Österreich

Höchste Handwerkkunst für Goldliebhaber

Nach der Aufnahme des Vergolder-Handwerks in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO, hofft die Branche auf mehr Aufträge.

Heute Redaktion
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Das UNESCO-Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes listet Handwerke auf, die als Quelle kultureller Vielfalt gelten. Für Österreich weist die Liste derzeit über 100 Traditionen aus. Seit 9. November 2017 zählen auch die Vergolder und Staffierer dazu. Die Initiative dazu kam von Waltraud Luegger (41), die seit 2004 als selbständige Vergolderin das Atelier "GoldRichtig" in Wien-Wieden betreibt.

Bei dem "Heute"-Besuch in ihrem Geschäftslokal zeigt sich: Hier ist tatsächlich fast alles Gold, was glänzt. Umgeben von vergoldeten Bilderrahmen jeder Größe, von Heiligenfiguren mit vergoldeten Kronen, von vergoldeten Flaschen auf dem Regal oder von winzigen Goldresten am Fußboden, arbeitet Luegger an einem alten Sessel einer schwedischen Manufaktur. Im Auftrag eines Kunden macht sie sich daran, dem Stuhl seine ursprüngliche Pracht zurück zu geben.

"Unsere besondere Kunst als Vergolder ist es, dass wir Stücke so bearbeiten können, dass sie aussehen, als wären sie aus purem Gold", erzählt Luegger, die auch als Branchensprecherin der Vergolder und Staffierer in der Wiener Wirtschaftskammer tätig ist.

"Mit der Aufnahme in die Liste des immateriellen Kulturerbes würdigt das UNESCO-Komitee die lange Vergangenheit einer alten Zunft, die ihre historischen Techniken pflegt und hegt und an zukünftige Generationen weitergibt. Für die Vergolder in ganz Österreich ist das ein großartiges Zeichen der Wertschätzung", freut sich Luegger.

Vergolder hoffen auf größeres Interesse und mehr Aufträge

Eine schöne Anerkennung, die dem Handwerk auch zu einer größeren Bekanntheit verhilft. "Zu mir kommen auch Kunden, die sich mit uns freuen und uns zu der Auszeichnung gratulieren", erzählt Luegger. Mit der gestiegenen Wahrnehmung steigt auch das Interesse, einen Vergolder zu beauftragen, hofft man in der Branche.

"Früher war einmal überall dort, wo Pracht, Macht und Einfluss optisch vermittelt werden sollte, ein Vergolder tätig. Heutzutage werden aber kaum noch Kirchen gebaut. Manche junge Kollegen haben sich darauf verlegt, private Yachten oder in sehr exklusiven Wohnsitzen in aller Welt zu vergolden", erzählt Luegger. Die Arbeitsgebiete hierzulande sind jedoch hauptsächlich Restaurierungen in Kirchen, Schlösser von innen oder außen, sowie Kunstgegenstände wie Bilderrahmen, Heiligenfiguren, Möbel oder auch Ausgefallenes.

Meisterliche Goldarbeiten nur beim Vergolder



Wer perfekte Oberflächen will, der ist gut beraten, einen professionellen Vergolder zu engagieren. Denn der Unterschied liegt in der meisterhaften Handhabung von Gold und anderen Edelmetallen, wie Platin oder Palladium. Bis zur vollen Beherrschung der Handwerkskunst dauert es fünf Jahre.

Wie gewissenhaft Luegger arbeitet, zeigt sich am oben erwähnten Beispiel des Sessels: Rund zwei Wochen Arbeit brauche es, um den Sessel neu zu vergolden. Dazu sind 14 Arbeitsschritte nötig, alleine die Grundierung besteht aus sechs Kreideschichten. Danach folgen je eine gelbe und eine rote Schicht Poliment. Erst als letzte Schicht wird mit Hilfe eines Pinsels aus "Oachkatzl"-Haaren 23-karätiges Blattgold mit einer Dicke von nur Zehntausendstel Millimeter aufgebracht.

Trotz Interesse derzeit keine Lehrlingsausbildung

Um das Gewerbe einer breiteren Öffentlichkeit in Erinnerung zu rufen, hat Luegger bei einem Treffen mit ihren Vergolder-Kollegen die Bewerbung bei der UNESCO vorgeschlagen: "Wir wollten unser Handwerk hinter dem Vorhang hervorholen".

Obwohl das Interesse am Vergolderhandwerk durchaus auch bei den Jungen vorhanden wäre, wird in Wien derzeit kein einziger Lehrling ausgebildet, österreichweit seien es nicht einmal eine Handvoll. "Viele Vergolder-Betriebe sind mittlerweile Ein-Personen-Unternehmen, die Zukunft eines Lehrlings beim Betrieb bleiben zu können, ist meist ungewiss", erklärt die Goldexpertin.

Bleibt zu hoffen, dass neben der UNESCO auch mehr öffentliche sowie Privatkunden ihr "Goldenes Wiener Herz" wieder entdecken und mithelfen, das geschichtsträchtige Handwerk für künftige Generationen zu erhalten.