Österreich

Köchin (56) verweigert 12-Stunden-Tag – gefeuert

Heute Redaktion
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Weil sie nicht 12 Stunden arbeiten wollte, wurde der Köchin gekündigt.
Weil sie nicht 12 Stunden arbeiten wollte, wurde der Köchin gekündigt.
Bild: iStock, Montage

Eine 56-jährige Hilfsköchin aus Wien wurde gefeuert, weil sie nicht 12 Stunden am Tag arbeiten wollte. "Das ist genau, was wir befürchtet haben", meint AK-Chefin Anderl dazu.

Seit fast 20 Jahren arbeitete Fatma B. (56) als Hilfsköchin in einer Wiener Restaurantkette. Dann verlangte ihr Chef laut einer Aussendung der Arbeiterkammer Wien, dass sie entweder ab 1. September täglich 12 Stunden arbeiten solle, oder man müsse sie kündigen.

AK-Präsidentin Renate Anderl sagt: "Das ist genau, was wir befürchtet haben: Seit Inkrafttreten des 12-Stunden-Tag-Gesetzes machen die Arbeitgeber Druck. Im konkreten Fall benutzte ein Arbeitgeber offenbar das 12-Stunden-Tag-Gesetz, um eine ältere Arbeitnehmerin los zu werden."

Roman Hebenstreit von der Gewerkschaft vida fügte noch hinzu, dass Fatma nicht die einzige Betroffene in ihrem Betrieb sei. Viele Kollegen hätten aber Angst, sich zu wehren. "Von Freiwilligkeit kann also bei diesem Husch-Pfusch-Gesetz keine Rede sein, denn die Beschäftigten sind und bleiben wirtschaftlich abhängig."

"Asoziale Politik"

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch meldete sich bereits zum Fall und sagt dazu: "Das türkis-blaue Arbeitszeitgesetz lädt unsoziale Arbeitgeber ein, sich billig von ihren Mitarbeitern zu trennen. Kurz und Strache haben den unsozialen Arbeitgebern ein Werkzeug in die Hand gegeben, um die ArbeitnehmerInnen unter Druck zu setzen und sie um ihre Ansprüche zu bringen. Das Arbeitszeitgesetz muss schleunigst wieder geändert werden."

Die von Schwarz-Blau ins Gesetz geschriebene Freiwilligkeit gebe es einfach nicht. "In Österreich gibt es keinen allgemeinen Kündigungsschutz, aus diesem Grund gibt es auch im Zusammenhang mit dem 12-Stunden-Tag und der 60-Stunden-Woche keine Freiwilligkeit. Davor haben wir auch immer gewarnt. Dieses Opfer der schwarz-blauen asozialen Arbeitszeit-Politik hat unsere Befürchtungen leider bestätigt."

Näheres zum Fall von Fatma:

Fatma B. arbeitet seit 1999 Teilzeit als Hilfsköchin in einem Lokal in der Wiener Leopoldstadt. Am 31. August sie nach beinahe 20 Jahren zum Gespräch zum Chef gerufen. Er stellte ihr das 12-Stunden-Tags-Ultimatum, setzte sie unter Druck. Sie suchte den Kompromiss und bot an, 40 Stunden in der Woche zu arbeiten. 12 Stunden täglich schaffe sie gesundheitlich nicht. Das Angebot reichte dem Arbeitgeber jedoch nicht.

Der Chef legte ihr ein Schreiben vor, mit dem sie bestätigen sollte, dass das Arbeitsverhältnis mit 14. September "einvernehmlich" beendet wird. Fatma B. wollte sich zuerst beraten, doch der Chef habe sie nicht aus dem Zimmer gehen lassen, bis sie unterschrieb. Dann schickte er sie nachhause.

Dann konnte sie mit einer Vertrauten sprechen und ging in weiterer Folge zur Arbeiterkammer, meldete sich auch bei der ÖGB. "Obwohl die Beendigung unter Druckausübung wohl nicht wirksam zustande gekommen war, wollte die Arbeitnehmerin sie nicht anfechten. Sie wollte in einem solchen Arbeitsklima einfach nicht mehr weiterarbeiten. Dem Arbeitgeber wurde schriftlich mitgeteilt, dass Fatma B. bis 14. September jedenfalls arbeitsbereit sei, sie aber vom Chef nachhause geschickt, und somit dienstfrei gestellt wurde", wird der Fall weiter geschildert.

Die AK habe für die Arbeitnehmerin die Abfertigung von sechs Monatsentgelten eingefordert. Vier Monate hätten ihr noch auf ihr 20-jähriges Dienstjubiläum gefehlt, dann hätte die Abfertigung neun Monatsentgelte betragen. AK Präsidentin Renate Anderl sagt: "In diesem Fall hat ein Arbeitgeber offenbar das 12-Stunden-Tag-Gesetz benutzt, um eine ältere Arbeitnehmerin los zu werden – und hat sich noch Geld bei der Abfertigung erspart."

Vida gegenüber habe Fatma noch erzählt, dass sie nicht die einzige in ihrem Betrieb sei, die zu einem 12-Stunden-Tag gezwungen werden sollte. Besonders Kollegen über 50 Jahre seien gedrängt worden, 12 Stunden am Tag zu arbeiten. "Den Mut wie Frau B. hatten sie allerdings nicht: Um nicht den Job zu verlieren, haben sich die meisten mit den neuen unmenschlichen Arbeitszeiten abgefunden."

Umstrittenes Gesetz

Seit 1. September ist das neue Arbeitszeitgesetz in Kraft, es erlaubt den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche "auf freiwilliger Basis". Diese Freiwilligkeit wurde von vielen Seiten, allen voran den Arbeitnehmervertretern, stets angezweifelt. Auch bekrittelt wurde, dass das Gesetz ohne Begutachtung von Experten beschlossen wurde.

+++ 10 Fragen und Antworten zur 60-Stunden-Woche +++ (red)