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"Hört auf, Pädophile zu jagen - überlasst das uns"

Zuletzt kam es in den Niederlanden zu über 250 Fällen von Gewalt oder Erpressung von angeblichen Pädophilen. Die Polizei warnt vor Selbstjustiz.

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In den Niederlanden wurden in den letzten Monaten in drei Fällen Jugendliche wegen Selbstjustiz verhaftet.
In den Niederlanden wurden in den letzten Monaten in drei Fällen Jugendliche wegen Selbstjustiz verhaftet.
(Bild: Screenshot YouTube/FreeThe Children)

Die niederländische Justiz ist besorgt über die Zunahme von Gruppen, die Jagd auf angebliche Pädophile machen. Die Vorfälle von Misshandlungen nähmen zu, sagte Polizeisprecher Simen Klok der Deutschen Presseagentur in Arnheim. Im vergangenen Jahr waren innerhalb von drei Monaten etwa 250 Fälle von Gewalt oder Erpressungen registriert worden. Auch in diesem Jahr wurden bereits mehrere Fälle registriert. Die Polizei schätzt, dass die Dunkelziffer groß ist. Viele Opfer würden aus Scham oder Angst schweigen.

Zuletzt waren drei Fälle bekannt geworden, bei denen die Polizei an verschiedenen Orten vorwiegend jugendliche Täter wegen Misshandlung festgenommen hatte. Sie hatten den Angaben zufolge Männer über einen Internet-Chat zu einem Treffpunkt gelockt, wo sie angeblich eine Verabredung mit einem minderjährigen Mädchen hatten. Dort waren die Männer misshandelt worden.

In die Falle von Jugendlichen getappt

Im vergangenen Jahr war bei einem ähnlichen Fall ein 73-jähriger Mann getötet worden. Wie Focus berichtet, hatte er sich im Internet mit einem Minderjährigen zum Sex verabredet. Als er am Treffpunkt erschien, stellte sich heraus, dass ihm eine Gruppe Jugendlicher eine Falle gestellt hatte. Sie sollen ihn laut Bericht verfolgt und so schwer verprügelt haben, dass er später an seinen Verletzungen starb. Wie die Polizei bekanntgab, habe der 73-Jährige gewusst, dass sein Chatpartner minderjährig sei. Beweise für frühere sexuelle Kontakte mit Minderjährigen habe es aber nicht gegeben.

In der Folge wurden sieben Teenager verhaftet. Der Anwalt eines 15-jährigen Beteiligten erklärte, die Idee zur Pädophilenjagd sei «in der Langeweile der Corona-Zeit entstanden». Die sogenannten Pädo-Jäger wollen Pädophile entlarven und an den Pranger zu stellen. Sie organisieren sich dafür oft auf Facebook. Die Gruppen «Pedohuntnl» hat beispielsweise fast 5.000 Mitglieder.

"Sie machen sich strafbar – überlasst die Jagd uns"

Polizei und Staatsanwaltschaft warnen die Gruppen davor, das Recht in eigene Hände zu nehmen. «Sie machen sich strafbar», sagte der Sprecher. Die Verfolgung von Kindesmissbrauch sei Sache der Polizei. Sexuelle Gefühle für Kinder sind nicht strafbar. Verboten ist es erst, wenn sich ein Erwachsener an einem Kind vergreift.

Oscar Dros, Polizeichef der Einheit Ost-Niederlande, richtete im Allgemeen Dagblad einen Aufruf an die Jugendlichen: «Hört auf Pädophile zu jagen; hört auf sie festzuhalten, hört auf zu provozieren – überlasst das uns.» Nur so könnten weitere Todesfälle verhindert und Unschuldige geschützt werden. «Die Beweise, die diese Bürger glauben zu haben, sind oft hauchdünn», so Dros.

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