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Hier stehlen radikale Tierschützer 14 Kaninchen

Heute Redaktion
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Bei einer sogenannten "Befreiungsaktion" hat die Animal Liberation Front über ein Dutzend Tiere aus einem Stall gestohlen. Der Züchter hat Anzeige erstattet.

Der Kegel der Taschenlampe wird auf den Käfig gerichtet. Dahinter: 14 Kaninchen, die ängstlich weghüpfen. Ein maskierter Mann greift in den Käfig hinein und setzt die Tiere in eine Schachtel. Nach der Aktion werden die Wände im Stall mit dem Kürzel "ALF" (Animal Liberation Front) vollgesprayt. Am Schluss des Videos folgt die Ankündigung, dass die Gruppe nicht aufhören wird, "bis alle Käfige leer sind".

In einem Statement, das auf einem einschlägigen Portal veröffentlicht wurde, begründet sie die Aktion, dass die Kaninchen "auf engstem Raum eingepfercht und voneinander isoliert" gehalten wurden. Daher sähen sie es als "ihre Pflicht" an, diese Lebewesen aus ihrer Gefangenschaft zu befreien.

"Es braucht solche radikalen Aktionen"

Die Schweizer Polizei bestätigt den Fall: Am 29. Januar sei eine entsprechende Anzeige des Tierhalters eingegangen. "Es handelt sich beim Besitzer der Hasen um einen privaten Züchter mit mehreren Hasenställen", sagt Frank Kleiner, Mediensprecher der Zuger Strafverfolgungsbehörden.

Die Animal Liberation Front ist eine international agierende Gruppe von Tierschützern, die immer wieder mit militanten Aktionen für Schlagzeilen sorgt. Auch der Pharmakonzern Novartis geriet schon ins Fadenkreuz der Aktivisten. "Von der ALF hat man aber in der Schweiz seit den Angriffen gegen Novartis-Mitarbeitende relativ wenig gehört", sagt Helen Sandmeier, Sprecherin des Schweizer Tierschutzes. Offenbar suche die ALF mit dieser Aktion jetzt aber wieder die Öffentlichkeit.

Sandmeier sagt, sie heiße den Kaninchen-Diebstahl nicht gut. Aber es brauche Organisationen, die mit "ungewöhnlichen Aktionen auf dringende Probleme im Tierschutz aufmerksam machen". Die Grenze liege dort, wo Gewalt und Gewaltdrohungen eingesetzt werden, um Personen einzuschüchtern. "Ein solches Vorgehen ist nicht tolerierbar und schadet den Anliegen des Tierschutzes sogar", sagt Sandmeier.

"Wer nicht mitmacht, gilt als Verräter"

Für Extremismus-Experte Adrian Oertli gibt es einen klaren Trend, dass Tierrechtsorganisationen bei solchen Aktionen immer häufiger mit Mitgliedern aus der linksautonomen Szene zusammenarbeiten würden. "In diesen Kreisen werden die Grenzen zur Illegalität gern überschritten", sagt Oertli. Wer bei den Aktionen nicht mitmache oder dazu Kritik äussere, werde des Verrats verdächtigt oder bezichtigt, nicht genug für den "Kampf" zu tun.

"Es ist wie in einer Sekte: Je extremer man in der Wahl der Mittel ist, desto höher ist das ‹Entwicklungslevel›", sagt Oertli. Es sei also ein Zeichen besonderer Erleuchtung, wenn man bei illegalen und teilweise gefährlichen Aktionen mitmache. "Das ist ein ungeheurer psychologischer Druck, der innerhalb der Gruppe aufgebaut wird", sagt Oertli. Druck, der dazu genutzt werde, um Kontrolle auf die Mitglieder auszuüben – wie eben in einer Sekte.

"Das ist eine Wohlstandserscheinung"

"Man stellt fest, dass die Fanatisierung und Radikalisierung rund um die Tierhaltung generell zunehmen", sagt FDP-Nationalrat Walter Müller. "Wie es scheint, ist das eine Wohlstandserscheinung." Es sei zwar das gute Recht eines jeden Einzelnen, sich für den Tierschutz einzusetzen. Allerdings sei es nicht in Ordnung, wenn man dafür zu illegalen Methoden greife.

Die Behörden müssten die Animal Liberation Front aufgrund ihrer internationaler Ausrichtung auf den Radar setzen, sagt Müller. "Man kann nicht sagen: ‹Die meinen es doch nur gut mit den Tierchen, jetzt muss man Verständnis zeigen.›" Wenn Tierschützer das Maß überschreiten und illegal und unrechtmäßig vorgehen würden, sei das von der Polizei zu ahnden.

Wo sich die Kaninchen jetzt befinden, ist unklar. Die Tierschützer versichern aber, dass sie ihr Leben an einem "schönen Ort" verbringen, wo sie ihren natürlichen Bedürfnissen nachgehen dürfen. Betroffen reagiert Stefan Röthlisberger, Präsident der Schweizerischen Kaninchen-Experten-Vereinigung (SKEV) auf das veröffentlichte Video: "Diese Leute haben keine Ahnung, wie man mit Kaninchen umgeht". Hastige Bewegungen und Bewegungen von oben verursachten Stress, weil Kaninchen instinktmäßig flüchten wollen. Außerdem hätten die Aktivisten vergessen, Luftlöcher an der Transportkiste anzubringen. "Man würde annehmen, dass Tierschützer darauf achten würden, nicht eine solche Stressreaktion bei den Tieren auszulösen", sagt Röthlisberger. (red)