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Hier ist die "Schleppersituation wie im Wilden Westen"

An mehreren EU-Außengrenzen geht es wild zu. Menschen, die in den "sicheren Hafen" wollen, sind auf Schlepper angewiesen und erleben häufig Gewalt. 

Ein Zeltlager an der serbisch-ungarischen Grenze nahe des serbischen Dorfs Horgos.
Ein Zeltlager an der serbisch-ungarischen Grenze nahe des serbischen Dorfs Horgos.
Darko Vojinovic / AP / picturedesk.com

Kürzlich häuften sich Berichte über gewaltsame Pushbacks an der türkisch-bulgarischen Grenze – nicht selten würden laut grenznah ansässigen Bauern auch Leichen von Migranten und Flüchtlingen gefunden. Ähnliches soll sich an der ungarisch-serbischen Grenze abspielen. Laut Anrainern und Experten bestimmen just jene Schlepperbanden vor Ort das Geschehen, gegen die Österreich und Ungarn gemeinsam ankämpfen wollen, unter anderem in der "Operation Fox". 

Bernd Koschuh berichtete im "Ö1-Mittagsjournal" direkt von der angesprochenen Grenze. Trotz der Bemühungen, gegen Schlepperkriminalität vorzugehen, kommen immer noch 95 Prozent der Flüchtlinge und Migranten über Ungarn nach Österreich. Eine Reihe von Experten stellt die gegenwärtige Herangehensweise infrage, denn: Härte und Pushbacks an der ungarisch-serbischen Grenze erhöhen die Schlepperkriminalität aus ihrer Sicht sogar. An der Grenze gehe es zu "wie im Wilden Westen". 

"Ping-Pong der Migration"

Der "Ö1"-Reporter berichtet davon, wie er und sein Team im Zuge ihrer Recherche immer wieder auf Gruppen von Migranten und Flüchtlingen trafen. Diese seien großteils jedoch in Richtung Süden, also weg von der EU-Außengrenze unterwegs gewesen – ein Indiz für Zurückweisungen. Hier spiele sich ein "Ping-Pong der Migration" ab. Auf Versuche des Passierens von Grenzen würden Zurückweisungen folgen. Diese sind am Balkan weit verbreitet, wie es heißt.

Von Serbien aus werden Betroffene demnach vor allem in Richtung Bulgarien und Nordmazedonien zurückgedrängt. Wie Serbiens Präsident Aleksandar Vučić im Rahmen eines Migrationsgipfels mit den Regierungschefs von Ungarn und Österreich angab, seien alleine letztes Jahr 45.000 Menschen durch Serbien zurückgewiesen worden. Nur ein paar Hundert sind jedoch offiziell dokumentiert – beim Rest dürfte es sich um illegale Pushbacks handeln.

Schlepper betreiben Barracken-Siedlungen

Aber zurück zum "Wilden Westen": praktisch die komplette irreguläre Migration befinde sich in der Hand der Schlepperbanden, wie es vonseiten der Experten heißt. Sie kontrollieren jede Stufe der (versuchten) Migration, vom Transport im Inland über die Unterbringung bis zum Überqueren der jeweiligen Grenze. Nur wer Schlepper bezahlt, hat eine Chance. Ganze 35 informelle Siedlungen im serbisch-ungarischen Grenzgebiet sind bereits bekannt. Diese werden von Schmugglern betrieben – wer nicht dafür zahlt, kann hier nicht übernachten. 

Finanzielle Möglichkeiten spielen eine gewichtige Rolle bei der Migration. Ärmere Flüchtlinge, die sich keine Schlepper leisten können bzw. billigere Angebote in Anspruch nehmen müssen, sind vermehrt Gewalt an Grenzen ausgesetzt. Immer wieder gibt es auch Berichte davon, wie Schlepper zurückgewiesene Migranten dafür bestrafen, sie nicht bezahlt zu haben. Polizeigewalt stellt ein ebenso reales Risiko dar, die Betroffenen kann es also von verschiedenen Seiten treffen. 

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