Szene

Herbig: "Die Bullyparade im TV war der Urknall"

Heute Redaktion
13.09.2021, 23:30

Der Wahnsinn hat endlich wieder eine Bühne. Die "Bullyparade" schickt Sissi, Spucky und Co. auf die große Leinwand. "Heute" plaudert mit dem Spaßtrio über Östrogen, Astrophysik und neue Rollen.

20 Jahre nach der ersten Folge der TV-Sketch-Comedy kommt, was kommen musste: ein Blockbuster. In fünf nicht zusammenhängenden Episoden ("Zurück in die Zone", "Winnetou in Love", Wechseljahre einer Kaiserin", Lutz of Wall Street", "Planet der Frauen") hauchen sich die Kultfiguren aus dem Bullyversum ab sofort im Kino neues Leben ein. Das Interview:

„Heute": Die brennendste Frage: Wo genau ist der Planet der Frauen? Bei den Affen um die Ecke?

Michael Bully Herbig: Das wüssten wir auch gerne. Wenn wir es wüssten, wären wir längst dort.

Rick Kavanian: Absolut. Aber wir wissen nicht einmal, in welcher Galaxie er sich befindet. Aber wisst ihr, was mich beeindruckt? Ich hab gelesen, dass zwei Sterne aufeinander zurasen und im Jahr 2022 miteinander kollidieren werden. Das kann man von der Erde aus beobachten, obwohl die 20 oder 30 Lichtjahre von uns entfernt sind. Das ist kein Schmäh.

Christian Tramitz: Ach was, die haben in letzter Konsequenz dann eh wieder keinen Bock und ändern ihre Umlaufbahn.

Bully: Und da wären wir jetzt bei der Astrophysik…

„Heute": … wo ich aussteigen müsste. Was schade wäre, da dass ja mein Interview ist. Also frag' ich lieber: Wie lange haben Sie gezaudert, um dieses Projekt anzugehen? Oder war von vornherein klar, dass es eine Jubiläumssause werden soll?

Bully: Jubiläumssause, das Wort mag ich, dürfen wir das übernehmen? Das war nichts Strategisches. 2007 lief mit „Lissi und der wilde Kaiser" unser letzter Kinofilm. Wir haben die letzten Jahre nicht diskutiert, sollen wir oder sollen wir nicht. Also hatten wir diesen Film auch nicht auf der Agenda.

Kavanian: Jeder hat sein eigenes Ding gemacht und dann, 2015, rief Bully und an und fragte: Geht's euch auch so, ich werde immer wieder auf eine Fortsetzung angesprochen. Dann haben wir uns getroffen und besprochen, was wir machen könnten. Und plötzlich war das 20-jährige Jubiläum der TV-Show in Sichtweite und wir haben überlegt, ob wir alle Figuren von damals noch einmal zeigen könnten.

Tramitz: Wir haben, bevor wir mit der TV-Show aufgehört haben, sechs Jahre intensivst miteinander gearbeitet, waren Tag und Nacht zusammen. Zuerst lief das Ding ja gar nicht so gut, dann irgendwann super. Wir wussten damals also, wir sind on top, jetzt können wir etwas anderes machen. Und das, ohne auf dem absteigenden Ast oder heillos miteinander zerstritten zu sein. Das war ein großer Vorteil. Bully und ich haben Filme gedreht, Rick hat Stand-up gemacht. Aber wir haben uns dabei nie aus den Augen verloren. Und dann kam diese Idee von Bully. Das war ja noch nichts Eindeutiges. Zuerst überlegten wir eine Fortsetzung von „Der Schuh des Manitu". Das war am naheliegendsten, weil ja der erfolgreichste Film.

Bully: Erfolgreichster Film, ja, aber da kriegt man jetzt einen falschen Eindruck. Nimm mal „(T)Raumschiff Surprise", diese paar Zuschauer weniger, das macht in dieser Dimension keinen Unterschied. Außerdem stehen die Kids wesentlich mehr auf „(T)Raumschiff Surprise". Und dann machst du dir Gedanken: Wenn du das eine machst, sind die anderen enttäuscht und umgekehrt. Und wieder andere wollten nur die TV-Show. Also haben wir gesagt, wir packen alles in einen Film als eine Art Abschiedsgeschenk.

„Heute". ist das nicht gefährlich? Zu versuchen, den Kuchen so aufzuteilen, dass für ALLE was dabei ist?

Bully: Was soll daran gefährlich sein?

„Heute": Dass man zu viel will, wenn man allen gerecht werden will…

Bully: Ach so. Nein, das wollten wir ja gar nicht. Wir wollten einen Deckel drauf machen. „Schuh des Manitu", „(T)Raumschiff Surprise", alles super, aber der Urknall war eben die TV-Show „Bullyparade"! Und es gibt nichts Schöneres, als das Thema mit einem großen Kinofilm abzuschließen. Das war die Idee.

„Heute": Haben Sie für den neuen Film etwas Neues probiert, was dann gar nicht funktioniert hat?

Bully: Ja, ich bin ja ein totaler Film-Noir-Fan und ich wollte was machen mit Pavel und Bronko im Zugabteil. Nachtzug nach Bratislava. Ein Mord, den sie aufklären müssen. Es wäre die schrägste Nummer geworden. So schräg, dass sie es nicht in den Film geschafft hat.

„Heute": Bei welchen Figuren sind die Höllenqualen, selber nicht lachen zu dürfen, am größten?

Tramitz: Bei Lutz und Löffler. Da war ich ja nicht dabei, musste mich aber schon bei den Outtakes kaputtlachen. Das sind die zwei Figuren, die am meisten über einander lachen. Das sind die Killer am Set. Die Zeitfresser.

Bully: Wir haben ja auch, wie man das ja heute so macht, unsere Fans vorher auf Facebook gefragt, welche Figuren rein sollen und welche nicht. Da waren die Outtakes ein ganz großes Thema. Klar, hätten wir auch gerne, aber die kann man nicht schreiben. Umso froher sind wir, dass wir so viele gute haben.

„Heute": Wie läuft die Findung ab, wer wen spielt?

Bully: Das ist immer von vornherein ganz klar, da gab's nie eine Diskussion.

Kavanian: Irgendwann merkte man, dass ich für Ausländer, Insekten und Frauen verantwortlich bin. Kürbisse und Buntstifte.

Bully: Genau. Aber obwohl Rick immer die Frauen spielt, war es nie ein Thema, dass er Sissi ist. Sondern der Feldmarschall. Und Christian hat einmal eine Fee gespielt. Das war aber auch die einzige Frauenrolle, die man ihm abnimmt. Und bei „(T)Raumschiff Surprise" war logisch: Christian ist der kernigste, er muss der Käpt'n sein. Rick mit seiner Brille ist der Nerd, also der Techniker. Dann blieb für mich nur noch der mit den spitzen Ohren.

„Heute": Bully meinte, der Deckel soll drauf. Das definitive Ende für Spucky, Winnetou und Co.?

Bully: Ja, das jetzt ist doch ein wunderbarer Abschluss. Wir hatten ja damals auch den Mumm, in der sechsten Staffel aufzuhören. ProSieben meinte, toll, jetzt haben wir euch so lange durchgefüttert und jetzt ist Schluss. Den Weg, den Sack zuzumachen, egal, wie das Ding ausgeht, finde ich einen sehr eleganten. Aber das heißt ja nicht, dass man nicht irgendwann gemeinsam eine Reisedoku machen könnte…

„Heute": „Schluss mit lustig" – so raschelte es vor ein paar Wochen auch durch den Blätterwald, weil Sie, Bully, ins ernste Fach wechseln und die DDR-Fluchtgeschichte „Der Ballon" (2018 im Kino, Anm.) inszenieren…

Bully: Ach ja, da hat sich einer eine tolle Headline ausgedacht und alle anderen haben sie abgeschrieben. Es ist so: Ich nehme mal Steven Spielberg. Der ist ja auch nicht für seine Komödien bekannt. Aber wenn er eine macht, heißt er ja auch nicht plötzlich Steven Spaßberg, sondern er ist derselbe Regisseur, der einfach einen anderen Film macht. Mir persönlich geht's immer um Unterhaltung und als Filmemacher finde ich es schon spannend, das Genre zu wechseln. Aber als Darsteller, mit diesem Gesicht, brauch' ich jetzt keine ambitionierten Rollen angehen. Da werde ich der Komödie treu bleiben.

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