priester aufgefordert haben, das Geschlechtsteil mit seinem Schuh zu malträtieren. Das mutmaßliche Opfer: „Es ist schlimm, dass ich die Bilder eines geil keuchenden Prälaten, der mir in den Schritt fasst und den Moment nutzt, mir seine Zunge in den Mund zu drücken, nicht aus meinem Kopf vertreiben kann."

Warum schwieg der Privatsekretär?

Der Privatsekretär soll mindestens sieben Jahre von den Vorwürfen gewusst haben, belegt eine Mail, die dieser einem Opfer geschrieben hatte. Sie lautet: „Nicht ärgern, ein bisschen wundern (...) Ich hoffe, dass dem Spiel nicht mehr allzu lange zugesehen wird." Auch der Heimatbischof des Prälaten war von einem Kardinal im Dezember 2012 über diese Übergriffe informiert worden. Das bestätigt der Bischof gegenüber „Bild" mit der Feststellung: Der Prälat sei „stockschwul" und „belästige andere".

Auch weitere Beschwerden gingen ins Leere



Anfang 2013 wurde Benedikts Privatsekretär erneut schriftlich über sexuelle Übergriffe des informiert. Dieser bestätigte den Eingang der Vorwürfe, antwortete: „Ja, das Schreiben ist bei mir angekommen." Benedikts Privatsekretär versprach, er wolle mit den Informationen „entsprechend verantwortlich umgehen" – und unternahm weiter nichts. Er behauptet heute, er habe den Personalchef des Papstes informiert, doch der kann sich heute an nichts erinnern.

Was verbindet Papst Benedikt mit dem angeblichen Sex-Täter?

Der beschuldigte Prälat half Kardinal Joseph Ratzinger im Jahr 2005, Widerstände gegen seine Wahl zum Papst zu beseitigen. Gegen den Deutschen hatte sich vor der Wahl eine Clique von Kardinälen in der Villa Nazareth in Rom verschworen. Die Gruppe, die später unter dem Namen „Sankt-Gallen-Mafia" bekannt wurde, hatte den heutigen Papst Franziskus favorisiert, berichtet "Bild". Der beschuldigte Prälat informierte einen Journalisten, die verbotenen Wahlabsprachen wurden öffentlich. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner alarmierte die anderen Kardinäle. Was dann passierte, ist bekannt: Die Wahl von Jorge Bergoglio – dem heutigen Papst Franziskus – scheiterte 2005. Ratzinger wurde Papst Benedikt.

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