Wien

ORF-Moderator musste wegen Rapid-Liebe zum Rapport

Nach 30 Jahren gibt Paul Tesarek die Moderation der Sendung "Wien heute" ab. Mit "Heute" spricht er über Lebenslust und Politikfrust.

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Tesarek tritt nach drei Jahrzehnten als ORF-Wien-Chef zurück..
Tesarek tritt nach drei Jahrzehnten als ORF-Wien-Chef zurück..
(Bild: zVg)

Seine sonore Stimme gehört zum Brummen der Stadt Wien wie jene von Chris Lohner zum Signalton einer ÖBB-Lok: ORF-Wien Chefredakteur Paul Tesarek packt nach 28 Jahren Moderation das Mikro ein. Der scheinbar viel zu früh auf 63 Lenze gekommene Chef-Moderator des Telespiegels der Landeshaupstadt hatte gestern abend seine letzte Moderation hinter sich grbacht. Mehr als 2.000 Mal hat Tesarek die Wien-News um Schlag 19 Uhr präsentiert und Runden von erwachsenen Polit-Elefanten moderiert.    

Einmal hatte ich verschiedene paar Schuhe an

Dass er einmal kurz vor der Moderation mit zwei verschiedenen Paar Schuhen zur Konferenz erschienen war, ist ist ein verzeihlicher Lapsus gegenüber jener unfreiwilligen Legastenie, die ihm bei der Anrede der NEOS-Wienchefin passiert ist. Aus  Beate Meinl-Reisinger wurde ein rhetorisch gestürzte Gugelhupf namens Reinl-Meisinger. Der Versprecher über die folgende Scham. "Ich hatte mir gewünscht, dass der Boden unter mir aufgeht und mich verschluckt.  "

Nämliches war nicht der Fall und so prasselte ein Shitstorm zyklonischem Ausmaßes über den grundsätzlich friedfertigen Moderator nieder. Die Lehre aus der verwirkten Ehre: "Seither sehe ich das Problem solcher Angriffe und Beschimpfungen im Internet mit ganz anderen Augen." (s. Video unten)

Die Kameras sind so freundlich und folgen mir

All zu lange schallen Ohrfeigen bei Tesarek nicht nach, ist er schließlich ein durch 28 Sendungsjahre seelisch ordentlich gegerbt worden. Dass man dem Chef einer Sendung, die tagtäglich das rote Wien und damit den gleichfarbigen Bürgermeister abbildet, Huldigungen für Michael Ludwig unterstellt, ist Ansichtssache. Besonders wenn man vergleichende Erscheinungsfomen der Chefs anderer Länder auf ihren Lokalstationen hernimmt.

Direkte Antworten auf direkte Fragen mag Tesarek sehr, rhethorisches Geschwurbel eher weniger. Unabhäng von der Parteiangehörigkeit des Befragten. Dafür etwa schätzt er Herbert Kickl vergleichsweise mehr als manchen konservativen Systempolitiker. Auch die drei Kameras im Wien-Heute-Studio wissen ihren Boss zu schätzen. "Wenn ich die online beim Reden verliere, schaltet die Regie so schnell wie sonst nie auf die mit der Totalen um."  

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    ORF-Wien-Chef Paul Tesarek im Interview: "Bin sicher nicht schmähbefreit"
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    Helmut Graf

    Angefangen hat die Geschichte über Geschichten aus Wien am 18. Februar 1992, als Tesarek im zarten Alter von 35 Jahren in der Redaktion als Reporter werkte. Grippen und Urlaube hatten das Team derart geschmälert, dass Sendungschef Alfred Stamm verkündete: "Paul – du moderierst heute. Alles anderen sind krank oder auf Urlaub."

    Als Rapid-Fan bis zu Wrabetz zitiert

    Das der Hobbyfußballer in sattem Rapid-Grün erstrahlt, brachte ihm dereinst sogar eine Vorladung bei Generaldirektor Wrabetz auf den Küniglberg ein. Die Geschichte dazu ging so: "Wie die Austria 2013 zum letzten Mal Meister geworden ist, habe ich in der Moderation erwähnt, wie schwer mir diese Ansage fällt". Wieder folgte ein Shitstorm aus violetter Provenienz, der am Küniglberg immer noch als ordentliches Lüfterl ankam. "Der Alex Wrabetz hat bei mir sportliche Neutralität eingemahnt, dabei aber ordentlich gegrinst." 

    Sachen zum Lachen liefert Tesarek auch mit folgender Schnurre. Die damalige Staatssekretärin im Außenamt, ein salonbügerliche Dame höchster Prägung, war von Tesarek salopp gefragt worden, ob sie denn imstande sei, sich eines Wortes im Wiener Dialekt entäußern zu können. Tesarek: "Nach langem Überlegen sagte Ferrero-Waldner dann: '"Fiaker". Wenige Tage später unterkam dem Moderator ein Beitrag des ORF-Kärnten, wo ebendiese Dame gefragt wurde, am Ufer welchen Gewässers man sich gerade aufhalte. Antwort: "Am Fiakersee!"   

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