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Ich habe das "Tinder" für Balkaner getestet

Wer Probleme hat, Kontakte innerhalb der Balkan-Community zu knüpfen, dem könnte bald geholfen werden. Sofern man bereit ist, dafür zu zahlen...

Heute Redaktion
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Wie heißt es doch so schön? "Gleich und gleich gesellt sich gern." Offenbar sind die Macher von "Simfonija" genau dieser Ansicht. Denn sie haben nun eine Dating-Plattform entwickelt, die sich ausschließlich an Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien richtet.

Balkaner+Balkanerica = Liebe?

Für einen Moment frage ich mich: Braucht es sowas wirklich? Noch bevor ich den Gedanken zu Papier bringen kann, höre ich in meinem Kopf die Stimme meiner Mama. Sie schreit laut "Ja". Denn wie bereits einmal erwähnt, habe ich ja eine "Svabica" als Freundin. Das war eine Tatsache, die meiner Familie seelisch schwer zugesetzt hat. Meine Mama hat es aber mittlerweile hingenommen. Lieber wäre ihr aber eben eine Balkan-Schwiegertochter gewesen, mit der sie Sarma machen kann, während sie mit ihr im brutalsten Jugo-Slang über die Männer ablästert. Daraus wird wohl nichts.

Über diesen Blog

Hallo und herzlich willkommen zu "Hajde", dem Balkan-Blog auf "Heute.at"! Unser Blogger ist zwischen Sarma und Wiener Schnitzeln aufgewachsen. Wie das so ist? Er verrät's euch in seinen Kolumnen. Übrigens: "Hajde" bedeutet auf Deutsch so viel wie "Los geht's!"

Und was ist für euch typisch Balkan? Eure Inputs sind willkommen unter [email protected]

Auf jeden Fall scheint es so, als ob ich die berühmte Ausnahme bin, welche die Regel bestätigt. Denn tatsächlich scheinen sich Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien lieber in der Balkan-Community aufzuhalten. Auch wenn es um die Liebe geht. Der Grund dafür ist wohl recht schnell geliefert: Man hat direkt Gemeinsamkeiten, über die man sprechen kann. Keine Chance auf peinliche Stille.

Willst du heiraten oder nur chatten?

Ich will mir also einmal ansehen, wie so eine Dating-Plattform für Balkaner aussieht und klickte kurzerhand auf "Registrieren". Doch ganz so einfach, wie ich es mir vorgestellt habe, geht es dann doch nicht. Zu meiner Verteidigung: Ich war noch nie zuvor auf solchen Plattformen unterwegs, deshalb weiß ich nicht, ob das, was nun folgt, üblich ist. Mich hat es jedenfalls ein wenig verwundert.

Denn bevor ich mir die Balkaner in meiner Nähe ansehen kann, muss ich einen wahren Psychologie-Test absolvieren. Name, Geburtsdatum, Profilbild und "Los geht's"? Falsch gedacht. Zuerst muss man beantworten, wonach man auf Simfonija überhaupt sucht: Nach einer Freundschaft? Nach einer Chat-Bekanntschaft? Oder gar nach einem Ehepartner?

Jetzt mal ehrlich: Pro Russland oder pro EU?

Hat man das hinter sich gebracht, geht es auf einen Selbstfindungs-Trip. Denn man will auf einmal von mir wissen, wie ich zu Religion stehe und ob ich für oder gegen Abtreibungen bin. Gefolgt von der Frage aller Fragen: Ist man eher pro Russland oder doch ein EU-Befürworter? Klar, man kann auch für beide Seiten sein. Aber wer ist das schon...?!

Hat man alle Fragen beantwortet (eine Auswahl davon findet ihr in der Bildstrecke oben) und sich von dem Schock der psychologischen Achterbahnfahrt erholt, heißt es erstmal: Warten. Ein Admin schaut sich mein Profil an, bevor ich mir die Profile der anderen ansehen darf.

Willst du meine Bilder sehen? Dann müssen die Kredite gehen!

Am nächsten Tag geht es dann endlich los. Ich kann abchecken, welche Balkaner in meiner Nähe sind. Naja, also fast. Denn plötzlich entdecke ich unter meinem Profilbild einen Butten mit der Aufschrift "Kredit: 500". Denn ganz so einfach kann man die Profile der anderen nicht durchforsten. Weckt ein Foto Interesse und will man die Antworten des Psycho-Tests der jeweiligen Person sehen (und zum Beispiel wissen, ob sie denn pro Russland ist), dann muss man direkt einmal 250 Kredit-Punkte opfern. Ist man der Risiko-Typ und möchte gleich zu chatten anfangen, dann ist man nur 80 Punkte los.

Es wird aber noch schwieriger. Denn manche Fotos sind verschwommen. Möchte man sich die Bilder ansehen, dann muss man sich auch erstmal von 250 Kredit-Punkten trennen. Danach muss man hoffen, dass das Gegenüber den eigenen Vorstellungen entspricht. Falls man alle Punkte los ist und noch immer ohne Partner da steht: Kein Problem. Die Kreditkarte richtet das schon. Denn mit 8,50 Euro kann man sich satte 1.000 Punkte holen, um weiter zu stöbern. Toll...

Ob das so funktioniert?

Kleiner Wermutstropfen für alle Balkan-Singles – vor allem für die Männerwelt: Noch sind nur sehr wenige Frauen auf der Plattform registriert. Die Herren der Schöpfung sind schon zahlreicher vertreten.

Ob sich Simfonija in der Balkan-Community wirklich durchsetzen kann, wird sich zeigen. Ich persönlich nehme an, dass die Kredit-Punkte viele Leute abschrecken werden. Ich meine: Wir sind Balkaner. Wir geben unnötig viel Geld für Hochzeiten, Kleidung und Autos aus, um Klischees zur erfüllen. Aber doch nicht für Dating-Plattformen. Aber vielleicht liege ich auch nur mal wieder komplett daneben. Wer weiß. (red)

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