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Impeachment – die Fakten auf einen Blick

Heute Redaktion
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Die Demokraten prüfen in der Ukraine-Affäre ein Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump. Was sagten die Zeugen bei den Befragungen aus?

Bei den Impeachment-Ermittlungen in den USA haben acht Zeugen vor dem US-Repräsentantenhaus ausgesagt. Die meisten belasten Präsident Trump schwer. Ein Überblick:

Der Vorwurf

US-Präsident Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat im Juli mehrfach aufgefordert haben, Ermittlungen einzuleiten, die seinem Rivalen Joe Biden schaden könnten. Im Gegenzug soll Trump dem Ukrainer ein Treffen im Weißen Haus sowie die Freigabe amerikanischer Militärhilfe von knapp 400 Millionen Dollar versprochen haben.

Die Zeugen und ihre Aussagen

13. November: William Taylor

Der Geschäftsträger der US-Botschaft in Kiew sagte, Trump habe sich am 26. Juli – einen Tag nach dem Telefonat mit Selenskyj – persönlich bei dem US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, nach Ermittlungen in der Ukraine erkundigt. "Meine Mitarbeiter konnten Präsident Trump am Telefon hören, wie er Botschafter Sondland nach den Ermittlungen fragte", sagte Taylor.

13. November: George Kent

Der Ukraine-Experte im US-Außenministerium belastete Trump-Anwalt Rudy Giuliani schwer. Kent sagte, es habe keine einzige Bemühung von US-Offiziellen gegeben, den Sohn Joe Bidens vor irgendwelchen Ermittlungen zu schützen. Er habe allerdings die Bemühungen von Trumps Anwalt Rudy Giuliani wahrgenommen, politisch motivierte Ermittlungen herbeizuführen.

15. November: Marie Yovanovitch

Die Ex-Botschafterin der USA in der Ukraine legte vor dem US-Kongress offen, mit welchen Methoden Präsident Trump und seine Mitarbeiter arbeiten. Yovanovitch stellte sich bei der Anhörung als Opfer einer "Rufmordkampagne" infolge ihres Engagements gegen Korruption in der Ukraine dar. Sie machte dafür korrupte ukrainische Beamte, aber auch Trumps persönlichen Anwalt Giuliani verantwortlich.

16. November: David Holmes

Der US-Diplomat sagte aus, dass er am 26. Juli in einem Restaurant in Kiew ein Telefonat Trumps mit dem US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, mithörte. Holmes sagte, er habe Trumps "sehr laute" Stimme am Telefon wiedererkannt. Trump habe sich bei Sondland erkundigt, ob Selenskyj wie von ihm gewünscht Ermittlungen gegen die Bidens einleiten werde. Sondland habe geantwortet, dass Selenskyj "alles tun wird, was Sie von ihm verlangen".

17. November: Tim Morrison

Der frühere Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates hatte bei jenem Telefonat zwischen Trump und Selenskyj am 25. Juli mitgehört. Morrison habe nichts an dem Gespräch illegal gefunden. Er habe aber Sorge gehabt, dass Inhalte des Telefonats an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Er sagte auch aus, die zeitweise zurückgehaltene Militärhilfe an die Ukraine sei daran geknüpft gewesen, dass die Führung in Kiew öffentlich Ermittlungen zum Gasunternehmen Burisma ankündige.

17. November: Jennifer Williams

Die Mitarbeiterin von US-Vizepräsident Mike Pence sagte, sie habe beim Telefonat zwischen Trump und Selenskyj ebenfalls mitgehört. Williams nannte Trumps Forderung nach solch spezifischen Ermittlungen in dem Telefonat "ungewöhnlich" und "unangemessen". Sie sagte: "Für mich gab das Aufschluss zu möglichen anderen Motiven hinter der Zurückhaltung der Militärhilfe." Es habe den Anschein gehabt, als gehe es mehr um die "persönliche politische Agenda" des Präsidenten als um außenpolitische Ziele der USA.

19. November: Kurt Volker

Der frühere Ukraine-Beauftragte sagte, er habe weder von Bemühungen gewusst, die Ukraine zu Untersuchungen gegen Biden zu drängen, noch sei er daran wissentlich beteiligt gewesen.

19. November: Alexander Vindman

Der Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates sagte, Trumps Vorgehen sei unangemessen gewesen. Vindman sagte, nach dem Telefonat am 25. Juli habe er "ohne zu zögern" gewusst, dass er das Gespräch dem für nationale Sicherheit zuständigen Rechtsberater im Weißen Haus melden müsse. Weiter sagte er, bei einem Treffen in Washington mit ukrainischen Regierungsvertretern am 10. Juli habe Gordon Sondland gesagt, für ein Treffen Selenskyjs mit Trump im Weißen Haus müssten die Ukrainer Untersuchungen zu den Bidens einleiten. Seinem Eindruck nach habe es sich bei Trumps Forderung in dem Telefonat eher um eine Anweisung als um eine Bitte gehandelt, so Vindman.

20. November: Gordon Sondland

Der US-Botschafter bei der EU sagte, die Ukraine sei unter Druck gesetzt worden. Er habe im Umgang mit der Ukraine auf ausdrückliche Anordnung Trumps mit dessen persönlichem Anwalt Rudy Giuliani zusammengearbeitet, so Sondland. Giuliani habe ein "Quid pro quo" – also eine Gegenleistung – für ein Treffen des ukrainischen Präsidenten mit Trump im Weißen Haus verlangt.

Sondland sagte unter Eid, Giuliani habe im Gegenzug für ein Treffen eine öffentliche Ankündigung gefordert, dass die Ukraine Untersuchungen auf den Weg bringen werde, die Trumps politischem Rivalen Joe Biden schaden könnten. Der Botschafter schränkte allerdings ein, dass er das nie von Trump persönlich gehört habe. Sondland unterstrich, er habe Außenminister Mike Pompeo und Trumps geschäftsführenden Stabschef Mike Mulvaney stets auf dem Laufenden gehalten.

Sondland sagte weiter, er sei auch zu der Erkenntnis gelangt, dass eingefrorene Militärhilfe für die Ukraine erst freigegeben werde, wenn es eine Ankündigung der Ukraine zu Untersuchungen gebe. Er habe seine Sorgen über dieses "potenzielle Quid pro quo" mit den Ukrainern geteilt.

Wie geht es weiter?

Die Demokraten wollen mit der Untersuchung den Weg für eine formelle Anklageerhebung gegen Trump durch das Repräsentantenhaus – das sogenannte Impeachment – bereiten. Die Hürden für eine Amtsenthebung sind sehr hoch. Der US-Verfassung zufolge kann ein Präsident nur von einer Mehrheit beider Parlamentskammern des Kongresses des Amtes enthoben werden.

Gründe für ein Impeachment

Die US-Verfassung sieht vor, dass der Präsident vom Kongress im Fall von "Verrat, Bestechung oder anderen schweren Verbrechen und Vergehen" des Amtes enthoben werden kann. Was genau darunter fällt, ist nicht definiert. Ein Präsident muss kein Gesetz gebrochen haben, um angeklagt zu werden.

In diesem konkreten Fall sehen die Demokraten einen möglichen Fall von Amtsmissbrauch und versuchter Beeinflussung der nächsten Präsidentschaftswahl. Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, wirft Trump Verfassungsbruch vor.

Das Verfahren

Das Verfahren beginnt im Repräsentantenhaus. Zunächst findet eine Untersuchung der mutmaßlichen Verfehlungen des Präsidenten statt, wie sie Oppositionschefin Nancy Pelosi jetzt angekündigt hat. In früheren Fällen übernahm der Justizausschuss das Einleiten eines Verfahrens. Einzelne Abgeordnete können eine Resolution zur Amtsenthebung einreichen oder die Kammer kann den Prozess über eine Resolution starten. Nötig ist jeweils eine einfache Mehrheit. Damit hätten die Demokraten gegenwärtig genug Stimmen für diesen Schritt.

Die Entscheidung

Um den Präsidenten tatsächlich des Amtes zu entheben, müssen dann zwei Drittel der 100 Senatoren zustimmen. Dort haben Trumps Republikaner allerdings eine knappe Mehrheit. Eine Zustimmung der Kammer zu einer Amtsenthebung gilt deswegen als unwahrscheinlich, auch wenn es in den USA keinen Fraktionszwang gibt.

Wer wird dann US-Präsident?

Wird ein Präsident tatsächlich seines Amtes enthoben, rückt der Vizepräsident nach und übernimmt die Macht bis zum Ablauf der regulären Amtszeit seines ehemaligen Chefs. Damit würde im Falle eines Impeachment Mike Pence bis zum 20. Januar 2021 Staatsoberhaupt.

Die bisherigen Fälle

In der Vergangenheit mussten sich zwei Präsidenten einem Amtsenthebungsverfahren stellen: Andrew Johnson 1868 und Bill Clinton 1998. In beiden Fällen stimmte der Senat der Amtsenthebung nicht zu, beide blieben im Amt. Richard Nixon trat 1974 zurück, bevor ein Verfahren gegen ihn in Gang kommen konnte.