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Hornbrille & Hakenkreuz: "Nazi-Nerds" vor Gericht

Heute Redaktion
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Die fünf Angeklagten vor Gericht
Die fünf Angeklagten vor Gericht
Bild: Harald Dostal

Viel zu große Sakkos, unpassende Krawatte und riesige Hornbrillen – in Linz stehen fünf "Nazi-Nerds" vor Gericht. Ihnen drohen zehn Jahre Haft.

Als die fünf Angeklagten Montagfrüh den Schwurgerichts-Saal im Erdgeschoß des Linzer Landesgerichts betraten, konnte sich so mancher der Gerichtskiebitze das Schmunzeln wohl nicht verkneifen.

Der Grund: Wie in der Anklageschrift beschrieben, mussten sich fünf mutmaßliche Neonazis vor Gericht für ihre abscheulichen Taten verantworten.

Von klischeehaften kurz geschorenen Haaren oder gar Springerstiefeln war jedoch keine Spur. Ganz im Gegenteil: Die Beschuldigten (20-24) sahen eher aus wie die Nerds aus der TV-Comedy-Serie "Big Bang Theory".

Mit viel zu großen Sakkos, unpassender Krawatte und riesiger Hornbrille saßen die Beschuldigten in der ersten Reihe des Saals. Auf den ersten Blick wirkten die "Milchbubis" eher harmlos.

Die Anklageschrift verrät jedoch etwas anderes. So soll sich die Gruppe regelmäßig im Partykeller des Hauptangeklagten getroffen, und dort über die Flüchtlingskrise diskutiert und Nazi-Parolen wie "Sieg Heil" und "Heil Hitler" geschrien haben. Des weiteren haben sie laut Staatsanwalt Alfred Schaumüller nationalsozialistische Lieder abgespielt und mitgesungen.

Erstangeklagte soll Gedichte verfasst haben



Der Erstangeklagte steht zudem im Verdacht, selbst Gedichte verfasst und in der gemeinsamen "WhatsApp"-Gruppe "Waffenbrüder" gepostet zu haben.

Einem der "Nazi-Nerds" liegt auch noch eine gefährliche Drohung mit einer Waffe zur Last. Auch die anderen Beschuldigten sollen über Waffen verfügt und diese bei Schießübungen angewendet haben.

So soll die Gruppe immer wieder in die Traunauen gezogen sein, wo sie Schießübungen mit einer verbotenen Glock 17, einer Schrotflinte und legalen Softguns abhielt.

Beim Hantieren damit kam es laut Anklage zu einem Unfall. Einer der fünf wurde durch ein Plastikprojektil am Auge verletzt und seine Marken-Sonnenbrille ging zu Bruch. Der Vorfall löste einen heftigen Streit aus, wonach einer der Burschen bei der Polizei Anzeige erstattete. Die Folge: er brockte sich selbst eine Anklage ein.

Weitere Ermittlungen ergaben, dass vier der fünf Männer am 20. April 2016 nach Braunau gereist waren, um sich dort vor dem „Hitlerhaus" mit ausgestreckten rechten Armen fotografieren zu lassen. "Ich wollte cool sein", gab der Erstangeklagte vor Gericht an.

Dem Quintett drohen wegen dem Vergehen nach dem Verbotsgesetz, gefährlicher Drohung und dem Vergehen nach dem Waffengesetz bis zu zehn Jahre Haft.

Am Abend fiel das Urteil: Die jungen Männer haben wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung bedingte Haftstrafen zwischen sechs und 15 Monaten ausgefasst. Einer der Männer, der auch wegen gefährlicher Drohung verurteilt wurde, muss zudem eine Geldstrafe von 3.240 Euro zahlen. Die Urteile sind rechtskräftig.

(mip)